Macabros 122: Doc Shadow - Geist der Schattenwelt
wollte selbst wissen, welche Fähigkeiten
sie besaß, wie sie sie verbessern und zum Wohl anderer Menschen
einsetzen konnte.
Die depressive Stimmung erfaßte sie und stürzte sie in
Zweifel über die Arbeit, die sie hier leistete.
Sie versuchte sich zusammenzureißen, sah die Welt aber trotz
des wundervollen Sonnenscheins draußen grau in grau…
Am frühen Abend sollte Experiment A 3 starten. Gorman wollte
einen Schritt weitergehen. Er hatte erkannt, daß sie praktisch
in Fortsetzungen zu träumen imstande war, daß irgend etwas
von außerhalb in sie eindrang und ihr Informationen aus
Bereichen vermittelte, die ihr als Normalsterblichen eigentlich nicht
zugänglich waren.
In ihrem letzten Traum hatte sie einen Namen genannt.
Björn Hellmark…
Es war an sich nichts Besonderes, daß nach und auch oft
während einer Schlafphase fremde Namen über ihre Lippen
kamen.
Doch diesmal war alles ganz anders.
Sie wußte, daß sie für diesen Mann eine Botschaft
hatte, und nun galt es, ihn zu finden. Aber wo? Und – wie?
Sie ahnte, daß ihr nächster Traum Auskunft gab. Und sie
wußte auch, daß mit dieser Auskunft ein Wissen in ihr
Eingang finden würde, das sie gar nicht haben wollte.
Sie wollte kein geistiges, übersinnliches Monstrum werden,
sie wollte Mensch bleiben!
Aus der Depression wurde Widerstand, der fast in einer
Empörung gipfelte.
Marika Heslany merkte, daß sie alle Schattierungen geistiger
Regungen durchmachte, obwohl sie es nicht wollte.
Es war geradeso, als solle sie absichtlich mit all diesen
Wallungen konfrontiert werden, um sie kennenzulernen, um sie
abschätzen zu können…
Der Druck in ihrem Nacken und auf ihrer Stirn verstärkte
sich.
Ich bin krank, ich brauche einen Arzt, hämmerte es hinter
ihren Schläfen, und plötzlich war sie entschlossen,
Professor Gorman doch von ihrem Zustand zu erzählen.
Schließlich verließ der Parapsychologe sich auf sie.
Er hatte ihr ans Herz gelegt, jede Veränderung, die sie an
sich spürte, genau festzuhalten und ihm mitzuteilen.
Plötzlich überlief es sie siedendheiß.
Hatte Professor Gormann geahnt, daß eine solche Stimmung und
seltsame, bisher unbekannte Gefühle auf sie zukommen
würden?
Sie beugte sich vor. Ihr stand nicht mehr der Kopf danach, den
Brief zu Ende zu schreiben. Aber das, was sie bedrückte und
beschäftigte, wollte sie nun festhalten. Für
Gorman…
Sie wollte den begonnenen Briefbogen zur Seite schieben und
frisches Papier nehmen.
Doch dazu reichte die Zeit nicht mehr.
Die Hand, die den Füllfederhalter hielt, zuckte nach vorn und
handelte plötzlich gegen ihren Willen wie ein selbständiges
Lebewesen.
Mit Erschrecken mußte sie feststellen, daß sie schrieb
– ohne es eigentlich zu wollen.
Das, was sie zu Papier brachte, geschah gegen ihren
Willen…
Automatisches Schreiben!
Man kannte das von Medien her, die Botschaften aus dem Jenseits
empfingen.
Sie konnte die Hand nicht stillhalten, konnte nicht beeinflussen,
was die Feder zu Papier brachte. Ihre Hand bewegte sich
unnatürlich schnell, huschte regelrecht über das Papier,
und die Buchstaben, die sie schrieb, waren doppelt und dreimal so
groß wie die, die sie normalerweise schrieb.
Sie setzte auch nicht ab, sondern hängte ein Wort an das
andere.
Es ging unglaublich schnell und flüssig vonstatten… und
es geschah, während sie in Trance fiel, die Welt um sie herum
versank, und aus der schummrigen Zwielichtigkeit neue Formen und
Umrisse sich schälten. Sie hatten nichts zu tun mit dem
Erkerfenster, dem hellen Sonnenlicht, dem Blick über den
Hügel hinweg zum offenen Meer hin.
»Erinnere dich… an jene Nacht«, wisperte eine
fremde und doch vertraute Stimme in ihr.
»So lange habe ich gebraucht, um mich wieder bei dir in
Erinnerung zu bringen… denkst du noch an jene Nacht… auf
dem Friedhof… damals… als du ein kleines Mädchen
warst… Marika… erinnerst du dich… an die Begegnung
mit… mir?«
Sie schrieb und nickte, während sie der Stimme lauschte.
Tief in ihrem Innern brach etwas auf und stieg empor an die
Oberfläche.
Geräusche… Stimmungen… Gefühle…
Bilder…
Eine Nacht… ein uralter, einsamer Friedhof… Einer am
Rand eines winzigen Dorfes, in dem nur wenige hundert Menschen
lebten, und das viele Kilometer von der großen Stadt mit den
riesigen Häusern und dem Fluß entfernt lag.
Die Stadt – hieß Budapest… einmal war sie dort
gewesen. Erst zwei Jahre war sie alt… sie konnte sich an die
menschenerfüllten, lärmenden
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