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Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Mach mal Feuer, Kleine - Roman

Titel: Mach mal Feuer, Kleine - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Smaus
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Federbett zusammen, |328| wickelte eine Schnur darum und ging zum Forsthaus, reichte Paraska verschämt die Hand und sagte, dass er sich bedanken und beim Förster entschuldigen möchte, und dann machte er zum letzten Mal Feuer im Wohnwagen, warf wahllos ein wenig Kleidung für die Kleine in den Rucksack und stopfte das bisschen Geld, das sie noch hatten, in die Tasche. Und alles, was sich verbrennen ließ, verfütterte er an den Ofen, damit er es ein letztes Mal richtig warm hatte. Er wartete noch, bis es dunkelte, dann lief er ins Dorf und klopfte bei den Jasenčáks ans Fenster, trank mit Paľo ein paar Schnäpse, zuerst um das eine, dann um auch das andere Bein zu stützen. Marika legte ihm die Kleine in den Arm, streichelte ein letztes Mal über ihr Köpfchen mit den schwarzen Haaren und gab ihr einen Kuss. Sie wischte sich mit einem Schürzenzipfel die Augen und flüchtete sich in das hintere Zimmer, damit Andrejko ihre Tränen nicht sah. Paľo legte ihm den Arm um die Schultern und begleitete ihn wortlos zur Tür.
    Gott schütze dich, Andrejko, sagte er auf der Schwelle und reichte ihm seine schwere Hand, und dann konnte er nur noch zusehen, wie Andrejko mit dem Rucksack auf dem Rücken und dem Mädchen auf dem Arm allmählich in der Nacht verschwand. Als Andrejko überraschend wieder auftauchte aus der Dunkelheit, stand er immer noch so da. Paľo, Patenonkel, Andrejko griff nach seiner Hand, und Paľo drückte ihn mit seinen schwieligen Händen an sich. Was für ein Patenonkel war er schon gewesen: Als die Kleine zur Welt kam, hatten sie irgendwie vergessen, darüber zu reden, und dann hatten sie keine Zeit mehr gefunden   … Ach, weißt du, eigentlich habe ich dir zu danken, entfuhr es Paľo, ich bin ja auch sein Patenonkel gewesen, er deutete auf Jankuras Haus   – hättest du das nicht gemacht, hätte ich es machen müssen   … |329| Darja, das Kinn auf die Schulter ihres Papas gestützt, beobachtete, wie die Lichter von Poljana immer kleiner wurden, nach einer Weile passierten sie die erste Straßenbiegung, und sie sah nur noch die schwarzen Umrisse der Bäume und die Sterne. Im Bach, der neben der Straße floss, gluckerte leise das Wasser zwischen den Steinen. Es war sehr kalt, aber Darja hatte ein dickes Pelzmäntelchen an, das man ihr bei den Jasenčáks angezogen hatte, sie schmiegte sich an ihren Papa, der Rhythmus seiner Schritte beruhigte sie und machte sie schläfrig. Ihr war, als säße sie auf einem Schiff, das sie immer weiter forttrug, bis in einen Hafen mit Reihen von Lichtern auf hohen Pfeilern, alles verschwamm in ihrem kleinen Kopf, die Lichter am Horizont und ein trauriges Lied, das Marika Jasenčáková ihr vorgesungen hatte:
Poljanko, Poljanko, maš prekrasny chotar, neprodala bym ťa, ni za bityj taljar   …
Poljana, Poljana, was für ein schönes Land, ich würde dich nicht hergeben, für nichts auf der Welt   … Der Bahnhof von Stakčín schob sich dazwischen und auch die lächelnde Frau am Schalter, die Andrejkos Frage nicht verstand: Pilsen, Sie meinen Pilsen?   … Ja, wenn es nach Pilsen gehen soll, dann nach Pilsen   … bitte schön   … danke   … gute Fahrt, auf Wiedersehen, sagte sie in ihrem weichen Slowakisch.
    Da schlief Darja aber schon, weil sie begriffen hatte, dass die hohen Lichter draußen auf dem Bahnsteig eine Reise bedeuteten, den Beginn einer gemeinsamen Reise mit ihrem Papa, an deren Ende sich ein Hafen mit dem merkwürdigen Namen Pilsen befand. Doch bevor sie die Augen schloss, murmelte sie noch, Wo ist Mama,
dajori
… und ihr Papa schloss sie fest in seine Arme, damit keiner kommen und sie ihm entreißen konnte, so wie ihm schon so oft alles entrissen worden war, was er geliebt hatte, und bittere Tränen liefen über seine Wangen.

|330| 26.
    Es nieselte, hinter den Fenstern zog eine graue und durchnässte Landschaft vorbei. Die Stahlräder klopften rhythmisch neue und immer neue Streckenkilometer auf die Gleise: Kysak, Margecany, Spišská Nová Ves   … Verehrte Reisende, Sie sind in Poprad angekommen, meldeten die Lautsprecher am Bahnhof, und der Gebirgszug der Hohen Tatra lag schneebestäubt da, der Nachtzug kämpfte sich durch die Dunkelheit, Andrejko kuschelte sich in den Sitz hinein, und sein Kopf fiel ihm immer wieder zur Seite, während die müde Darja zusammengekauert auf seinem Schoß schlief.
    Von der Blechtafel im Gang neben der Waggontür leuchteten die Zauberworte Praha   – Hlavní nádraží, Prag   – Hauptbahnhof,

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