Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
begann alles zu verschwimmen, ihre Lungen fühlten sich an, als müssten sie jeden Moment platzen.
Sie würde sterben.
In dem Moment bahnte eine gewaltige Kraft ihren Weg durch das Wasser, der Griff um ihren Nacken lockerte sich. Rachel überlegte nicht lange, was geschehen sein mochte, sondern kehrte einfach nur langsam an die Wasseroberfläche zurück.
Sie hustete und spuckte Wasser, während sie sich am Poolrand festhielt. Nicht weit von ihr entfernt wurde das Wasser aufgewühlt, da ihr Angreifer nun mit Sam kämpfte. Oh, Gott, sie musste ihm helfen. Sie konnte nicht zulassen, dass Sam ihretwegen ums Leben kam.
Sie begann in die Richtung der beiden zu schwimmen, als Tina mit einem langstieligen Netz auf den Pool zugelaufen kam.
„Nimm die Finger von meinem Mann, du Bastard!“
Nach dem ersten Schlag auf seinen Hinterkopf kletterte der Angreifer hastig aus dem Pool, griff nach seiner Kleidung und rannte los.
Tina ließ das Netz fallen und kniete auf dem Betonboden nieder. „Sam, Honey, geht es dir gut?“
„Ich bin in Ordnung.“ Er sah zu Rachel, die sich kaum noch über Wasser halten konnte. „Rachel?“
Sie konnte nichts sagen, sondern nickte einfach nur und ließ sich dann aus dem Pool ziehen. Am liebsten wäre sie auf dem kalten Boden zusammengebrochen, aber sie wollte Tina nicht noch mehr beunruhigen. Also saß sie einfach da, die Arme hinter dem Rücken verschränkt, die Augen geschlossen, und nach Luft ringend.
Sie hörte Tinas besorgte Stimme. „Sam, ist sie in Ordnung? Sollen wir einen Arzt rufen?“
„Mir gehts gut“, hörte Rachel sich selbst sagen. „Nur ... einen Moment ...“
„Mein armes Baby.“ Tina kniete neben ihr nieder und wickelte sie in ein flauschiges Badetuch.
Als Rachel die Augen wieder öffnete, war der Pool hell erleuchtet. Sam stand in einem triefend nassen Pyjama da und sah in Richtung eines Hains, wo der Angreifer verschwunden war.
„Hast du ihn erkennen können?“ fragte er.
Rachel schüttelte den Kopf. „Es ging alles so schnell. Ich musste mich darauf konzentrieren, die Luft anzuhalten und am Leben zu bleiben. Ich weiß nur, dass er groß und schnell war und breite Schultern hatte.“
Wieder dachte sie an Nico. Er hatte den gleichen Körperbau, und Sal hatte davon gesprochen, dass er ein guter Schwimmer war. „Fast so gut wie sein alter Herr“, hatte er Rachel grinsend gesagt.
Aber woher sollte Nico wissen, dass sie bei den Hughes logierte, wenn nur Gregory, Annie und Courtney eingeweiht waren? Und selbst wenn er es herausgefunden hatte, wie sollte er dann wissen, um welche Zeit sie schwimmen ging?
„Da kommt Detective Crowley“, sagte Tina, als sie auf der Straße ein Scheinwerferpaar sah.
„Woher weiß er ...?“
„Ich habe ihn angerufen.“
Rachel nickte. Jetzt geht das schon wieder los, dachte sie. Dann lehnte sie sich erschöpft gegen den Liegestuhl und wartete auf den Detective.
„Ich weiß, wohin sie gefahren sind, Sal.“ Diesmal war Kelsey so aufgeregt, dass die Worte förmlich aus dem Telefonhörer gesprudelt kamen. „Kein Wunder, dass sie mich abhängen wollten.“
„Rücken Sie schon raus damit, Joe“, sagte Sal ungeduldig.
„Alyssa ist hier. In Napa Valley. Sie hat ein Haus in Calistoga angemietet, und da sind Rachel und Shaw hingefahren.“
Sals Herz begann so zu rasen, dass er dachte, es würde jeden Moment explodieren. Er setzte sich hin. Einunddreißig Jahre lang hatte er nicht gewusst, wo sie abgeblieben war und ob er sie jemals finden würde, um den Tod seines Sohns zu rächen. Es gab doch einen Gott, und der hatte ihn erhört.
„Wieso sind Sie so sicher, dass sie es ist?“
„Rachel hat sie noch mal besucht, diesmal allein. Sie ist einige Umwege gefahren, aber sie konnte mich nicht abschütteln. Und damit hat sie mich direkt zu dem kleinen Haus geführt, das Alyssa und ihr Ehemann gemietet haben. Er ist übrigens Franzose.“
„Und Sie sind absolut sicher, dass es Alyssa ist?“
„Kein Zweifel möglich, Sal. Ich habe sie mit dem Fernglas beobachtet, als sie die Tür öffnete. Sie ist Rachel wie aus dem Gesicht geschnitten.“
„Ist die Kleine lange geblieben?“
„Nur ein paar Minuten, dann ist sie zum Weingut gefahren.“
„Sie haben die Adresse?“ fragte Sal.
„Und die Telefonnummer.“ Jetzt klang Kelsey angeberisch. „Ich habe herausbekommen, dass Virginia Laperousse ihr neuer Name ist.“
Sal schrieb alles auf, hatte aber Mühe, seine Hand ruhig zu halten. „Gute Arbeit, Joe“, sagte er,
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