Macht Musik schlau?
Versuchsgruppen wurden gebildet. Eine Gruppe hörte die bekannte Mozart-Sonate, die andere Gruppe bekam das Adagio in g-Moll von Tomaso Albinoni zu hören. Die einzelnen Personen wurden per Zufall diesen Versuchsgruppen zugeordnet. Insofern ergab sich ein Versuchsplan mit einer Mozart- und Albinoni-Gruppe, die jeweils das ihnen zugeordnete Musikstück für 10 Minuten hörten und jeweils eine Ruhebedingung von 10 Minuten absolvierten. Nachjeder Versuchsbedingung (also nach dem Hören des jeweiligen Musikstückes oder nach der Ruhebedingung) mussten die Versuchspersonen den bereits bekannten und oben beschriebenen Papierfaltetest lösen. Insofern ähnelte dieser Versuch bis auf die Einführung einer weiteren Musikstimulationsbedingung den oben bereits beschriebenen Studien. Neu war allerdings, dass alle Versuchspersonen nach der Musikpräsentation anhand von Fragebogen ihre Stimmung zu bewerten hatten. Nach dem Hören der Musikstücke mussten sie noch ihre Freude bzw. den SpaÃ, den sie beim Hören der Musikstücke empfanden, bewerten. Zu erwähnen ist noch, dass die Wissenschaftler zwischen der Ruhe- und Musikbedingung jeweils ein Woche verstreichen lieÃen, um zu verhindern, dass sich zu schnell eine Gewöhnung einstellte.
Abbildung 8: Schematische Darstellung der Ergebnisse von Thompson und Kollegen. Man erkennt, dass die wenig erregende Musik des Adagios von Albinoni die Leistung im Papierfaltetest nicht positiv beeinflusst.
Abbildung 9: Detaillierte Ergebnisse der Studie von Thompson und Kollegen (2001). Dargestellt sind Kennwerte für den Papierfaltetest (PFT) sowie für Erregung, Stimmung und Freude. Nach oben abgetragene Balken indizieren eine Zunahme des jeweiligen Kennwertes. Nach unten abgetragene Kennwerte stehen für Abnahmen der jeweiligen Kennwerte. Man erkennt, dass beim Hören der Albinoni-Musik alle Kennwerte im Vergleich zur Ausgangsmessung abnehmen.
Die erzielten Befunde sind höchst interessant und könnten wesentlich für die Erklärung des Mozart-Effektes sein. Bei der ersten Auswertung ergab sich zunächst das klassische Bild, dass nach dem Hören der Mozart-Sonate im Vergleich zur Ruhebedingung bessere Leistungen in dem Papierfaltetest erbracht wurden. Neu war der Befund, dass nach dem Hören des Albinoni-Adagios die Leistung in diesem Test im Vergleich zur Ruhebedingung leicht abnahm. Interessant war auch, dass die Leistung der Versuchspersonen, die das Albinoni-Adagio hörten, im Vergleich zur Gruppe, welche die Mozart-Sonate hörten, deutlich niedriger ausfiel. Insofern schien der Mozart-Effekt also bestätigt. Eine genauere Analyse brachte allerdings zutage, dass dieser Effekt im Wesentlichen mit der nach dem Hören der Musikstücke vorherrschenden Stimmung und der damit verbundenen Erregung gekoppelt war. Während die Mozart-Gruppe konsistent angab, nach dem Hören der Mozart-Sonate subjektiv erregter und in gehobener Stimmung zu sein, vermeldete die Albinoni-Gruppe eine eher gedämpfte Stimmung mit niedriger subjektiv empfundener Erregung. Nachdem die Forscher den Einfluss der Stimmung und der Erregung statistisch aus den Leistungskennwerten im Papierfaltetest eliminiert hatten, konnte kein Leistungsunterschied mehr zwischen der Mozart- und Albinoni-Gruppe festgestellt werden. Insofern legt diese Untersuchung eindrücklich nahe, dass die Mozart-Sonate bei diesen Versuchspersonen deshalb bessere Leistungen im Papierfaltetest hervorrief, weil sie in einer angenehmen Stimmung waren und sich offenbar auch in einem optimaleren Erregungsbereich befanden.
Dass kognitive Leistungen vom aktuellen Erregungszustand und den gerade empfundenen Gefühlen und Emotionen abhängen, ist aus vielen psychologischen Experimenten bekannt. Die Zusammenhänge sindzwar nicht immer leicht nachzuvollziehen, aber man kann festhalten, dass bis zu einem bestimmten Grad der empfundenen Erregung die Leistungen in kognitiven Aufgaben zunehmen. Ãhnliches gilt auch für die gerade empfundenen Gefühle und Emotionen. Angenehme Emotionen sind bis zu einem bestimmten Grad mit besseren Leistungen in kognitiven Aufgaben verbunden. Allerdings soll dies nicht dazu verleiten, dass nur angenehme Emotionen (wir nennen diese auch positive Emotionen) mit besseren Leistungen verbunden sind. In manchen Bedingungen können auch negative Emotionen zu besseren Leistungen führen. Dies trifft insbesondere für Gedächtnisleistungen zu,
Weitere Kostenlose Bücher