Mach sie fertig
Niklas hatte zu viele Dinge auf einmal am Laufen. Sein Ziel war klar. Ein Mensch zu werden, der etwas bewegte. Aber dafür brauchte er Mittel. Die Offensive erforderte Cash. Ein Gedanke nahm Form an. Möglicherweise konnte er Benjamin für etwas einspannen.
Es werden so viele Menschen geboren, die niemals auch nur irgendetwas bewegen. Menschen, die genauso gut niemals hätten geboren werden müssen. Wen würde es also interessieren, wenn jemand dafür sorgte, dass sie von der Bildfläche verschwanden?
Benjamin in seine Pläne einbeziehen. Vielleicht eine Möglichkeit. Aber da gab es ein größeres Problem: Benjamin war nicht aus dem richtigen Holz geschnitzt. Wie viele Kampfhunde oder abgefuckte Tattoos er sich auch zulegte: Er war ein Weichei.
Niklas brauchte jemand anderen. Jemanden, der dazu in der Lage war, das durchzuziehen, was er sich vorstellte. Aber wen kannte er? Ihm fielen die Websites ein, die er in den vergangenen Wochen angeklickt hatte. Die Feministinnen. Vielleicht würde er unter ihnen jemanden finden.
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Formell betrachtet hatte er seine Dienstwaffe zurückbekommen. Aber in dieser Abteilung trug keiner eine Waffe bei sich. Thomas trug seine dennoch. Das Gewicht der Pistole fühlte sich in der Jackentasche ungewohnt an. Das Sakko hing irgendwie schief, er musste es ständig wieder geraderücken. Bewaffnet, aber ohne Uniform, so wie es den Zivilfahndern erging. Allerdings mit einem gigantischen Unterschied: Er versah nicht diese Art von Dienst.
Der Job in der Verkehrsabteilung war fast noch öder als die zwei Monate, in denen er auf den Beschluss gewartet hatte. Die Leute in der Abteilung waren wie die Hosenscheißer in der Schule, in die er als Kind gegangen war. Oder eher, diese Typen hier waren wahrscheinlich dieselben Weicheier, nur fünfundzwanzig Jahre älter. So etwas ändert sich nicht, Idioten waren und blieben Idioten. Lachten über dämliche Sprüche, erzählten sich gegenseitig, welche Gerichte sie am Abend zuvor für ihre Frauen gekocht hatten, ließen sich über die miese Qualität der neuen Klarsichthüllen aus. Das Kommissariat lag in Farsta. Thomas ging mittags immer allein zum Essen raus: kaufte sich einen Hamburger oder Kebab.
Doch in dieser Nacht würde endlich etwas passieren. Eine neue Erfahrung im Leben. Von neun Uhr bis spät in die Nacht: sein erster Auftrag für den Jugoboss, Mister Kranjic. Sicherheitskontrolle. Rausschmeißerverantwortung. Beschwichtigungsjob. Wenn jemand Ärger machte/gewalttätig wurde/Anstoß erregte – seine Aufgabe, die Situation zu entspannen. Harte körperliche Arbeit war seine Spezialität.
Er dachte: Der einzige Nachteil war, dass der Ort, den er überwachen sollte, ausgerechnet ein Stripclub war. Nicht, dass er etwas gegen Stripclubs hätte. Man landete ja hin und wieder selbst dort. Zum Beispiel bei Hannu Lindbergs Junggesellenabschied, nach einem Fest mit Kollegen vor vier Jahren, oder als sie zusammen mit ein paar Kollegen aus dem Schießclub bei einem Wettbewerb in Estland waren. Er mochte die Atmosphäre. Mit einem Drink in der Hand dazusitzen und sich anzusehen, wie die Bräute mit den Hüften wackelten, die Lippen spitzten, sich um die Stange wanden. Ihren BH öffneten, das Strumpfband langsam aufknöpften, den Stringtanga zu Boden fallen ließen. Vor denjenigen, die Trinkgeld gaben, herumtanzten und sich auf ihren Schoß setzten. Es war aufreizend, entspannt, verdammt amüsant. Natürlich nicht so toll wie im Internet, aber die Wirklichkeit war ja immer mit Mängeln behaftet. Ein Besuch im Stripclub von Zeit zu Zeit konnte einem das Leben versüßen. Ein kleiner Goldrand am Slip.
Als er in den Club kam – gemischte Gefühle: Ekel und Geilheit. Außerdem fühlte es sich so an, als wäre er untreu. Auch wenn es mit Åsa im Bett nicht klappte – er hatte sich selbst geschworen, so etwas tue ich nicht. Es war ganz einfach nicht sein Ding – das Surfen auf den Pornoseiten musste ausreichen. Er redete sich selbst ein: Der Stripclub hatte nichts mit Untreue zu tun.
Eine andere Sache war die Verunsicherung darüber, auf der anderen Seite zu stehen. Er war immerhin seit zwölf Jahren Bulle.
Zugleich: Die Mädels waren zum Greifen nahe, so dicht dran. Nicht irgendwelche fixen Bilder auf einem Bildschirm oder tanzende Göttinnen auf einer Bühne, die du höchstens mal in den Hintern kneifen durftest. Sondern leibhaftig. So zierlich, leicht bekleidet, kichernd. So leicht zu haben. So leicht zu nehmen. Er spürte es, sobald sie gegen
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