Macht Musik schlau?
interferiert. Wenn leistungssteigernde Effekte von Hintergrundmusik berichtet werden, hören die Testpersonen in der Regel angenehme und beruhigende Musik. Ein besonders starker leistungssteigernder Effekt von klassischer Musik im Allgemeinen oder von Barockmusik im Speziellen konnte bislang nicht zweifelsfrei objektiviert werden. Dies liegt vor allem daran, dass die unterschiedlichen Musikgenres nicht in vielen Untersuchungen miteinander verglichen wurden. Meistens kamen zwei oder drei Versuchsbedingungen zur Anwendung, in denen klassische Musik gegen eine Kontrollbedingung getestet wurde. Allerdings ist auch aus logischen Gründen eher anzuzweifeln, dass etwas Besonders mit klassischer Musik oder gar Barockmusik verbunden sei. Aber darauf werde ich im Detail noch zu sprechen kommen. Insgesamt zeigte sichaber, dass angenehme und beruhigende Musik (gleich welchen Genres) durchaus fördernde Effekte auf folgende Funktionsbereiche ausübte:
â Â Â Â allgemeine Intelligenz
â    universitäre Prüfungsleistungen
â Â Â Â Rechenleistungen
â    Leseverständnis
â Â Â Â Vokabellernen
â    räumliche Wahrnehmungsleistungen.
Diese fördernden Effekte hängen allerdings von einer Reihe von Randbedingungen ab. Eine repräsentative Studie der britischen Psychologin Susan Hallam und ihrer Kollegen belegt, dass Kinder im Primarschulalter bessere Gedächtnisleistungen erbringen, wenn sie beruhigende Musik hören. Die Gedächtnisleistungen nahmen allerdings rapide ab, wenn die Hintergrundmusik unangenehm und aggressiv war (Hallam, Price und Katsarou, 2002). Bei Erwachsenen sind die fördernden Effekte auf allgemeine Lern- und Gedächtnisleistungen demgegenüber bemerkenswert gering oder einfach gar nicht vorhanden. Dies konnte für Lern- und Gedächtnisversuche gezeigt werden, in denen Musik vor dem Lernen, während des Lernens und beim Gedächtnisabruf präsentiert wurde (Hirokawa, 2004; Belsham und Harman, 1977; Boyle und Coltheart, 1996; Crawford und Strapp, 1994; Furnham und Allas, 1999; Sousou, 1997; Nittono, 1997; Fogelson, 1973; Tucker und Bushman, 1991). Die in diesen Untersuchungen zutage geförderten Ergebnisse sind sehr widersprüchlich. Manchmal werden fördernde Einflüsse auf einen Leistungsbereich (z.B. Rechnen) berichtet, aber störende auf eine anderen (z.B. Lesen). In einigen Untersuchungen werden Unterschiede zwischen Männern und Frauen oder im Hinblick auf musikalische Bildung thematisiert. Schon früh berichteten die amerikanischen Wissenschaftler Wolf und Wejner (1972), dass der Einfluss des passiven Musikhörens auf verschiedene Leistungen auch davon abhängt, wie häufig die Testpersonen unter Musikbeschallung lernen. So haben die beiden Wissenschaftler herausgefunden, dass Collegestudenten, die daran gewöhnt waren, während des Lernens Rockmusik zu hören, Mathematikaufgaben scheinbar ungestört durch die Hintergrundmusik lösen. Sie zeigen gelegentlich sogar bessere Leistungen beim Lösen von Mathematikaufgaben.Ãhnliche Befunde konnten andere Wissenschaftler im Zusammenhang mit Leseleistungen (z.B. Lesesinnverständnis) feststellen (Etaugh und Michals, 1975; Etaugh und Ptasnik, 1985).
Die meisten der bislang zu diesem Thema publizierten Untersuchungen konnten keinen nennenswerten fördernden Einfluss des passiven Hörens von Hintergrundmusik auf Rechen- und Leseleistungen feststellen (Etaugh und Michals, 1975; Etaugh und Ptasnik, 1985). Im Hinblick auf Gedächtnis- und Lernleistungen sind fördernde Effekte des passiven Musikhörens (klassische Musik oder Popmusik) bei Erwachsenen eher gering und nehmen insbesondere dann ab, wenn die vorgespielte Musik verbale Anteile aufweist (z.B. Vokalmusik, die man versteht). Dann scheint die Hintergrundmusik offenbar mit anderen psychischen Funktionen zu konkurrieren (Aufmerksamkeit oder Arbeitsgedächtnis) (Boyle und Coltheart, 1996).
Dass Hintergrundmusik nicht nur fördernde Effekte auf andere psychische Leistungen ausüben kann, ist eigentlich auf der Basis der experimentellen kognitiven Psychologie einsichtig. Wenn eine Person eine bestimmte Tätigkeit ausübt (z.B. Lernen) und gleichzeitig in eine andere Tätigkeit eingebunden ist (z.B. Musikhören), dann vollführt diese Person eigentlich eine
Doppeltätigkeit
. Sie muss zwei Prozesse gleichzeitig kontrollieren, auch wenn
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