Machiavelli: oder Die Kunst der Macht (German Edition)
sich der kleinste Teil der Versammelten einigt; und das, wofür die wenigsten stimmen, wird angenommen … Derjenige oder diejenige, der beziehungsweise die die meisten Worte und am wenigsten Sinn macht, wird am höchsten geehrt und genießt den größten Respekt.[ 23 ]
Das Elend des Krieges
Guicciardinis und Vettoris Fürsprache verschaffte Machiavelli im August 1525 einen Auftrag der einflussreichen Wollzunft von Florenz, der ihn in die ungeliebte Republik Venedig führte. Diese hatte drei junge Florentiner Kaufleute, die aus der Levante kamen, gefangen setzen und ihre Ware beschlagnahmen lassen. Die Affäre schlug so hohe Wellen, dass sich sogar Papst Clemens VII. einschaltete. Über den materiellen Schaden der Florentiner hinaus ging es um kompromittierende Briefe, die Machiavelli abfangen sollte. Da sich keine Schreiben von seiner Seite erhalten haben, bleibt unklar, was er in der mysteriösen Angelegenheit ausrichten konnte.
Unterdessen verschlechterte sich die politische Lage von Rom und Florenz weiter. Nach langem Zögern und Schwanken entschied sich Clemens VII. dazu, den Ratgebern zu folgen, die für eine erneuerte Allianz mit Frankreich gegen den Kaiser votierten. Als König Franz I. im Januar 1526 aus der spanischen Haft entlassen wurde, war dieses Bündnis beschlossene Sache. Die Klauseln, die ihm sein kaiserlicher Kerkermeister abgepresst hatte – darunter die Verpflichtung zum Frieden –, erklärte der französische König für null und nichtig, sobald er auf freiem Fuß war. Der Ansicht, dass man gegen Karl V. vorgehen müsse, war auch Clemens VII. Für ihn war die Übermacht eines Monarchen unerträglich, der in Personalunion Kaiser des Heiligen römischen Reiches und König von Spanien war, in Italien den Süden einschließlich Siziliens und Mailand beherrschte und aus der Neuen Welt Unmengen von Silber und Gold bezog. Gegen diese Hegemonie musste um jeden Preis ein Gegengewicht geschaffen werden. Zu diesem Zweck schlossen Clemens VII., Franz I., die Republik Venedig und Francesco Sforza, der Herzog von Mailand, am 22. Mai 1526 die Liga von Cognac.
Sie sah auf dem Papier eindrucksvoller aus als in der diplomatischen und militärischen Realität. Venedig war der Allianz, wie alle wussten, nur beigetreten, um seine eigenen Interessen in Norditalien zu wahren. Zudem war der militärische Befehlshaber der Serenissima ein Feind der Medici: Francesco Maria della Rovere-Montefeltro hatte mit dem Papst mehr als eine Rechnung offen. Dessen Vetter Leo X. hatte ihn zeitweise aus seinem Staat vertrieben; Clemens selbst war ihm immer noch die Rückgabe einiger Randgebiete seines Herzogtums schuldig. Ob dieser General für diesen Papst überhaupt kämpfen wollte, durfte mit Fug und Recht bezweifelt werden. Für Franz I. schließlich zählte allein die Rückgewinnung Mailands. Dass er für Florenz und die Medici größere Risiken auf sich nehmen würde, war bei nüchterner Betrachtung kaum zu erwarten. Francesco Sforza wiederum war ein Schattenherrscher von Karls V. Gnaden. Er hatte gegen seinen Herren rebelliert, eine Verschwörung angezettelt und musste sich schließlich im Kastell seiner eigenen Hauptstadt Mailand gegen die spanischen Truppen verschanzen.
Trotz dieser unsicheren Bundesgenossen fühlte sich Clemens VII. sicher genug, um Machiavellis Milizpläne endgültig zu begraben; selbst die Anwerbung größerer Söldnerkontingente hielt er für überflüssig. In der zweiten Hälfte des Jahres 1526 spitzte sich die Lage dramatisch zu. In der Umgebung Roms machte die Familie Colonna gegen den Papst, der ihre Macht zu schmälern versucht hatte, mobil und drang im September mit ihrer Armee in den Vatikan ein. Clemens VII. konnte in letzter Minute fliehen, doch sein Palast wurde geplündert und verwüstet. Noch viel bedrohlicher war die Entwicklung im Norden. Am 2. November 1526 hielt der bejahrte Landsknechtsführer Georg von Frundsberg einen Musterungstag in Bozen ab, zu dem Tausende seiner alten Getreuen strömten. Frundsberg hatte sich eigentlich schon zur Ruhe gesetzt, doch der Bitte Karls V., ein letztes Mal gegen den Feind in Italien vorzurücken, mochte er sich nicht verschließen. Mit seiner auf eigene Kosten besoldeten Armee zog Frundsberg bei Eis und Schnee über die Alpen. Schon Ende November 1526 lieferte er sich am Po bei Mantua ein erstes Gefecht mit den Truppen der Liga, bei dem Giovanni de’ Medici, der Führer der päpstlichen Truppen und ein entfernter Verwandter
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