Mach mich wild!
was hat er denn so Großartiges getan, dieser kaltherzige Mann?, ärgerte sie sich. Bis vor Kurzem hatte sie geglaubt, sein wahres Ich durch die eiserne Hülle gesehen zu haben, aber heute schien es ihm regelrecht unangenehm zu sein, dass sie in seiner Nähe war. Ja, er hatte ihr sogar befohlen, sich möglichst in den hinteren Teil des Hauses zurückzuziehen, wenn sie gerade nicht gebraucht wurde.
»Auf Ragnar!«, rief da wieder ein Krieger und alle grölten.
Die Wut kochte in Menja hoch. Und wer dankte ihr? Sie war es doch gewesen, die das Haus auf Hochglanz gebracht, die Tische gedeckt und das Essen bereitet hatte. Und Ragnar würdigte sie keines Blickes. Das übernahmen allerdings seine Mannen für ihn, die ihr zwar anzügliche Blicke zuwarfen, es aber nicht wagten, sie anzufassen.
Am heutigen Tag behandelte Ragnar sie als das, was sie war: eine Dienerin ... seine Sklavin.
»Fülle mein Horn, ich brauche mehr Met!«, donnerte Ragnar plötzlich in ihre Richtung. Menja bebte. Während sie mit dem Krug auf ihn zuschritt, zitterten ihre Hände so sehr, dass etwas vom Inhalt über den Rand schwappte.
Ragnar hielt ihr sein Horn hin, und ohne ihr in die Augen zu sehen, sagte er in einem belustigten Ton: »Geh die Felle wärmen. Du wirst hier nicht mehr gebraucht.«
Die Männer lachten laut. Sie fanden es offensichtlich toll, wie ihr Fürst mit seiner Sklavin umsprang.
Menja sah jedoch nur noch rot. Ohne darüber nachzudenken, kippte sie Ragnar den Honigwein über den Kopf.
Augenblicklich verstummte das Gelächter. Kein Laut war mehr zu hören, nur noch das Tropfen des Getränks, das über Ragnars Gesicht und seinen Körper auf den Boden lief.
Hätten Blicke töten können, wäre Menja mit Sicherheit auf der Stelle tot umgefallen. Langsam und deutlich um Beherrschung ringend, erhob sich Ragnar von seinem Platz. Seine dunklen Augenbrauen waren tief nach unten gezogen, seine Lider zu Schlitzen verengt und seine Nasenflügel blähten sich. Als Menja sah, wie er seine großen Hände zu Fäusten ballte und den Kiefer fest aufeinanderpresste, wusste sie, dass sie zu weit gegangen war. Ragnar würde sie umbringen!
Menja wich vor ihm zurück, wobei sie vor Schreck den Krug fallen ließ, der mit einem lauten Knall in mehrere Teile zerbrach. Ihr Herz stand kurz vor dem Zerspringen, so rasend schnell klopfte es gegen ihre Brust. Zuerst stand sie wie gelähmt im Raum, aber als Ragnar auf sie zuschritt, nahm sie ihre Beine in die Hand. Mit einem Aufschrei stürzte sie aus dem Haus in die mondhelle Nacht, wobei sie hörte, dass Ragnar ihr dicht auf den Fersen war. Und noch während sie sich umdrehte, um zu sehen, wie groß ihr Vorsprung war, hatte er sie auch schon am Arm gepackt.
»Lass mich, du Barbar!«, rief sie und trat gegen sein Bein, aber Ragnar zuckte nicht einmal mit der Wimper. Gnadenlos schleifte er sie über den staubigen Boden auf ein Gebäude zu, von dem Menja wusste, dass es die Pferde der Krieger beherbergte.
Ragnar schubste sie in den düsteren Stall und schloss die Tür hinter ihnen. Menja blickte sich panisch um, suchte im Halbdunkel nach einem Gegenstand, den sie gegen ihn einsetzen konnte, aber da war er schon wieder bei ihr.
»Du wagst es, mich vor all meinen Männern bloßzustellen!«, donnerte er so laut, dass die Pferde unruhig wurden. Mit einem Ruck riss er sich das besudelte Hemd vom Leib und stand nun mit entblößtem Oberkörper vor ihr. Der Mond, dessen bleicher Schein durch ein Giebelfenster fiel, erhellte Ragnars starken Körper und ließ ihn im kalten Licht noch bedrohlicher aussehen.
Menja kauerte sich auf einem Strohhaufen zusammen, ihre Arme schützend über dem Kopf verschränkt. Er wird mich töten!, dachte sie zitternd. Noch nie war sie so voller Angst gewesen. Was war nur in sie gefahren? Sie hätte ihn niemals dermaßen provozieren dürfen!
Sie zuckte zusammen, als sie es neben sich rascheln hörte. Ragnar hatte eine Decke auf das pieksende Stroh geschmissen, auf die er Menja jetzt warf. Wieder einmal wurde ihr seine Stärke bewusst. Noch bevor sie sich wegrollen konnte, hatte sich Ragnar schon auf sie gelegt. Er hielt ihre zierlichen Handgelenke über dem Kopf zusammen, während ihr sein mächtiger Brustkorb die Luft raubte.
»Bitte, Herr ...«, sagte sie leise. »Bitte tut mir kein Leid an, ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.« Mit geschlossenen Augen lauschte sie seinem hektischen Atem dicht an ihrem Ohr. Ragnar roch nach Honigwein und seinen eigenen Ausdüns-tungen
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