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Macho Man: Roman (German Edition)

Macho Man: Roman (German Edition)

Titel: Macho Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Netenjakob
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aus satirischen Gründen gucke, und extra laut gelacht. Diese satirische Ebene ist auch durchaus gegeben. Wenn zum Beispiel die 20-jährige wasserstoffblonde Kendra kurz vor einer Heulattacke steht, weil sie vergessen hat, Hugh Hefners Silberfasanenweibchen eine Geburtstagskarte zu schreiben, dann wird man das durchaus in weiten Teilen der Welt als lächerlich empfinden ... Aber tief in mir drin saß auch immer ein kleiner Playboy, der mir zuflüsterte: »Geil! Wenn du 80 bist, willst du auch drei junge Blondinen um dich haben, die multiple Orgasmen kriegen, wenn du ihnen einen Diamantring an den Finger steckst.« Ich gebe zu, solche Phantasien hatte ich vor Aylin oft. Aber so denkt man halt als Mann – vor allem wenn man gerade sein Asthma-Spray benutzen muss, weil man sich nicht getraut hat, seiner Partnerin zu sagen, dass man gegen ihre Katze allergisch ist.
    Als die Blondine näher kommt, treffen sich für einen kurzen Moment unsere Blicke, und ich – zwinkere ihr zu. Und sie – lächelt!!!
    Vorbei. Es ging so schnell, dass ich die Szene noch einmal vor meinem geistigen Auge Revue passieren lassen muss, um zu begreifen, was passiert ist. Ich habe in meinem ganzen Leben nochnie einem Mädchen oder einer Frau zugezwinkert. Ich war überzeugt, dass man sich erst einen megadicken Bizeps antrainieren muss und dass dadurch irgendwelche Muskelgruppen im Gesicht aktiviert werden, die einem das Zwinkern ermöglichen. Aber jetzt habe ich vollkommen spontan einer attraktiven Blondine zugezwinkert – und sie hat es nicht etwa als nervöses Augenzucken gedeutet, sondern zurückgeflirtet.
    In diesem Moment wird mein Gang noch leichter, und ich entferne mich in der Skala noch weiter von Woody Allen. Ist das überhaupt wünschenswert? Ist es nicht sympathischer, wie Woody Allen zu gehen als wie Tom Cruise? Ich denke ernsthaft nach. Der eine hat seine Stieftochter geheiratet, der andere ist bei Scientology. Hmm. Wie wäre es denn, wenn ich Tom Cruise durch Brad Pitt ersetze? Der hat zwar auch Kinder adoptiert, aber er will sie nicht heiraten, und meines Wissens ist er auch nicht in einer Sekte.
    Plötzlich ist mir klar, wohin meine Reise geht. Ich verabschiede mich von meinem Image als Loser, Memme, Weichei, Schattenparker und Abschiedswinker. Ich werde sein wie Brad Pitt. Und es ist mir egal, was meine Eltern sagen, was meine Kollegen sagen, und was Aylin ... Nein, natürlich ist mir nicht egal, was Aylin sagt. Aber Frauen lieben Brad Pitt sowieso. Alle.

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    23
    Ich sitze vor meinem Computer und bin immer noch fest entschlossen, einige Dinge in meinem Leben zu ändern. Als Erstes schreibe ich eine E-Mail an das Präsidium des 1. FC Köln:
    Sehr geehrter Herr Overath und Konsorten,
    ich bin seit 27 Jahren treuer Fan des 1. FC Köln. Aber als ich kürzlich im Express gelesen habe, dass Hennes VIII. kastriert wurde, hat mich das zutiefst empört. Wie will denn eine Mannschaft mit einem kastrierten Maskottchen in die Champions League einziehen?
    Ich arbeite in der Werbebranche und kann Ihnen versichern, dass die Symbolwirkung absolut fatal ist! Können Sie sich den MGM-Löwen mit Zahnausfall vorstellen, die lila Kuh mit nur drei Zitzen am Euter oder den Bärenmarke-Bären mit Hüftgelenksdysplasie?
    Jetzt muss sich Hennes VIII. schon mit Tollwut infizieren, wenn er überhaupt noch irgendwelche Gefahr ausstrahlen will. Die Schmähgesänge der gegnerischen Fans ›lhr seid die Hauptstadt der Schwulen‹ haben mich nie gestört – im Gegenteil, da sind wir Kölner ja stolz drauf. Aber ein kastriertes Maskottchen, das haben wir nicht verdient.
    Mit sehr enttäuschten Grüßen
    Daniel Hagenberger
    Ich klicke auf »Senden« und bin zufrieden: Der neue Daniel Hagenberger lässt sich nicht mehr alles bieten. Als meine Mutter anruft und sagt, dass ich sie und meinen Vater zu Hause abholen soll, weigere ich mich und bestehe darauf, dass wir uns am Neumarkt treffen. Einfach so. Weil ich nicht mehr alles tue, was man mir sagt. Vielleicht ist es in diesem Fall etwas albern, weil ich aufdem Weg zum Neumarkt sowieso bei meinen Eltern vorbeikomme ... Aber es geht ums Prinzip. Sicher, im Prinzip wären derartige Trotzreaktionen in der Pubertät angebracht gewesen, aber ich hatte halt in der Pubertät andere Dinge zu tun. Allein das Nicht-beachtetwerden von Gaby Haas hat Jahre in Anspruch genommen. Wenn ich dann noch gegen meine Eltern rebelliert hätte – wann hätte ich dann bitte die Hausaufgaben machen sollen?
    Drei Stunden später

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