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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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gesehen, äh, ja.«
    Ist das ein Test? Will Cem prüfen, ob ich hinter Aylins Rücken andere Frauen anschaue? Oder will er einfach nur wissen, ob icheiner bin, mit dem man einen geilen Männerabend verbringen kann? Ich hasse solche Situationen, in denen ich nicht weiß, was man von mir erwartet. Gut, ich könnte mich einfach so verhalten, wie ich es selbst für richtig halte. Dafür müsste ich allerdings wissen, was ich selbst für richtig halte. Und genau da liegt mein Problem.
    Orientalische Musik setzt ein. Die Bauchtänzerin hebt einen Arm in die Luft und lässt ihre Hand elegant kreisen. Dabei schaut sie mit einem Ich-bin-die-geilste-Frau-der-Welt-aber-keiner-kann-mich-haben-Blick in die Runde. Ein Blick, der bei heterosexuellen Männern zu 100 Prozent funktioniert. Ich wende mich ab. Ich bin in Aylin verliebt und werde jetzt keine andere geil finden.
    Das ist ein unausgesprochenes Gesetz: In der Verliebtheitsphase darf man nur einzig und allein für seinen Partner erotische Gefühle hegen. Selbst wenn einem auf dem Weg zum Supermarkt mindestens zehn Topmodels in Spitzenunterwäsche von H&M-Postern lüstern entgegenstarren – das hat einen nicht zu interessieren. Und es interessiert mich ja auch wirklich nicht, solange ich Hand in Hand mit Aylin durch die Stadt turtele. Aber jetzt ist die Situation eine andere: Aylin ist nicht hier, und das Topmodel dreidimensional und ziemlich gelenkig.
    »Ey, wo guckst du hin, Eniste? Guck sie an. Guck dir diesen Bauchnabel an! Zum Reinbeißen.«
    In meinem Kopf laufen die Drähte heiß. Ich führe eine Diskussion mit meiner imaginären Alice Schwarzer, ob diese Darbietung politisch korrekt ist. Tabledance ist auf keinen Fall politisch korrekt, da bin ich mir sicher. Aber Bauchtanz ist eine kulturelle Tradition von Ausländern, also muss man ihn akzeptieren, sonst wäre man ja ausländerfeindlich. Wobei, wenn man so denkt, dürfte sich ein Araber dann ohne schlechtes Gewissen Tabledance angucken, weil er ja damit seine Toleranz der westlichen Kultur gegenüber zum Ausdruck brächte. Meine imaginäre Alice Schwarzer rät mir, die Tänzerin respektvoll als Künstlerin zu betrachten. Das leuchtet mir ein: Ich sehe mir die Darbietung einfach an wie eine Brecht-Inszenierung. Epischer Bauchtanz, das ist es! Leider ist mit dieser – intellektuell gesehen – perfekten Haltung unterhalb der Gürtellinie Schluss. Ich habe ja schon des Öfteren mitder Biologie gehadert, aber gewisse Schlüsselreize führen nun mal zu bestimmten chemischen Reaktionen. Das darf doch nicht wahr sein, dass ich jetzt eine Erektion bekomme. Ich fühle mich wie ein Verräter.
    Plötzlich merke ich, dass die Tänzerin mir zulächelt. Mir? Ich drehe mich um – mein typischer Reflex seit dem erwähnten Rückwinkmissverständnis mit Gaby Haas in der 11. Klasse. Aber die Tänzerin sieht tatsächlich mich an. Warum ausgerechnet mich? Es gibt so viele andere Männer hier... Erst jetzt sehe ich: Cem gibt der Bauchtänzerin nicht gerade dezente Zeichen, dass sie sich mir zuwenden soll. Danke. Vielen lieben Dank, Herr Schwager! Ich fürchte, es ist doch ein Test, und ich falle gerade durch. Sollte ich schnell aufstehen und wegrennen? Ja, das sollte ich. Zu spät, die Tänzerin steht jetzt direkt vor mir und lässt langsam ihren Bauch kreisen. Dann dreht sie sich um und wendet mir ihren wohlgerundeten Hintern zu. Durch den Tüll zeichnet sich ein Stringtanga ab. Jetzt beginnt sich dieser Zauberpopo direkt vor meinen Augen zu drehen. Das ist zu viel für jemanden, der sich aus romantischen Gründen auf Sexentzug befindet. Kann mich jetzt bitte jemand k. o. schlagen? Ich reiße meinen Blick vom Stringtanga weg und schaue zu Cem. Der schaut mich auffordernd an. Ich schaue fragend zurück.
    »Du musst ihr einen Schein reinstecken.«
    »Einen Schein? Wo rein?«
    »Egal. Irgendwo, wo's hält.«
    Ich bekomme Schweißausbrüche. Neben mir sitzt der Bruder der Frau, die ich liebe, 20 Zentimeter vor meinen Augen kreist der Stringtanga einer Fremden, und jetzt soll ich ihr auch noch an die Wäsche gehen ... Kommt der Nebel von den Wasserpfeifen, oder werde ich gerade ohnmächtig? Ich warte zwei Sekunden und bleibe leider bei Bewusstsein. Dann ziehe ich umständlich mein Portemonnaie aus der Hose und stelle fest, dass ich nur einen 50-Euro-Schein und Kleingeld habe.
    »Cem?«
    »Du kannst mich Bruder nennen, Eniste.«
    »Okay. Bruder. Kannst du mir fünf Euro wechseln?«
    Während die Tänzerin professionell weitermacht, krame

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