Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition)

Titel: Macht: Geschichten von Erfolg und Scheitern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Kraus
Vom Netzwerk:
neben ihrer Familie ihre Festung. Für ihr neues Format, Romane auf der Vorlage von realen Alltagsgeschichten, hat sie eine stabile Fangemeinde gefunden. Ihr jetziger Verlag weiß die verlässliche Qualität der Autorin und auch die berechenbaren Verkaufszahlen zu schätzen. Seit sieben Jahren funktioniert die Zusammenarbeit. Zwei Spiegel-Bestseller waren auch wieder dabei. Nicht mehr auf Platz Eins und nicht mehr über Monate. »Aber eine positive Tendenz ist erkennbar«, sagt sie mit engagierter Selbstermutigung.
    Das Streben nach Anerkennung, das seit ihrer Kindheit tief in ihr steckt, sie in der ersten Zeit nach dem Bruch zur Teilnahme an »Dancing Stars« und bis an die Grenze der eigenen Scham geführt hat, hat sie hinter sich. Kürzlich zitierte ein Fremder, den sie beim Joggen traf, Epikur: »Lebe im Verborgenen«. Und diesmal fühlt sie sich gut beraten. Sie ahnt, dass es kein gefeiertes Comeback auf den roten Teppichen geben wird, wie es so manchen nach gravierenden Vergehen gelingt. Aber sie weiß auch, dass ihre Bücher nicht schlechter geworden sind. Ob das den Fall leichter macht oder schwerer, darüber mag sie nicht nachdenken. Vielleicht hat auch jedes Lebensgefühl seine Zeit und damit auch seine Heldinnen. Dass ihre Kinder immer wieder mal ihre Bücher aus den hinteren Regalreihen der Buchhandlung nach vorne rücken, rührt sie. Lesungen vor dreißig Frauen sind ihr erst mal peinlich. Sie entschuldigt sich bei den treuesten Anhängerinnen dafür, dass so wenige gekommen sind. Und dann wird es doch immer ein lustiger Abend.
    Sie wirkt zufrieden mit sich und ihren vier gutgeratenen Kindern, »das Einzige, worauf ich wirklich stolz bin«. Morgen kommt ihr Mann heim, nach viereinhalb Monaten auf See.
    Und kürzlich war sie bei ihrer Mutter, die bat sie etwas für sie zu singen. »Du hast doch eine so schöne Stimme.«
    Ob sie dieser Satz glücklich gemacht hat, so oder so ähnlich, wie die Minute auf der erfolgsumrankten Rolltreppe? Vielleicht. Vielleicht sogar auf eine verlässlichere Weise, weil er das Innerste meint, ihre ureigene Begabung.

    Er hatte diesen Pass abertausende Male geübt. Und einmal in Perfektion gespielt. Thomas Hitzlsperger auf Philipp Lahm. Das 3:2 gegen die Türkei in der letzten Minute des Europameisterschafts-Halbfinales 2008. Ein Spiel, das Sportreporter mit leichtsinnigem Pathos noch Jahre danach als »denkwürdige Schlacht« adeln. Der krönende Moment einer Fußballerlaufbahn.
    Gerade ist wieder Europameisterschaft, die Euphorie der Menschen ist verlässlich an den deutschlanddekorierten Autos und überfüllten Public-Viewing-Plätzen abzulesen. Thomas Hitzlsperger ist nicht im EM-Fieber. Er hat Knieschmerzen. Nein, er denkt nicht oft daran, dass er 2008 noch mittendrin gewesen ist. Und 2006, als sich die ganze Nation an den Sommermärchenhelden berauschte. Teil eines Märchens zu sein, das allein teilt sich dem Selbstwertgefühl kaum mit. Und da waren ja auch immer »Poldi und Schweini für die ganz große Welle«. Aber 2008, da ist er Stammspieler gewesen, wichtig für das Team, nicht nur für den Teamgeist, sondern auf dem Platz, für das Ergebnis.
    »Dieser Pass«, sagt er mit strahlenden Augen, »der ganze Spielzug, das war alles so, wie der Trainer es immer wieder gefordert hat. Und dann macht der Philipp den auch noch rein, in der letzten Minute, das war der Wahnsinn«. Sein genialster Ball, gespielt vor den Augen von Millionen Zuschauern, da legt er für Sekunden seine Vorsicht ab und gerät über sich selbst ins Schwärmen. Seine beste Zeit sei das gewesen. »Da war ich einfach gut«.
    Der Philipp hat jetzt auch wieder ein wichtiges Tor geschossen, das hat Thomas Hitzlsperger mitbekommen. Wer den Pass gespielt hat? Daran erinnert er sich nicht. Er war im Urlaub, in Kalifornien, und hat das erste EM-Spiel seiner ehemaligen Mitspieler verpasst. Die anderen Auftritte hat er mehr oder weniger aufmerksam verfolgt, je nachdem, was er »auf dem Zettel hatte«. Das muss man verstehen, versucht er sich sofort zu rechtfertigen, seine eigene Situation beschäftige ihn gerade so sehr, dass es ihm schwerfällt, auf die Kollegen zu schauen. Es ist viel passiert in diesen Jahren, seit er den Meisterschaftsschuss geschossen und den perfekten Pass gespielt hat. Zu viel, um weiterhin zu glauben, »alles sei nur wunderbar in diesem Leben als Fußballprofi«.
    Thomas Hitzlsperger gilt als einer der »etwas anderen Fußballprofis«, was auch immer das sein mag. Er jedenfalls ist ein

Weitere Kostenlose Bücher