Mach sie fertig
anstrengend zu lesen war. Aber die Idee war die richtige. Scum – Society for cutting up men – ein Manifest zum Handeln löste die Probleme besser als eine Menge pathetischer Gedanken.
Gegen sechs Uhr würde er sich mit Benjamin im Friden treffen. Erwog, die Verabredung abzusagen. Aber: Benjamin hatte versprochen, seine Verbindungen in Sachen Waffe spielen zu lassen. Er war darauf angewiesen.
Noch ein paar Stunden Zeit: Er las, strukturierte die Informationen über die unterschiedlichen Männer, ihre Tagesabläufe, Handlungsmuster, ihr Verhalten gegenüber ihren Frauen, Lebensgefährtinnen, Freundinnen. Es handelte sich um reine Machtausübung. Die Kernfamilie war eine in sich geschlossene Welt.
Er surfte im Internet. Eine neue Entdeckung – Niklas hatte Websites gefunden, auf denen Leute seine Ansichten teilten. Feministische Chats, deren Beiträge seine Gefühle widerspiegelten. Der Hass, der Trieb, die Jagd. Auf die Schuldigen. Die Männer.
Draußen regnete es Bindfäden. Ein Gefühl von Reinheit. In allen Ländern, in denen er bisher als Soldat gekämpft hatte, galt der Regen als Segen. Oftmals hatten paramilitärische Einheiten, Kampfverbände, Guerillakrieger, die auf derselben Seite kämpften wie Niklas, eine halbe Stunde innegehalten, sogar während der Offensiven, um ihre jeweiligen Götter anzurufen. Für den Regen zu danken, dafür, dass die Erde von neuem erblühen und Früchte hervorbringen konnte. Um einen erfolgreichen Kampf zu bitten. Inschallah.
Aus diesem Grund erschien ihm das Lokal noch heruntergekommener als sonst.
Benjamin saß bereits an einem Tisch. Mit nassem Bart. Unter dem Tisch, Arnold, seine Dogge. Sie stand auf, als Niklas näherkam. Wedelte träge mit dem kurzen Schwanz. Aber der Blick, Niklas sah es in ihren Augen. Ein verhaltenes Leuchten.
Er bestellte eine Cola Zero.
Benjamins Kommentar: »Bist du etwa inzwischen unter die Gesundheitsfreaks gegangen?«
Niklas wollte keinen Alkohol trinken. In zwei Stunden würde er zurück nach Sundbyberg müssen, um die Familie Strömberg zu beschatten – insbesondere das sogenannte Familienoberhaupt.
»Nee, aber auf dem Weg hierher hab ich welche gesehen, scheint so ’n Hare-Krishna-Lokal in der Nähe zu sein.«
»Oh verdammt, soll ich Arnold auf sie hetzen?«
Gelächter.
»Hab ich dir schon erzählt, dass ich anfange, ihn für seinen ersten Fight zu trainieren?«
»Ist er eigentlich kupiert?«
»Siehst du das denn nicht?«
»Ja, aber es ist doch verboten.«
»Ach hör auf. Arnie ist aus Belgien importiert. Da haben sie solche kranken Regeln nicht.«
»Okay, und wie klappt das Training?«
»Ich kenn da ’nen Typen, der solche wie ihn hier in Stockholm züchtet. Er hat mir ’ne Menge Tricks beigebracht.« Benjamins Augen leuchteten. »Man muss den Hund hungern und dann nach läufigen Hündinnen Ausschau halten lassen, ohne dass er ihnen zu nahe kommen darf. Dann bindet man ihm die Hinterläufe zusammen, spannt eine Klemme über den Pimmel, so dass der Hund nicht spritzen kann, sprüht den Zwinger voll mit dem Menstruationsblut der Weibchen und geilt ihn auf bis zum Gehtnichtmehr. Ich sag dir, Arnold wird sich abartiger gebärden als ein Tyrannosaurus Rex.«
Niklas guckte Benjamin an, als würde er ihn nicht kennen. Dachte: Du bist ja krank.
Er fragte, ob Benjamin im Hinblick auf seine Verbindungen erfolgreich gewesen war. Benjamin grinste, nickte. Sah zufrieden aus. Schob einen zusammengefalteten Post-it-Zettel über den Tisch. Niklas faltete ihn auseinander:
Black & White Inn, Södermalm. Lukic. Montagabend
. Benjamin hatte ganz unten auf dem Zettel eine Pistole hingekritzelt. Der Typ war so kindisch.
Niklas streckte seinen Arm vor. Schüttelte Benjamins Hand. »Das werd ich dir nie vergessen.«
Sie unterhielten sich weiter. Benjamin quatschte weiter über Arnolds zukünftige Erfolge, redete von Bräuten und Geschäftsideen. Kippte Bier in sich rein. Niklas stand unter Stress. Er musste in zehn Minuten gehen.
Benjamin nahm Arnold hoch und setzte ihn auf den Platz neben sich. Die Zunge des Hundes hing wie eine Scheibe Schinken aus seinem Mund.
Niklas erwog innerlich: Sollte er noch bleiben, um Benjamin bei Laune zu halten? Der Typ hatte ihm immerhin einen Waffenkontakt vermittelt. Außerdem hatte er ihm einen Gefallen getan, als die Polizei nachgefragt hatte, wo er an besagtem Abend im Sommer gewesen war. Zugleich: Er musste los. Die Operation war im Moment wichtiger.
Auf dem Weg raus nach Sundbyberg.
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