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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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schleichend eine Demenz auszubreiten begann, die man mit den zur Verfügung stehenden Methoden gar nicht erkennen konnte. Dies könnte dann dazu geführt haben, dass diese so betroffenen Personen einfach «träger» wurdenund sich deshalb weniger den anspruchsvollen Freizeitaktivitäten zuwandten. Die Autoren thematisieren dieses Problem und berichten auch, wie sie versucht haben, dieser Kritik entgegenzutreten. Da bekannt ist, dass sich Demenzen von einer unauffälligen präklinischen Phase während rund sieben Jahren zu einer Demenz entwickeln, haben die Autoren sieben Jahre nach der Erstuntersuchung die Personen sorgfältig auf Demenzen überprüft und jene aus der Untersuchung ausgeschlossen, die sie als dement diagnostiziert haben. Es kann daher mit großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung Personen untersucht wurden, die schon an einer sich schleichend ausbreitenden Demenz litten. Ferner haben die Autoren die Daten auch im Hinblick auf die kognitiven Ausgangswerte «bereinigt». Das heißt, sie haben die kognitive Leistungsfähigkeit am Beginn der Untersuchung gemessen und die Unterschiede im Hinblick auf diese Kennwerte aus den Daten «herausgerechnet». Diese statistische Bearbeitung führt dazu, dass praktisch alle Versuchsperson am Beginn der Untersuchung mit den gleichen kognitiven Leistungswerten «starten». Interessanterweise bleibt aber auch nach diesen «Bereinigungen» der Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der anspruchsvollen Freizeitaktivitäten und dem späteren Demenz-Risiko bestehen. Deshalb können wir die Ergebnisse dieser Studie durchaus so interpretieren, das diese Freizeitaktivitäten zumindest einen günstigen Einfluss auf das spätere Demenz-Risiko ausüben.
    Diese Studie birgt viele interessante Teilaspekte in sich. Bemerkenswert ist, dass musikalische Betätigung offenbar einen positiven Effekt auf die kognitiven Leistungsfähigkeiten im Alter ausübt. Neben der musikalischen Betätigung offenbarten das Tanzen und Brettspielen besondere «Schutzwirkungen» gegen Demenz. Die einzige Erklärung, die mir in diesem Zusammenhang plausibel erscheint, ist, dass Menschen, die musizieren und tanzen, kognitiv aktiv bleiben müssen. Jene, die ein Instrument spielen, müssen sich während des Spielens konzentrieren; das heißt sie müssen sich auf ihr Spiel konzentrieren und sich vom Alltag «entfernen». Damit trainieren sie ihre Aufmerksamkeitssteuerung und lenken sich zudem noch von vielleicht unangenehmen und belastenden Gedanken des Alltags ab. Beim Spiel wird auch das Gedächtnis im Allgemeinen und das Musikgedächtnis im Speziellen beansprucht. Das jeweilige Musikstück muss aus dem Gedächtnis abgerufen und dem motorischen System zugeführt werden. Spielen sie in einem Orchester, dann müssen sie sich auf die Mitspieler einstellen und sich mit ihnensynchronisieren. Das erfordert die Wahrnehmung des selbst gespielten Musikstückes und das Erkennen dessen, was die Mitspieler spielen. Diese Wahrnehmungsströme müssen zunächst einmal auseinandergehalten werden, da man ja wissen muss, was man selbst gespielt hat, weil man ja nur sein eigenes Spiel wirklich beeinflussen kann. Allerdings muss man auch erkennen, was und wie der Mitspieler spielt, um sich auf ihn einzustellen. Möglicherweise muss man dann sein eigenes Spieltempo oder die Lautstärke anpassen. Gelegentlich werden sie auch neue Musikstücke einüben. Das erfordert, dass sie sich aufmerksam dem zu lernenden Stoff zuwenden und die neuen Informationen ihrem Gedächtnissystem zuführen. Beim Lernen müssen die neuen Informationen an das bereits Gespeicherte angebunden werden und neue Assoziationen geknüpft werden. Auch beim Tanzen wird auf ähnliche psychische Funktionen zurückgegriffen. Man muss die Schritte aus dem Gedächtnis abrufen und sie motorisch umsetzen. Das bedeutet, dass das gesamte Musikgedächtnis, das ja eine komplexe Abrufstruktur aufweist (s. Kap. 4.2 ) aktiviert werden muss. Beim Tanzen ist auch von elementarer Bedeutung, dass man sich auf den Partner einstellt und sich mit ihm und eventuell der Tanzgruppe synchronisiert. Beim Brettspiel müssen wechselnde Spielsituationen erkannt und analysiert werden. Dies erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und einen Rückgriff auf bereits gespeicherte Spielsituationen. Anhand der

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