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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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Erfahrungen, die man vielleicht in ähnlichen Situationen gemacht hat, müssen Strategien für das weitere Vorgehen ausgewählt werden. Insbesondere das strategische Denken erfordert Konzentration, Wissen und Geschick in der Vorhersage. Diese Freizeitaktivitäten setzen eine Reihe von kognitiven Funktionen voraus, die mehr oder weniger bewusst abgerufen und eingesetzt werden müssen. Dies erfordert ein Mindestmaß an kognitiver Kontrolle.
    Dies ist anders bei automatisierten Tätigkeiten, die wir im Übrigen im Alter bevorzugt ausführen. Automatisierte Tätigkeiten sind besonders gut gelernte Tätigkeiten, die wir ohne große kognitive Kontrolle ablaufen lassen können. In meinen Vorlesungen versuche ich dies meinen Studenten – vielleicht etwas zu plakativ – nahe zu bringen, indem ich ihnen sage, dass man hochgradig automatisierte Prozesse auch mit einer Flasche Tessiner
Merlot
noch gut meistern kann. Ein typisches Beispiel sind wahrscheinlich durchschnittlich schwere Kreuzworträtsel, wobei in der Regel häufig verwendete Wörter abgefragt werden. Ich hoffe die Redakteure der
Neuen Zürcher Zeitung
sind mir jetzt nicht böse. Ich bin mir schon bewusst, dass insbesondere die Rätsel der Wochenendausgabe recht schwierig zu lösensind. Solche Rätsel und auch einige moderne Sudoku-Varianten sind sicherlich nicht grundsätzlich mit automatisierten Prozeduren zu lösen. Aber viele, wenn nicht gar die meisten Kreuzworträtsel sind eigentlich eher mittels automatisierter Prozesse zu lösen. Dass in der
Bronx Aging Study
Kreuzworträtsellösen keine «Schutzwirkung» gegen Demenz entwickelte, mag wohl daran gelegen haben, dass die meisten Menschen (und damit auch die Teilnehmer der
Bronx Aging Study)
eher einfachere Kreuzworträtsel vorziehen. Aber warum haben gerade die musikbezogenen Tätigkeiten und das Brettspiel einen derart günstigen Zusammenhang mit den kognitiven Leistungen im fortgeschrittenen Alter?
    Die meisten meiner Kollegen gehen davon aus, dass diese Befunde mit der Theorie der «kognitiven Reserve» kompatibel sind (Stern, 2006). Diese Theorie besagt, dass Personen die über ein hohes Ausmaß an «kognitiver Reserve» verfügen, im Alter davon profitieren, indem Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit anfänglich gut kompensiert werden können und eigentlich auch nicht auffallen. Man muss sich das ungefähr folgendermaßen vorstellen: Bei Personen mit hoher «kognitiver Reserve» dauert es relativ lange, bis Einschränkungen im kognitiven Bereich auffällig werden. Nehmen wir einmal an, ein hochintelligenter Professor mit außergewöhnlicher Gedächtnisleistung würde im Alter unter kognitiven Abbauprozessen leiden. Der Abbauprozess würde bei ihm auf einem sehr hohen Niveau beginnen, was zur Folge hätte, dass es recht lange dauern würde, bis er derart beeinträchtigt wäre, dass er medizinische Hilfe suchen würde. Wahrscheinlich wäre er nicht mehr so leistungsfähig beim Lernen von neuen Informationen, aber er wäre seinen Alterskollegen (und auch vielen jüngeren Personen) immer noch haushoch überlegen. Nebenbei könnte er auch relativ lange eventuell auftretende kognitive Probleme elegant kompensieren. Bezogen auf die an der Verghese-Studie teilnehmenden Personen könnte man vermuten, dass sie durch die häufige Ausübung der kognitiv anspruchsvollen Freizeitaktivitäten viele kognitive Funktionen (Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Planung, Wahrnehmung und Entscheidungsfindung) «trainieren». Durch dieses Training werden diese Funktionen quasi vor der «Verkümmerung» gerettet. Weil sie einfach noch vorhanden und nutzbar sind, werden sie wahrscheinlich auch im Zusammenhang mit anderen Alltagstätigkeiten genutzt. Wahrscheinlich beansprucht diese Form des Trainings auch bestimmte Hirngebiete besonders ausgiebig, was möglicherweise wiederum eine Degeneration dieser Hirnstrukturen verhindert oder hinauszögert.
    Vor einigen Jahren haben Vanessa Sluming und Kollegen interessante Befunde zutage gefördert, die sehr gut zu der Verghese-Studie passen (Sluming et al., 2002). Sie haben 26 Profimusiker und 26 Nichtmusiker untersucht, die sich hinsichtlich allgemeiner Intelligenz und Alter glichen. Die Altersspanne der untersuchten Personen betrug 26 bis 66 Jahre und deckte somit einen breiten Altersbereich ab. Mittels

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