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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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Es gibt jedoch auch linksseitige Hirngebiete, die beim Lernen von musikalischen Informationen stärker eingebunden sind. Ein Beispiel ist der linksseitige Gyrus supramarginalis, der offenbar sehr intensiv am Lernen und Abrufen von Tönen beteiligt ist (Vines, Schnider und Schlaug, 2006; Gaab, Gaser und Schlaug, 2006).
    9.4
    Aufmerksamkeit
    Musikinstrumente zu bedienen ist wie bereits erwähnt eine anspruchsvolle Aufgabe, die neben der motorischen Geschicklichkeit und vielen Gedächtnisfunktionen auch ein erhebliches Ausmaß an Konzentration erfordert. Der Musizierende muss während des Spiels Außenreize ausblenden und sich ganz dem Spiel widmen. Während des Spiels muss der Musiker eine möglichst große Distanz zur Außenwelt schaffen, damit er sich dem Spiel widmen kann. Wir haben in Kapitel 5 bereits das Konzept der «begrenzten Ressourcen» dargestellt. Dieses in der kognitiven Psychologie begründete Konzept besagt, dass wir mit wachsender Aufgabenanforderung mehr kognitive Kontrollressourcen aufwenden müssen. Wenn wir mehrere Aufgaben gleichzeitig durchführen müssen, bedeutetdies, dass wir uns eigentlich entscheiden müssen, entweder beide Aufgaben gleichmäßig mit Kontrollressourcen zu versorgen, oder uns auf eine Aufgabe vermehrt zu konzentrieren. Konzentrieren wir uns auf eine Aufgabe, wird diese Aufgabe optimaler bearbeitet, als wenn wir beide Aufgaben gleichzeitig mit weniger Kontrollressourcen bearbeiten. Das Verteilen der Aufmerksamkeitsressourcen ist ein schwieriger Prozess, der uns nicht immer, und manchen Menschen nie wirklich gelingt. Die Kontrollressourcen effizient zwischen den Aufgaben zu verteilen oder nur auf eine Aufgabe zu lenken, erfordert viel Übung, «Kraft» und insbesondere Selbstdisziplin. Dies wird uns bewusst, wenn wir zwei attraktive Aufgaben angeboten bekommen. Für welche sollen wir uns dann entscheiden? Vielleicht denken wir, mit einer Aufgabe zu beginnen und die andere quasi «links liegen» zu lassen. Nach kurzer Zeit der Bearbeitung der gewählten Aufgabe nimmt die Attraktivität dieser Aufgabe ab, und wir wenden uns dann der anderen, jetzt vermeintlich attraktiveren Aufgabe zu. Schwieriger wird die Entscheidung, wenn die Wahl zwischen zwei offensichtlich extrem unterschiedlich attraktiven Aufgaben getroffen werden muss. Typische Beispiele wären die Wahl zwischen fernsehen und Schularbeiten machen, am Computer spielen und musizieren, und essen oder nicht essen. Dies sind typische Szenarien, die wir alle mehr oder weniger ähnlich im Alltag erleben. 53 Die Konzentration auf eine Aufgabe, sie bis zum Ende durchzuführen und nicht den vermeintlichen «Verlockungen» anderer «Aufgaben» zu erliegen, ist ein wirklich schwieriges Unterfangen, dass viel Übung erfordert. Diese Entscheidungsprozesse werden von verschiedenen Hirnstrukturen kontrolliert, die im Stirnhirn, aber auch im Schläfenlappen lokalisiert sind. Im Stirnhirn sind dies Hirngebiete, in denen Gefühle mit gespeicherten Informationen in Verbindung gebracht werden (Orbitofrontalkortex und ventraler Präfrontalkortex). Eine weitere wichtige Kontrollstruktur ist das vordere Cingulum (Pars anterior des Cingulums). Diese Hirnstruktur erstreckt sich klammerartig in der Mittellinie von vorne nach hinten und ist quasi ein Bindeglied zwischen den kognitiven Schaltzentralen und den emotionalen Hirnzentren. Wenn wir Entscheidungen getroffenhaben, dann müssen wir unsere Aufmerksamkeit auf die entsprechende Aufgabe – in diesem Fall das Musizieren – lenken.
    Die dann aktiv werdenden Hirngebiete sind das rechtsseitige Stirnhirn und der Scheitellappen. Diese Darstellung soll deutlich machen, dass diese Funktionen übergeordnete psychische Funktionen sind, die nicht nur für das Musizieren von höchster Relevanz sind, sondern praktisch auch für alle komplexen menschlichen Tätigkeiten eine große Bedeutung haben. Insofern scheint es mir durchaus plausibel zu sein, dass diese Mechanismen beim Musizieren quasi trainiert werden und dann auch für andere Aufgaben genutzt werden können.
    9.5
    Musizieren – Kreativität
    Leider sind bislang sehr wenige Studien über die Hirnaktivität von musizierenden und insbesondere improvisierenden Personen publiziert worden. Es gibt einige wenige Arbeiten, in denen Musiker und Nichtmusiker im Magnetresonanztomographen liegend Reaktionstasten oder nachgebaute Holzklaviere

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