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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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Du bist ein Hengst, echt... DAS auch??? Vallaha bravo!«
    Ich hebe entschuldigend die Schultern und versuche die Silberhochzeitsgäste, die pikiert zu unserem Tisch gucken, mit einem gequälten Lächeln milde zu stimmen. Die Situation hat mindestens eine 0,9 auf der Zlatko-Skala. Immerhin wird sich das Image der Türken nicht verschlechtern, denn niemand kann Cems Nationalität einordnen: Ein Ire mit schwedischem Handy, der »Vallaha« sagt?! Und Cem ist noch längst nicht fertig ...
    »Ey, wow ... ey, woooowww! Vallaha, ich schwöre, der totale Hengst bist du, ehrlich.«
    Am Silberhochzeitstisch herrscht eisiges Schweigen. Weder die Jubilare noch ihre Gäste können Cems Begeisterung über Alis einzigartiges Sexleben zu 100 Prozent teilen. Sie wissen vielleicht auch nicht, dass es sich wahrscheinlich um eine türkische Tradition handelt, die sexuellen Erfolge von Freunden und Bekannten lautstark zu feiern.
    »Auch von hinten? Vallaha, der totale Hengst!«
    Gerade als Deutscher überschreitet man hier schnell die Grenze zur Ausländerfeindlichkeit, wenn man stur darauf beharrt, dass das Thema Analverkehr das Erhabene einer Silberhochzeitsfeier stört.
    Aber mir wird langsam klar, was mir zum Machosein fehlt: das Lob, die Bestätigung meiner Geschlechtsgenossen. Da gibt es einen türkischen Witz, wo ein türkischer Mann nach einem Flugzeugabsturz alleine mit Angelina Jolie auf einer einsamen Insel strandet. Eine Woche lang haben sie unglaublichen Sex, in jeder denkbaren Stellung, und danach sagt er zu ihr: »Angelina, erfüllst du mir bitte noch einen einzigen Wunsch?« – »Okay.« -»Bitte kleb dir einen Schnurrbart an!« – »Hä? Wieso denn einen Schnurrbart?« – »Ich muss das unbedingt jemandem erzählen!«
    Diese Ich-war-gestern-super-im-Bett-Kommunikation gibt es bei uns deutschen Männern einfach nicht. Zumindest nicht, wenn man intellektuelle Eltern hat. Mir fallen spontan nur drei Leistungen in meinem Leben ein, mit denen ich vor meinen Freunden angegeben habe:
    • 1981 habe ich in Ostberlin den ebenfalls sechsjährigen Sohn eines bekannten DDR-Künstlers im Schach geschlagen. (Das ist an sich noch nichts sooo Besonderes, aber der Vater des Jungen hat vorher geprahlt, dass sein Sohn das Schachspielen von Wolf Biermann persönlich gelernt hatte.)
    • Beim Zauberwürfel-Wettdrehen 1984 habe ich einen Zauberwürfel-Wettdreh-Profi geschlagen und dabei eine Alphaville-LP gewonnen. (Dem Profi ist sein Würfel kaputtgegangen, und es könnte natürlich sein, dass ich ihn nur deshalb geschlagen habe, aber erstens ist das nicht bewiesen, und zweitens, um es mit Franz Beckenbauer zu sagen: »Ja gut, äh, das interessiert hinterher keinen mehr.«)
    • Beim Frankreich-Austausch 1988 bin ich schneller gelaufen als Ralf Brenner. (Ralf Brenner war der Jahrgangsstufen- Schnellste; aber als wir zu viert in einem zwielichtigen Vorort von Lyon von einer arabischen Streetgang verfolgt wurden, kam ich als Erster am rettenden Bus an; darauf bin ich immer noch stolz, auch wenn der Antrieb natürlich die Angst war.)
    Aber mit meinen sexuellen Leistungen anzugeben, das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Gut, es gab da natürlich auch nicht sooo viel, womit ich überhaupt hätte angeben können. Als ich mein »erstes Mal« hatte, war ich 22, und obwohl ich kurz die Telefonliste aus der Abi-Zeitung in der Hand hatte und allen, die mich in der Schule immer verarscht hatten, mitteilen wollte, dass es passiert ist, hab ich's dann doch für mich behalten. Der Einzige, dem ich es schließlich erzählt habe, war Mark. Das war drei Wochen später, und es klang so:
     
    »Dübndüdüüü, Alter, du wirst nicht glauben, was mir panikmäßig passiert ist!«
    »Nee, dann spuck's mal el-schnello-mäßig aus.«
    »Also, du kennst doch die hammermäßige Panikbraut Sarah. Und du weißt ja, so dübndüdüüüü, wir waren also in der Dröhn-Discothek, und dann, äh ...«
    An dieser Stelle habe ich von der Udo-Lindenberg-Stimme in meine normale gewechselt.
    »... ja, also, es war dann, also wir sind dann also irgendwie so, äh, also zu ihr, und da, äh ...«
    »Willst du sagen, du bist also, du hast mit ihr, also das ist irgendwie so passiert mit euch, also dieses, äh, also das?«
    »Tja, also, so gesehen, also in Anbetracht dessen, was dann in Sarahs Wohnung, also, äh, passiert ist, äh, würde ich sagen ... Ja, doch, schon irgendwie.«
    »Und???«
    »Naja, äh, also, tja. Das äh... Sag mal, hast du den neuen Woody-Allen-Film schon

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