Macht des Schicksals - Spindler, E: Macht des Schicksals
hatte sie ihr kurzes braunes Haar einfach nach hinten gebürstet und ihr Make-up auf ein Minimum reduziert: ein Hauch Rouge auf den Wangen und einen roten Lipgloss. Das war schon deutlich mehr als zu Hause in Calistoga, wo sie sich praktisch immer einfach und bequem kleidete. Aber jetzt waren sie in Paris , wie Courtney unermüdlich betonte.
Ihr Blick wanderte zu ihrer linken Hand, an der der vier Karat schwere Diamantring funkelte, den Preston ihr im letzten Monat zur Verlobung geschenkt hatte. Als der Juwelier seiner Mutter aus San Francisco für eine private Präsentation ins Farley-Haus gekommen war, hatte Rachel dem Mann erklärt, dass sie einfachen, unauffälligen Schmuck bevorzugte. Aber sowohl Preston als auch seine Mutter hatten sich als unerbittlich erwiesen. Als zukünftige Ehefrau eines der viel versprechendsten Anwälte von Kalifornien musste Rachel ihrer Rolle entsprechend aussehen. Mit anderen Worten: Sie musste standesgemäß aussehen. Sie hatte es nicht übers Herz gebracht, die beiden zu enttäuschen.
Der Gedanke, den Ring im Hotelsafe zurückzulassen, verschwand so schnell, wie er gekommen war. Sie musste sich an das verdammte Ding gewöhnen. Außerdem gab der teure Edelstein ihr das Gefühl, dass Preston an ihrer Seite war und ihr Mut zusprach. Ein wenig mehr Selbstbewusstsein hätte ihr jetzt wirklich gut getan. Das Meeting mit Monsieur Fronsac und seinen zwei Teilhabern lag ihr schwer im Magen. Annie, die Marketingleiterin des Weinguts, hatte ihr gesagt, der Mann verleihe dem Wort Arroganz eine völlig neue Bedeutung. Genau deshalb hatte Rachel zunächst auch die Bitte ihrer Großmutter abgeschlagen, nach Paris zu reisen und den Geschäftsabschluss zu retten.
„Annie ist diejenige, die ihn beleidigt hat“, hatte sie protestiert. „Soll sie doch hinfliegen und sich entschuldigen.“
Doch Fronsac, Eigentümer der größten Supermarktkette in Frankreich, wollte mit Annie Spaulding und eigentlich sogar mit Spaulding Vineyards insgesamt nichts mehr zu tun haben. Schließlich war Rachel nichts anderes übrig geblieben, als ihrer Großmutter beizupflichten. Wenn Spaulding Vineyards auf dem französischen Markt Fuß fassen wollte, dann musste Monsieur Fronsac umgestimmt werden.
„Du siehst aus, als würde die Guillotine auf dich warten“, sagte Courtney kichernd.
Rachel drehte sich zu ihr um: „Das merkt man, oder?“
„Würde ich schon sagen.“ Courtney steckte das Fläschchen Nagellack zurück in ihren Make-up-Koffer. „Ich weiß nur nicht, warum du dir so viele Gedanken machst. Ich habe neulich Grandma und Preston reden hören. Sie sind beide der Meinung, dass es nur einen gibt, der den alten Bock von Fronsac besänftigen kann. Und das bist du.“
„Grandma und Preston überschätzen gerne meine Fähigkeiten“, erwiderte Rachel, obwohl sie innerlich über das Vertrauen erfreut war, das sie in sie setzten. Vor allem Preston. Ihr gut aussehender Verlobter, Sohn eines hochrangigen Richters und einer Frau aus der Oberschicht von San Francisco, war nicht so leicht zu beeindrucken. Zwangsläufig verteilte er auch nur höchst selten Komplimente.
Sie kämpfte gegen ihre innere Unruhe an und wedelte mit ihren Händen. „Trocken?“
Courtney sprang von ihrem Sessel auf und prüfte mit einer Fingerspitze einen Nagel, dann nickte sie. „Jawohl, Ma’am.“
Rachel ging zum Himmelbett, auf dem ihre Aktentasche lag. Sie kontrollierte rasch den Inhalt, um festzustellen, dass sie alles hatte, was für das Meeting erforderlich war. „Wünsch mir was“, sagte sie und grinste ihre Nichte schief an.
„Mach ich.“ Courtney umarmte sie kurz. „Und ruf mich an, wenn dein Meeting vorbei ist, ja? Wir müssen deinen Sieg mit einem total abgefahrenen Lunch feiern.“
Rachel lachte. „Weißt du was?“ fragte sie und legte den Arm um die Hüfte des Mädchens, während sie Seite an Seite zur Tür gingen. „Ich bin froh, dass du mitgekommen bist.“
Um zehn nach elf verließ Rachel das aus dem 17. Jahrhundert stammende Gebäude in der Rue Saint Jacques, das Fronsacs Büro beherbergte. Noch immer unter Anspannung stehend, lehnte sie sich gegen die Hauswand und atmete erleichtert aus.
Nach nervenaufreibenden eineinhalb Stunden mit Fronsac und seinen beiden Teilhabern hatte sich der Geschäftsmann letztlich – wenn auch alles andere als selbstlos – bereit erklärt, die Vergangenheit ruhen zu lassen und eine Auswahl von Spaulding-Weinen in seinen fünfhundert Supermärkten ins Angebot zu
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