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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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verstößt.‹«
    »Du nimmst das viel zu ernst.«
    »Die Freiheit kann man nicht ernst genug nehmen, mein Sohn. Wenn es eine Lehre aus der Nazizeit gibt, dann diese.«
    »Glückwunsch, du hast diesmal nur fünf Minuten gebraucht, um bei der Nazizeit anzukommen.«
    »Wie gesagt: Ich respektiere die türkische Tradition, aber wenn mein Sohn auf reaktionäre Weise sein Leben totalitären Strukturen unterwerfen will, die wir spätestens 1968 überwunden haben, dann gehen bei mir die Alarmglocken an.«
    »Rigobert...«
    Das Gespräch ist festgefahren. Ich möchte mal wieder heulen. Da mischt sich Aylin ein.
    »Hallo, Herr Hagenberger, hier ist Aylin. Ich wollte Ihnen nur sagen, ich liebe Ihren Sohn von ganzem Herzen, und ich werde Ihnen ewig dankbar sein, wenn Sie meine Eltern um Erlaubnis fragen. Das wäre für mich der schönste Moment in meinem Leben, Sie können nicht glauben, wie viel mir das bedeuten würde, Vallaha, ich schwöre, Sie würden mich unglaublich glücklich machen!«
    »Tatsächlich? Tja, nun, äh, also, wenn das so ist, dann äh, werde ich es natürlich tun.«
    »Oh, danke! Sie sind super, Herr Hagenberger.«
    »Äh, du kannst Rigobert sagen.«
    »Du bist super, Rigobert. Ciao!«
    »Ja, dann, äh, tschü... äh, ciao.«
    Lächelnd gibt mir Aylin das Handy zurück. Irgendwie ist Aylinsorientalische Argumentationsweise effizienter. Gegen eine geballte Ladung Emotion und Pathos kann nicht einmal jemand ankommen, der auf Lanzarote den vom Labrador vollgepinkelten Enzensberger-Artikel mit dem Hotelfön getrocknet und dann doch noch gelesen hat.

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    21
    Während Aylin und ich mit meinen Eltern telefoniert haben, konnte ich nebenbei beobachten, wie sich zwischen Cem und der Kellnerin ein Flirt entwickelt hat. Jetzt, als die Kellnerin abräumt, hält Cem ihr sein Glas zunächst hilfsbereit entgegen. Als sie jedoch danach greifen will, zieht er es zu sich und deutet an, dass er es nur gegen einen Kuss auf die Wange freigeben wird. Die Kellnerin zieht die Augenbrauen hoch und schaut ihn mit gespielter Genervtheit an. Cem zieht auch die Augenbrauen hoch und schaut flirtend zurück. Ich habe diese Kellnerin schon oft erlebt. Sie wirkt emanzipiert, und ich würde wetten, sie studiert Geschichte oder Politikwissenschaften; sie sieht aus wie die intelligentere Schwester von Heidi Klum. Sie spielt definitiv in einer anderen Liga als Cem. Nie im Leben wird sie auf einen derart simplen Trick eingehen. Sie fordert Cem gestisch auf, das Glas freizugeben. Cem schüttelt lächelnd mit dem Kopf. Die Kellnerin seufzt – und gibt Cem einen Kuss auf die Wange. Ich bin fassungslos. Aylin scheint meinen Blick zu bemerken.
    »Er braucht das für sein Ego. Sex ist für ihn so eine Art Sport.«
    Eine Art von Sport, die ich seit geraumer Zeit nicht betrieben habe und, wie es aussieht, auch ziemlich lange nicht betreiben werde. Glücklicherweise spreche ich diese Worte nicht aus. Die Kellnerin kommt zurück, zwinkert Cem zu, schreibt ihre Telefonnummer auf einen Bierdeckel und steckt ihn in Cems Hemdtasche. Ich bin Zeuge eines meisterlichen Flirts geworden und würde gerne meine Bewunderung zum Ausdruck bringen, aber das könnte Aylin falsch verstehen. Cem haut mir noch einmal auf die schmerzende Schulter.
    »Komm, Daniel, wir machen einen Männerabend.«
    Ich will gar keinen Männerabend. Ich will einen Aylinabend. Ich schaue Aylin Hilfe suchend an.
    »Na los, geht schon. Aber hör nicht auf das, was mein Bruder dir erzählt – er ist ein unverbesserlicher Macho.«
    Ehe ich mich wehren kann, schnappt sich Cem meinen Arm und zerrt mich weg. Ich spüre, wie die Silberhochzeitsgesellschaft erleichtert aufatmet. Ich reiße mich noch einmal los und küsse Aylin zum Abschied auf den Mund. Aylin lässt es geschehen – zum ersten Mal in Cems Gegenwart. Cem wendet den Kopf ab.
    »Ey, das darf ich echt keinem erzählen. Meine Schwester küsst in der Öffentlichkeit einen deutschen Mann, und ich stehe daneben und mache gar nix.«
    »Wieso, was solltest du denn machen?«
    »Dich verprügeln.«
    Cem sieht meinen erschrockenen Blick.
    »Haha, keine Angst, Schwager, du weißt ja, unsere Familie ist nicht so. Aber als türkischer Mann bist du für deine Schwester verantwortlich. Wenn sie unverheiratet andere Männer küsst, heißt das für die traditionellen Türken: Sie ist eine Hure.«
    »Au weia.«
    »Wenn ich als Bruder dann nichts mache, bin ich entweder Weichei oder Zuhälter.«
    »Ach, deshalb habt ihr das auch so eilig mit der

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