Mach mich gierig!
zitternden Knien zum Bett ging, gestützt von Amber. Es war offensichtlich, dass ihm seine Wildheit die letzten Kraftreserven gekostet hatte.
»Zuerst ruhst du dich aus.« Sie half ihm ins Bett und deckte ihn zu, bevor sie sich zu ihm an die Bettkante setzte. »Du wirst das Land verlassen müssen. Ich habe schon alle nötigen Papiere hier. Offiziell bist du ... nicht mehr am Leben. Also wird dich keiner suchen.«
Luke sah auf seine Hände, die er in den Laken vergraben hatte. »Du sagst das so, als hättest du das schon unzählige Male getan.«
Sie nickte seufzend und starrte ins Leere.
»Ich muss alles hier aufgeben? Mein Leben, meinen Job, meine Freunde ... dich?«
Abrupt schaute sie zu ihm auf.
»Werden wir uns jemals wiedersehen?«, fragte er leise.
Amber blickte ihn lange an, bevor sie antwortete: »Vielleicht. Aber es gibt hier noch so viel für mich zu tun.« Sie hatte es sich zur Aufgabe gemacht, anderen ihrer Art zu helfen; ihr eigenes Leben hatte sie hintenangestellt. Amber gehörte einer geheimen Organisation an, die Mutanten nach Europa brachte, wo die Gesetze strenger waren und die Formwandler unter Schutz standen wie eine bedrohte Tierrasse. Dort konnten sie in Frieden mit einer neuen Identität als ganz normale Menschen leben. Niemand würde sie finden.
»Vielleicht, Luke«, wiederholte sie noch einmal und suchte unter der Decke nach seiner Hand, denn sie wünschte es sich so sehr ...
Piratenlady
»Sir, wir haben hier einen äußerst interessanten Fang für Euch!«, sagte der Erste Offizier der »Starfish« grinsend, als er Mary in den Salon zerrte und vor die Füße des Captains schubste.
»Geht man so mit einer Dame um?«, beschwerte sich Mary und kam sofort wieder auf die Beine, was ihr nicht schwerfiel, obwohl ihre Handgelenke hinter dem Rücken gefesselt waren und das Schiff leicht schwankte. In ihren Ohren rauschte das Blut, aber mehr aus Zorn denn Furcht. Sie warf dem Ersten Offizier, einem jüngeren, aber äußerst stämmigen Mann mit einem blonden Zopf, einen bösen Blick zu, bevor sie den Captain ansah.
Ihr Herz setzte einen Takt aus. Zuerst aus Dankbarkeit, dass der hochgewachsene Mann nicht der Britischen Marine angehörte – denn er trug keine Uniform –, sondern anscheinend ein normaler Handelskapitän war, doch als sie ihn genauer betrachtete, schlug es doppelt so schnell. Seine gut geformten Oberschenkel, die in Kniebundhosen steckten, erregten zuerst ihre Aufmerksamkeit, dann der breite Oberkörper, den ein helles Hemd bedeckte. Es stand am Hals offen, und ein paar schwarze Brusthaare lugten hervor ... Aber am meisten fesselte sie das ansehnliche, markante Gesicht des Captains. Ob der dunklen Strähnen, die ihm tief in die Stirn fielen, strahlte er etwas Verwegenes aus, und ein goldener Ohrring unterstrich diesen Eindruck noch. So ein attraktiver Kerl war ihr schon lange nicht mehr vor die Augen gekommen!
Da er so groß war, musste er leicht gebückt gehen, um sich den Kopf nicht an den niedrigen Deckenbalken zu stoßen. Und als er seinen Ersten Offizier fragte: »Mr Stephens – wer ist diese Frau?«, beugte er sich noch ein Stück zu Mary hinunter. Dunkelbraune Augen musterten sie eindringlich. Die Iriskreise besaßen Sprenkel, was den Captain für sie nur noch interessanter machte. Sie konnte kaum wegschauen. Außerdem roch sie nun seine Rasierseife: ein angenehmes Aroma, frisch und herb.
Stephens erklärte: »Sie lief vor uns weg, als sie unseren Zahlmeister beklauen wollte. Wir dachten erst, es handle sich um einen Jungen, so wie sie angezogen ist, denn sie hatte ihr Haar unter einem Hut versteckt. Also haben wir sie verfolgt und sind uns ziemlich sicher, dass sie Mary Bones ist, Sir.«
Die Brauen des Captains hoben sich. »Die Piratenlady?«
»Aye. Wir haben sie auf frischer Tat geschnappt, als sie gerade ihr Diebesgut verkaufen wollte.«
»Ich habe weder gestohlen noch Diebesgut verkauft!«, spie Mary dem Burschen entgegen, sodass dieser leicht zusammenzuckte. »Sondern Handelswaren! Und der Zusammenstoß mit Eurem Purser geschah völlig unbeabsichtigt!«
»Schweigt, Weib!«, donnerte der Captain, aber Mary blieb ungerührt stehen, hob den Kopf und streckte die Brust raus. In ihrem Inneren brodelte es. Sie würde diesem Mann zeigen, dass sich niemand mit ihr anlegte!
»Hättet Ihr wenigstens die Freundlichkeit, Euch vorzustellen?«, fragte Mary in einem leicht schnippischen Ton. Sie hatte schon mit ganz anderen Kalibern zu tun gehabt. Was für ein
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