Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
„Du sagst das, als würde ich dir mit einer Atombombe drohen.“
„Vermutlich, weil ich so viel über sie gehört habe und ein wenig Angst habe.“
„Musst du aber nicht haben, sie ist sehr nett. Außerdem brennt sie darauf, dich kennen zu lernen.“
„Warum das?“
„Ich weiß nicht, ich nehme an, ihre journalistische Ader lässt ihr keine Ruhe. Keine Angst, sie weiß nichts von Ginnie. Das Geheimnis ist bei mir sicher.“
„Gut.“
„Also, was sagst du, Spaulding? Ein wenig Ruhe würde mir auch gut tun.“
Das Angebot war verlockend. „Also ...“
„Ich hole dich auch ab.“
„Nein, da müsstest du viel zu viel fahren.“
„Dann treffen wir uns bei mir zu Hause.“
Sie notierte die Adresse und den Weg zu seiner Wohnung. „Gegen Mittag?“ fragte sie.
„Perfekt. Gute Nacht, Spaulding.“
„Gute Nacht, Sherlock.“
Nachdem Rachel aufgelegt hatte, zog sie sich aus, griff aber nicht nach ihrem Schlafanzug, um sich schlafen zu legen, sondern nahm sich einen Bikini und ein flauschiges Handtuch aus dem Badezimmer mit.
Schwimmen war für ihre Nerven eine wunderbare Erholung, und seit sie bei den Hughes wohnte, hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, im Pool zu schwimmen, nachdem Tina und Sam sich schlafen gelegt hatten. Sie liebte den Pool, über sich die Sterne, die Berge in der Ferne, und die herrliche Stille, die nur vom Zirpen der Zikaden gestört wurde. Da sie fürchtete, dass die Poolbeleuchtung in das Schlafzimmer von Tina und Sam scheinen könnte, ließ sie sie ausgeschaltet.
Die Luft war frisch, als sie nach draußen an den Poolrand trat, aber sie wusste, dass das Wasser im Gegensatz dazu angenehm warm sein würde. Ihr fröstelte ein wenig, als sie bis zum Rand des Sprungbretts ging, tief einatmete und dann kopfüber ins Wasser tauchte. Sekunden später tauchte sie wieder auf und begann, mit langen, kräftigen Stößen zu schwimmen. In der High School hatte sie zum Schwimmteam gehört und war so gut gewesen, dass man ihr olympisches Potenzial zugeschrieben hatte. Doch als ihre Eltern bei diesem grässlichen Ballonunfall ums Leben kamen, verlor Rachel ihren Eifer für Wettkämpfe und verließ das Team.
Am anderen, flachen Ende des Pools berührte sie die Wand und stieß sich ab, um ihre zweite Bahn zu schwimmen, diesmal noch etwas schneller. Sie genoss die schmerzende körperliche Anstrengung, so wie vor vielen Jahren.
Du kannst es noch immer, altes Mädchen. Als wolle sie es jemandem beweisen, schwamm sie eine dritte Bahn, um dann zu tauchen und über die Hälfte der Strecke unter Wasser zurückzulegen.
Den Rest legte sie auf dem Rücken schwimmend zurück und dachte zurück an ihre Zeit als Rettungsschwimmerin. Sie konnte den Atem viel länger anhalten als ...
In dem Moment legte sich eine Hand um ihren Knöchel. Rachel riss den Mund auf, bekam aber keine Gelegenheit zum Schreien. Derjenige, der sie so fest umklammerte, zerrte sie mit einem kräftigen Ruck unter Wasser bis zum Boden des Pools.
Sie war nicht sicher, an welchem Punkt der Überlebenswille stärker wurde als ihre Panik. Auf jeden Fall begann sie gegen ihren Angreifer anzukämpfen und trat ihm ins Gesicht, in den Bauch und jeden anderen Körperteil, den sie mit ihren Füßen erreichen konnte. Sie versuchte, sein Gesicht zu erkennen, doch es gelang ihr nicht. Sie war nur sicher, dass es sich um einen Mann handelte.
Ihre Tritte schienen ihm kaum etwas auszumachen. Mit der rechten Hand griff er in ihre Haare, schwamm nach oben und drückte sie unter die Wasseroberfläche. Obwohl sie trainiert war, konnte sie ihm nichts entgegensetzen.
Rachel versuchte es mit einer Bewegung, die sie seit der Zeit bei den Rettungsschwimmern nicht mehr geübt hatte. Sie zog ihre Knie bis auf Brusthöhe an, machte einen Salto und trat ihren Angreifer mit aller Kraft gegen den Brustkorb. Der lockerte seinen Griff, während sie sich von ihm abstieß und wie eine Rakete an die Wasseroberfläche schoss.
„Sam!“ schrie sie, nachdem sie wieder zu Atem gekommen war. „Tina! Hilfe!“ Sie schwamm zum Beckenrand und betete, dass die Zeit reichte, um die Leiter zu erreichen.
Die Zeit reichte nicht. Mit zwei schnellen Stößen hatte der Angreifer sie wieder eingeholt. Mit einer Hand hielt er sich am Sprungbrett fest, mit der anderen bekam er ihren Nacken zu fassen und drückte sie erneut unter Wasser.
Diesmal wusste sie, dass sie keine Chance hatte, dennoch setzte sie sich mit aller Macht zur Wehr. Doch es reichte nicht.
Vor ihren Augen
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