Macht Musik schlau?
Stunden lang quasi ohne Unterbrechung Klavier spielte (er spielte Erik Saties
Vexations
). Die Autoren konnten zeigen, dass der Pianist während des Spielens in verschiedene Bewusstseinszustände von Wachheit, Trance und Müdigkeit verfiel. Diese Bewusstseinszustände waren mit bestimmten Hirnaktivierungsmustern gekoppelt. Während des Trancezustandes nahm die Energie im unteren Alpha-Frequenzbereich (8â10 Hz) insbesondere über der linksseitigen Hemisphäre zu. Interessant war, dass die motorische Leistung (gemessen anhand der zeitlichen Stabilität der Tastendrucke) in den drei unterschiedlichen Bewusstseinszuständen praktisch identisch war. Mit anderen Worten: Die motorische Leistungsfähigkeit bleibt in der Trance und damit beim Flow stabil und wird nicht schlechter.
Es sind bislang sehr wenige Studien publiziert worden, in denen die eher kreativen Aspekte des Musizierens hirnphysiologisch bzw. neuropsychologisch untersucht wurden. Unter dem Begriff Kreativität verstehen wir die Fähigkeit zu schöpferischem Denken und Handeln. Das Wesen der Kreativität ist allerdings, dass etwas Neues und Sinnvolles erschaffen wird. Viele Musiker lieben es, gelernte Musikstücke spontan abzuändern und ihnen damit unerwartete und damit reizvolle «Noten» zu verleihen. Auch das Komponieren ist ein typischer kreativer Akt, in dem ein Komponist etwas Neues und Sinnvolles erschafft. Kreativität ist nicht nur in der Musik von herausragender Bedeutung, eigentlich ist Kreativität in vielen Lebensbereichen von groÃer Bedeutung. Wir wünschen uns insbesondere von Künstlern, dass sie kreativ sind, aber auch Führungskräfte und Wissenschaftler sollten nach unserer Vorstellung eigentlich kreativ sein. Stellen Sie sich vor, eine berühmte Universität wolle einen neuen Psychologie-Professor berufen. Ein wichtiges Ziel der Universität sei es, die wissenschaftliche Reputation des Faches Psychologie zu mehren und damit auch das Ansehen der Universität zu steigern.Es würden drei Bewerber in der engeren Auswahl stehen, deren besondere Begabungen knapp wie folgt zu beschreiben wären:
â    Bewerber 1 hat ein gutes Gedächtnis und kann schnell lernen.
â Â Â Â Bewerber 2 kann gut mit Menschen umgehen.
â    Bewerber 3 ist kreativ und bekannt dafür, neue Wege zu gehen.
Sicherlich hängt die Entscheidung von vielen Randbedingungen ab, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Bewerber 3 in diesem Fall die besten Chancen hätte. Trotz der Tatsache, dass Kreativität offenbar für unser Gesellschaftssystem so wichtig zu sein scheint, existieren bemerkenswert wenige wissenschaftliche Studien zu diesem Thema. Eigentlich ist dieser Mangel an wissenschaftlichen Untersuchungen dieses Phänomens unverständlich, denn letztlich beruht ein groÃer Teil unseres wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfolges eben auf Kreativität. Bezogen auf Kreativität auÃerhalb der Musik, zum Beispiel im Zusammenhang von kreativen Problemlöseprozessen, sind bislang einige wenige neuropsychologische Arbeiten publiziert worden. In Bezug auf die Musik ist die wissenschaftliche «Ertragslage» noch wesentlich dünner. Kürzlich hat eine schwedische Arbeitsgruppe um Frederik Ullén eine erste interessante Arbeit über die Improvisation während des Musizierens veröffentlicht (Bengtsson, CsÃkszentmihályi und Ullén, 2007). (Wir werden dieser Arbeitsgruppe in Kapitel 10 im Zusammenhang mit der Hirnplastizität wieder begegnen.) In dieser Studie mussten Pianisten im MR-Scanner liegend bestimmte Musiksequenzen auf einem speziell angefertigten Piano spielen. Einmal mussten sie eine auf dem Bildschirm in Notenschrift präsentierte Melodie perfekt nachspielen, ein anderes Mal waren die Versuchspersonen angehalten, anhand der präsentierten Noten improvisierte und veränderte Musiksequenzen quasi nach «Lust und Laune» zu spielen. In einer anderen Versuchsbedingung waren die Versuchspersonen angehalten, ohne visuelle Vorlage zu improvisieren. Während dieser Tätigkeiten haben die Wissenschaftler die Hirndurchblutung mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie gemessen. Das Ergebnis dieser Studie war, dass vier Hirngebiete während des Improvisierens besonders stark durchblutet waren:
1.   der rechtsseitige dorsale Präfrontalkortex: dPFC
2.   das
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