Macht Musik schlau?
prä-supplemantärmotorische Areal: pre-SMA
3. der rostrale Teil des Prämotorkortex: rPMC
4.   der linksseitige posteriore Gyrus temporalis superior: pGTS.
Bei der Interpretation derartiger bildgebender Studien ist immer zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse aus Subtraktionstechniken gewonnen worden sind. Das bedeutet, dass man immer nur die zusätzlich oder stärker aktivierten Hirngebiete im Vergleich zu einer Kontrollbedingung erhält. In dieser Studie wurde als Kontrollbedingung das korrekte Nachspielen eines Musikstücks nach den auf dem Bildschirm präsentierten Noten verwendet. Nun, was bedeuten diese Befunde? Sind dies die Hirngebiete, welche für Kreativität im Allgemeinen oder für die Kreativität musikalischer Improvisation im Speziellen verantwortlich sind? Natürlich nicht. Die Sache ist etwas komplizierter. Wahrscheinlich ist Kreativität eher im Sinne eines Netzwerkmodells zu verstehen. Hierzu muss ich ein wenig weiter ausholen.
Noch in den 1970er-Jahren wurde die Kreativität eher mit der funktionellen Hemisphärenasymmetrie in Zusammenhang gebracht. Grob schrieb man der rechten Hemisphäre eher die kreativen und der linken die logischen Fähigkeiten zu. Im Wesentlichen war dieser Erklärungsansatz dem «ewigen» Gegensatz zwischen Musik und Sprache (s. hierzu Kap. 11 ) verpflichtet. Sprache wurde als logisch gesteuert betrachtet, während Musik eher der Kunst und Kreativität zugeordnet wurde. Allerdings existieren ja nicht unerheblich viele Zeugnisse von kreativen Schreibern, die offenbar in besonderer Art und Weise ihre linksseitig lokalisierten Sprachzentren einsetzen. Tatsächlich werde ich mich im Folgenden von diesem traditionellen und meines Erachtens veralteten Modell entfernen. Wahrscheinlich ist das Zusammenspiel dreier Hirnsysteme für die Auslösung und Kontrolle verschiedener kreativer Akte verantwortlich. Dazu gehören das limbische System, groÃe Teile des Stirnhirns und schlieÃlich der Schläfenlappen. Das limbische System liefert sozusagen den «Treibstoff» und den Antrieb für unsere Handlungen und die Kreativität. Dieses System ist besonders stark aktiv, wenn man Psychostimulanzien (Amphetamin und Ritalin) oder Medikamente zu sich genommen hat, die das Katecholaminsystem und insbesondere die Ausschüttung des Botenstoffes Dopamin fördern. Auch unter psychotischen Zuständen, die häufig durch eine Ãberaktivität des katecholaminergen Systems zu Stande kommen, ist das limbische System besonders aktiv. Immer wenn das limbische System besonders aktiv wird,können so etwas wie «Ãberproduktivität», «Ãbererregung» und Halluzinationen beobachtet werden. Wichtig ist hierbei, das diese Phänomene nicht zwangsläufig auch mit guten oder sogar auÃerordentlichen Leistungen einhergehen. Eigentlich kann man eher das Gegenteil beobachten; mit Zunahme dieser «Erregung» nimmt häufig die Leistung bei der gerade durchgeführten Aufgabe ab. Es sei denn die beiden anderen Hirnsysteme (das Stirnhirn und der Schläfenlappen) greifen kontrollierend ein und können durch ein kompliziertes und ausgewogenes System von Hemmung und Erregung die Energie des limbischen Systems kanalisieren. Hierbei ist das Stirnhirn wahrscheinlich eher der kontrollierende und einschränkende Hirnbereich. Ãber das Stirnhirn werden hemmende Impulse zum limbischen System geleitet, welche die dort entstehenden Erregungen kontrollieren und gegebenenfalls einschränken können. Zu starke Aktivierung des Stirnhirns kann die Erregungen des limbischen Systems derart stark einschränken, dass Depressionen, Ãngste und Zwänge entstehen können. Schwere Läsionen im Stirnhirn können hingegen dazu führen, dass diese Erregungen aus dem limbischen System nicht mehr beherrscht werden, so dass sie sich mit ihren negativen und gelegentlich auch positiven Konsequenzen frei entfalten können. Der Schläfenlappen ist wahrscheinlich der Informationsspeicher für viele konventionell erworbene Informationen. Typische Beispiele sind sprachliche und/oder musikalische Informationen. Ist der Schläfenlappen überaktiv, z.B. bei einem epileptischen Anfall, dessen Fokus im Schläfenlappen liegt, dann kann man häufig eine Reihe von interessanten Phänomenen beobachten. Hierzu gehört z.B. auch der Zwang, viel zu schreiben (Hypergraphie), es können auditorische
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