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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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bahnen und Schweiß perlte von seiner Stirn, der cremige Schaum lief vom Glasrand auf seine behaarte Hand und tropfte auf die fleckigen Tischdecken mit den schwarzen Brandlöchern. Auch vor Andrejko landete ein Halbliterglas, und er führte es zum Mund und trank das bittere, golden funkelnde Bier. Das flüssige Brot, geboren aus bitterem Hopfen und sonnigem Gerstenmalz, gegoren im Gärkeller und in Fässern gereift, damit es einem die Seele streichelt, wie eine Mama, wenn sie die Kinder ins Bett bringt   …
    In einer Ecke hockten junge Männer mit einer Ziehharmonika, sie bestellten in einer Tour Bier und Schnaps und grölten:
Ja su synek jako břinek, břuch mám jak opálka
… Ich bin ein Kerl, so jung und scharf, hab ’nen Bauch wie eine Tonne   …
a bych já dávno umřel, gdyby ni gořalka
… und ohne Schnaps wär ich schon tot, der Schnaps ist meine Wonne.
    |334| Es dämmerte bereits, als Andrejko mit der schlummernden Darja den Bahnsteig gefunden hatte, an dem der Schnellzug nach Valašské Meziříčí, Olomouc und Prag mit ohrenbetäubendem Kreischen und Quietschen hielt.
    Bei ihrer Suche nach dem richtigen Bahnsteig wurden sie von dem trunkenen Gesang begleitet:
Až já umřu, ležať budu, chovejte mě v městě   … bečulenku s gořalenkú nade mnou zavěstě   …
Und wenn ich tot bin, bleib ich liegen, lasst mich in der Stadt   … nur hängt mir über meinen Kopf ein Fass mit Schnaps   … Andrejko stolperte über die Gleise, wankte die Stufen in den Waggon hinauf, Darja verzog das Gesicht zum Weinen, aber er fühlte sich wohl. Wo gesungen wird, dort ist es gut, von dort führt ein Weg nach Hause   …
    Vor ihm lag das berühmte und reiche Prag, die Stadt der steinernen Brücken, goldenen Türme und engen Gassen, die Stadt wundertätiger Rabbiner und Alchimisten, eine Stadt, die von einer Kathedrale gekrönt wurde, dem Veitsdom, der bei Vollmond leuchtete, weil in seine Grundmauern ein keltischer Menhir eingemauert wurde und auch die Bastschuhe, die von tschechischen Fürsten getragen worden waren, damit sie nicht stolz wurden. Aber auch Pilsen lag vor ihm, die Königsstadt, die an einer Stelle erbaut worden war, an der sich alte Handelswege kreuzten und vier Flüsse zusammenflossen, sie stand unter dem Schutz des Ritters Žumbera und unter der Aufsicht des runden Wasserturms der Brauerei, es war eine stolze Stadt mit breiten Straßen, die mit großen Steinplatten gepflastert waren, über die schwere, von starken Brauereipferden gezogene Wagen ratterten. Dort im Westen lag das Land, wo kein Gott den König schützte und niemand vor Heiligenbildern kniete oder sich heißblütig in jeden sich bietenden Kampf stürzte. Dort lag das Land, wo Milch und Honig flossen, wo Kiefern am Fuße der Felsen rauschten |335| und wo die Menschen statt der Perlen eines Rosenkranzes Hopfenzapfen zählten und kein Blut, sondern pures Bier vergossen   …
    Der Zug ratterte in die trübe abendliche Dämmerung hinein, der Lärm der Bahnhofskneipe blieb allmählich zurück.
    Auf die steilen Hänge der mährischen Walachei und die im Schlamm versinkenden Weiler fielen schwere Schneeflocken herab.

|336| 28.
    Ähnlich wie eine brennende Lampe nachts die Motten anlockt oder das Licht eines Leuchtturms vom Kurs abgekommene Schiffe durch die Dunkelheit leitet, so fühlten sich Taugenichtse und Bettler und Penner aus ganz Prag vom Bahnhofsbüffet angezogen. Bärtige, ungewaschene Kerle und schmierige Weiber tranken an bekleckerten Tischen ihr Bier, stritten sich um Essensreste, die Reisende in ihrer Hast hatten stehen lassen, und verließen das Büffet nur, um auf einer Bank ein Nickerchen zu halten oder im Park vor dem Bahnhof ihre Notdurft zu verrichten. Dort hinein sank Andrejko wie ein Kieselstein auf den Grund eines Flusses, er wirkte, als hätte er seit Menschengedenken hier genächtigt, still nippte er an seinem Bier, und Darja saß ruhig zu seinen Füßen auf dem Rucksack und knabberte an einem Brötchen, das sie dann und wann in den bitteren Schaum eintunken durfte. In seinem Bauch brodelte es wie auf stürmischer See, in seinem Kopf zersprangen klirrend schwere Kristallvasen, eine immer größere Hoffnungslosigkeit erfüllte ihn, Angst erfasste ihn: Angst vor dieser merkwürdigen und unvertrauten Welt, in die er zurückkehrte, Angst vor der leuchtenden Neonreklame und den gleichgültigen Gesichtern, die an ihm vorüberzogen, Angst vor dem Bahnhof, wo sich niemand zum Schlafen niederlegte, und Angst vor einer

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