Mach mich wild!
Göttern! Wenigstens hatte es nichts erkennen können, denn Ragnar und sie hatten ihre Kleidung getragen. »Solltest du um diese Zeit nicht längst schlafen?«, fragte Menja ihn. Sie war froh, endlich mal jemand anderes zu Gesicht zu bekommen. Liebevoll zupfte sie ihm die Halme von der Kleidung. »Wie heißt du?«
»Ilimo«, sagte der Kleine keck.
»Und, Ilimo, willst du mir nun erzählen, warum du dich hier verkrochen hast?«
Der Junge kletterte auf ihren Schoß, als wäre es ganz selbstverständlich. »Ich wollte den Männern beim Feiern zusehen. Ich habe durchs Fenster geguckt, doch als ich unseren Fürsten sah, wie er auf die Tür zuschritt, habe ich mich schnell hier versteckt. Ich dachte, er hätte mich gesehen.«
»Du hast wohl Angst vor ihm?«
Der Kleine blickte sie aus großen Augen an. »Nein, ich verehre ihn.«
Menja glaubte, sich verhört zu haben. Noch jemand von der männlichen Spezies, der Ragnar anbetete? »Du verehrst ihn? Warum? Was hat er getan, um deine Ehre zu verdienen?«
»Das weißt du nicht? Du durftest doch bei der Feier dabei sein!« Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Fürst Ragnar hat uns alle durch seine selbstlose Tat gerettet.«
Menja wurde hellhörig. »Was hat er getan?« Hatte Ragnar ihr etwas Bedeutsames verschwiegen?
»Es war genau am heutigen Tag, vor sieben Sonnenkreisen«, erzählte Ilimo. Die Tartaten waren bei jedem Vollmond ins Dorf gekommen, um sich junge Männer zu holen, die in ihren Goldminen bis zum Tod schuften mussten. Ragnar bot sich ihnen freiwillig an, wenn sie die anderen seines Volkes verschonten. So ging er mit ihnen, wobei er versklavt und misshandelt wurde. Viele Monde blieb er weg, schaffte es jedoch, aus der Gefangenschaft zu entkommen. Als er nach Waldland zurückkehrte, schwer verwundet und kaum noch am Leben, stellte er nach seiner Genesung eine mächtige Armee auf. Jetzt, wo er wusste, wo die Tartaten lebten, konnte er sie vernichten. »Er hat sie alle geschlagen«, schloss Ilimo in einem ehrfürchtigen Tonfall.
»Die Tartaten?« Menja war schockiert. Es hatte diese grausamen Wesen, halb Mensch, halb Wolf, also wirklich gegeben? Ihre Großmutter hatte ihr davon erzählt, doch bis nach Grasland waren diese Geschöpfe niemals vorgedrungen.
»Ja, Ragnar hat sie alle getötet. Seitdem hat er den Ruf, unsterblich zu sein. Er ist mein Held. Wenn ich groß bin, möchte ich so werden wie er.« Die Augen des Jungen strahlten.
Mit einem Mal erkannte Menja, dass sie bis jetzt ein völlig falsches Bild von Ragnar gehabt hatte. Er hatte sich geopfert, um mit den Monstern zu gehen. Was für ein kluger, wenn auch lebensmüder Zug! Ragnar war keinesfalls dumm. Er war schlau, listig, stark und unwahrscheinlich mutig. Menjas Herz raste. Ragnar ... Oh, Ragnar ...
»Wenn ich groß bin«, unterbrach Ilimo ihre Gedanken und hüpfte von ihrem Schoß, »möchte ich auch so eine hübsche Braut wie dich.«
»Ich bin nicht Ragnars Braut«, sagte Menja leise, denn in diesem Augenblick wünschte sie sich nichts mehr, als genau das zu sein. »Sag, Ilimo, wie viele Sklavinnen hatte Ragnar schon vor mir?«
Der Junge grinste sie frech an. »Er hatte noch nie eine Sklavin. Denkst du denn, du bist eine?«
***
Durch das Badehaus hatte sie sich in das Langhaus geschlichen und war unter die Felle gekrochen. Die Gesellschaft löste sich gerade auf, und Menja wartete ungeduldig auf ihren Herrn. Sie musste endlich wissen, was er wirklich für sie empfand.
Als sie hörte, wie sich auch der letzte Krieger lautstark verabschiedet hatte, kam Ragnar. Er legte wie immer sein Schwert in Reichweite ab und zog sich anschließend die Hose aus, wobei er leicht schwankte. Anscheinend roch er nicht nur so stark nach Met, weil sie es ihm über den Kopf geschüttet hatte.
Beim Anblick seines Körpers wäre Menja beinahe ein Seufzen entkommen, doch sie wartete geduldig, bis sich der Fürst zugedeckt hatte. Dieses Mal zog er sie nicht an sich, wie er es jede Nacht machte. Menja wollte es gerade schwer ums Herz werden, als sie seine Hand fühlte, die unter den Decken nach ihrer tastete. Nachdem er sie gefunden hatte, hörte Menja schon kurze Zeit später Ragnars tiefe Atemzüge. Wie sollte sie aus diesem Mann irgendwas herausbekommen? Zudem roch er fürchterlich – keinen Augenblick länger konnte sie seine Ausdünstungen ertragen. Da kam ihr eine Idee!
Vorsichtig zog sie ihre Hand aus seinem Griff und schlich zur Feuerstelle, in der noch eine schwache Flamme züngelte. Sie erwärmte etwas
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