Mach sie fertig
Verrat an Schweden. Hintergehen alle, die daran arbeiten, das Land besser zu machen.
Thomas wusste, dass die meisten Bullen, die die offensivere Seite der Polizeiarbeit liebten, also diejenigen, die nicht nur hinter einem Schreibtisch hockten und herumkritzelten oder feige den Schwanz einzogen, sobald es heiß wurde, irgendwann im Laufe ihrer Karriere interne Ermittlungen über sich ergehen lassen mussten. Das gehörte dazu; die Polizeibehörde musste von Zeit zu Zeit interne Untersuchungen inszenieren, um die Politiker und die öffentliche Meinung zufriedenzustellen. Doch manchmal wurde daraus Ernst – wenn die Medien sich einmischten. Wenn die Journalisten, die keine Ahnung von dem Leben da draußen hatten, Nachforschungen betrieben, Kritik übten, auf Jagd gingen. Ihr Treiben war völlig unabhängig von jeglichen Konsequenzen – sie pfiffen darauf, was aus den jeweiligen Polizisten wurde, deren Kopf sie auf einem Silbertablett forderten. Die Medien gehörten verboten.
Deshalb war er eigentlich nicht erstaunt, als er drei Tage nach dem Erscheinen der Artikel in Aftonbladet, Expressen, Metro, City und sicherlich noch einer Menge anderer Zeitungen das Kuvert in seinem Postfach sah. Kommissariat für Interne Ermittlungen, Bezirk Stockholm. Die Mitteilung war kurz.
Ai 1187 – 07 . Oberstaatsanwalt Carl Holm hat beschlossen, ein Ermittlungsverfahren gegen Sie und Cecilia Lindqvist u.a. wegen eines schweren Dienstvergehens am 11 . Juni dieses Jahres am Hägerstensväg einzuleiten. Der Oberstaatsanwalt hat diesbezüglich dem unterzeichnenden Kommissar der polizeilichen Abteilung für Interne Ermittlungen (Zentrale Ermittlungseinheit,
ZE ) die Vollmacht erteilt, Sie darüber in Kenntnis zu setzen, dass Sie eines schweren Dienstvergehens respektive schwerer Misshandlung verdächtigt werden. Dem polizeilichen Dienstplan zufolge haben Sie am 25 . Juni Tagesdienst, weswegen Sie an diesem Tag um 13 . 00 Uhr zur
ZE einbestellt werden. Sie werden hiermit über Ihr Recht in Kenntnis gesetzt, der Vernehmung in Anwesenheit eines Verteidigers beizuwohnen.
Seine Nase pochte nach dem Kopfstoß des verdammten Säuferidioten immer noch. Ihm war übel.
Sie würden Ermittlungen gegen ihn einleiten – und das konnte eine Suspendierung und Versetzung, oder schlimmer noch, eine Entlassung nach sich ziehen. Es konnte zur Anklage wegen Dienstvergehens führen. Er stand immer noch mit dem Brief in der Hand vor dem Postfach. Wusste nicht, was er machen sollte.
Las den Bescheid noch einmal. Prägte sich das Aktenzeichen ein. Ai 1187 – 07 . Musste an all diejenigen denken, die so etwas auch schon durchgemacht hatten.
Sein Telefon klingelte.
»Guten Tag, Andrén. Hier ist Stig Adamsson. Sie sind also im Hause.«
Nach dem Vorfall im Leichenschauhaus traute Thomas Adamsson nicht mehr über den Weg. Was wollte der jetzt? Hatte es etwa mit dem Mord zu tun? Wahrscheinlich ging es eher um die internen Ermittlungen, von denen er gerade erfahren hatte. Er antwortete: »Ich bin gerade reingekommen.«
»Schön. Glauben Sie, dass Sie kurz bei mir vorbeischauen könnten? Am besten gleich.«
Im Korridor standen sechs Kollegen am Kaffeeautomaten. Sie grüßten. Alle wussten es. Das war deutlich. Er sah sofort, wer auf seiner Seite stand. Ein diskretes Nicken, ein Augenzwinkern, eine Geste mit der Hand. Zwei von ihnen jedoch: starrten geradewegs durch ihn hindurch – auch unter den Polizisten der Ordnungsbehörde gab es Verräter.
Die Tür zu Adamssons Zimmer war geschlossen. Der Polizeietikette zufolge bedeutete das, dass von einem erwartet wurde, die Tür nach dem Eintreten wieder zu schließen.
Thomas klopfte an. Hörte ein müdes »Kommen Sie rein« von drinnen.
Adamsson saß mit dem Rücken zur Tür am Computer. Ein alter, erschöpfter harter Bursche. Der Polizeichef drehte sich um.
»Hallo Andrén. Setzen Sie sich doch.«
Thomas zog den Besucherstuhl hervor und setzte sich. Er hielt immer noch den Brief von der ZE in der Hand. Stig Adamsson warf einen Blick darauf.
»Die Sache tut mir sehr leid.«
Thomas nickte. Konnte er Adamsson vertrauen?
»Wenn ich richtig verstehe, wissen es bereits alle, oder?«
»Tja, Sie wissen ja, wie das ist. Es spricht sich schnell herum. Aber ich habe es über formelle Kanäle erfahren, sie haben es zügig bearbeitet und die Sache direkt an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Sie bestellen das Mädchen, Lindqvist, auch ein.«
»Und was glauben Sie? Werden die Medien sich wieder
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