Macht Musik schlau?
wo unangenehme Emotionen teilweise mit besseren Gedächtnisleistungen verbunden sind. Wie auch immer, der wichtige Befund der hier referierten Untersuchung ist der, dass der Mozart-Effekt auch durch die zugrunde liegenden Emotionen und subjektiv empfundenen Erregungen erklärt werden kann. Es muss also nicht zwingend ein kompliziertes Erregungsmodell des Gehirns (z.B. das Trionen-Modell) zu Rate gezogen werden, um den Effekt des Hörens der Mozart-Sonate auf kognitive Leistungen zu erklären. Wahrscheinlich haben die durch das Musikhören hervorgerufenen Emotionen und empfundenen Erregungen einen viel bedeutenderen Einfluss auf die nach dem Musikhören erbrachten Leistungen in kognitiven Tests. In diesem Zusammenhang wäre es von besonderem Interesse zu überprüfen, ob unterschiedliche Musikstücke (vor allem keine Mozart-Stücke) leistungssteigernde Effekte hervorrufen. Dies ist insbesondere deswegen von Interesse, da unterschiedliche Musikstücke bei unterschiedlichen Menschen unterschiedliche Empfindungen und Gefühle hervorrufen.
Gefühle und Stimmungen sind insbesondere beim Menschen von Vorerfahrungen abhängig. Im Zusammenhang mit der Bewertung von Musik muss man festhalten, dass die meisten Menschen Musikstücke unterschiedlich bewerten. Dies wird im Allgemeinen unter dem Begriff Musikgeschmack subsumiert. Hat der Musikgeschmack einen Einfluss auf den Mozart-Effekt? Dieser Frage ging die kanadische Forschergruppe um Schellenberg nach (Nantais und Schellenberg, 1999). Sie untersuchten 84 Studenten im Rahmen von zwei Experimenten (56 für Experiment 1 und 28 für Experiment 2). In beiden Experimenten wurden den Versuchspersonen zwei Musikstücke für 10 Minuten vorgespielt. Das eine Musikstück war die Mozart-Sonate KV 448, und als zweites Musikstück wählten die Autoren die ersten zehn Minuten von Schuberts Fantasie für Klavier zu vier Händen (f-Moll, op. 103, D 940)(vgl. Abb. 10 ). Die beiden Experimente unterschieden sich im Hinblick auf die gewählten Kontrollbedingungen. In Experiment 1 saÃen die Versuchspersonen während zehn Minuten in völliger Ruhe, während sie im Experiment 2 während zehn Minuten einer Kurzgeschichte zuhörten (Stephen King: The Last Rung on the Ladder; dt.: Die letzte Sprosse). Die Textpassage wurde gewählt, da die Autoren davon ausgingen, dass sie ähnlich stimulierend und leicht erregend wirken würde, wie das Hören der Mozart-Sonate. Nach den Musikpräsentationen und der Präsentation der Textpassage waren die Versuchspersonen angehalten, eine Computerversion des Papierfaltetests zu bearbeiten. Die Leistungen in den Papierfaltetests sind nach dem Hören der Musikstücke deutlich besser als nach den Ruhebedingungen. Insofern wurde das gleiche Ergebnis wie in den ursprünglichen Arbeiten von Rauscher und Kollegen erzielt. Allerdings trat ein leistungssteigernder Effekt nicht nur nach dem Hören der Mozart-Musik, sondern auch nach dem Hören der Schubert-Musik auf. Insofern könnte man nicht nur von einem Mozart-Effekt, sondern auch von einem Schubert-Effekt sprechen. Interessant und wesentlichfür die Interpretation des Mozart-Effektes ist der Befund, wonach kein Unterschied zwischen den Leistungen im Papierfaltetest nach dem Hören der Mozart-Musik und dem Hören der Textpassage auftrat. Dies bedeutet, dass der Mozart-Effekt nicht vorhanden ist, wenn eine nichtmusikalische Kontrollbedingung eingeführt wird, die ähnlich anregend wie die Mozart-Musik ist. Im zweiten Experiment wurden die Testpersonen befragt, welche der Bedingungen sie als interessanter empfanden und welche Bedingung sie vorziehen würden. Dreizehn Versuchspersonen bevorzugten die Mozart-Musik und 15 die akustisch präsentierte Geschichte. Diese Präferenzen beeinflussen die Leistungen in den Papierfaltetests nach den Stimulationsbedingungen. Diejenigen, welche die Mozart-Musik bevorzugten, erbrachten besonders gute Leistungen nach dem Hören der Mozart-Musik, während jene, welche die Textpassage bevorzugten, bessere Leistungen nach dem Hören der Textpassage erbrachten. Insofern muss man davon ausgehen, dass die Einstellung zum Gehörten und die damit verbundene Bewertung wesentlich die Leistung in den räumlichen Funktionstests bestimmt. Kurz gesagt: Hört man während etwa zehn Minuten etwas leicht Anregendes, das einem gefällt, dann erbringt man in Leistungstests, welche
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