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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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gesprochenen Textes trat ein völlig anderes kortikales Erregungsmuster als beim Hören der Mozart-Sonate auf. Um dieses Aktivitätsmuster zu verstehen, sind noch einige zusätzliche Informationen notwendig, die ich im Folgenden näher erläutern möchte.
    Wie oben bereits angedeutet, misst man mittels des EEGs kleinste elektrische Aktivitäten des menschlichen Gehirns. Diese Aktivitäten zeigen sich als Schwingungen (Oszillationen), also als mehr oder weniger regelmäßige Veränderungen der elektrischen Aktivität. Diese Aktivitätsveränderungen des EEGs werden in verschiedene Frequenzbereiche eingeteilt. Der bekannteste Frequenzbereich ist die Alpha-Frequenz mit einer Schwingung der elektrischen Aktivität im Frequenzbereich von 8–12 Hz. Da die typischen EEG-Frequenzen durch untere und obere Frequenzbereiche bestimmt werden, spricht man auch von Frequenzbändern. Andere häufig gemessene Frequenzbereiche sind das Theta-Band(4–7 Hz) oder das Beta-Band (13–30 Hz). Die Autoren haben diese Frequenzbereiche getrennt gemessen und bestimmt, ob und in welchen Hirngebieten miteinander assoziierte EEG-Aktivitäten vorliegen. Hierbei zeigte sich, dass im rechtsseitigen Stirnhirn (Frontalkortex), sowie im rechtsseitigen Scheitel- und Schläfenlappen (Parietal- und Temporalkortex) ähnliche EEG-Oszillationen vorlagen. Diese Kopplungen (statistisch ausgedrückt als Korrelationen oder Kohärenzen) traten bei den drei Versuchspersonen während des Hörens der Mozart-Sonate auf und blieben einige Minuten bestehen. Die Autoren vermuten, dass dieses durch das Hören der Mozart-Sonate ausgelöste und bestehend bleibende kortikale Aktivierungsmuster die Ursache für die besseren Leistungen in den Tests zur Messung räumlicher Funktionen sei. Interessant ist, dass beim Hören des gesprochenen Textes eher linksseitige Hirngebiete gekoppelt aktiv waren, jedoch keine Hirngebiete, die in die Verarbeitung räumlicher Funktionen eingebunden sind. Mit anderen Worten: Bei einigen Versuchspersonen wurde durch das Hören der Mozart-Musik ein Hirnaktivierungsmuster evoziert, das für einige Minuten Bestand hatte. Insofern bestätigt dieser Befund die Vermutung, dass durch Hören der Mozart-Musik dem Gehirn ein bestimmtes Hirnaktivierungsmuster quasi «aufgezwungen» wird. Ob dieses Hirnaktivierungsmuster aber kausal für bessere visuell-räumliche Leistungen verantwortlich ist, wird allerdings durch diese Arbeit nicht bestätigt.
    Im Rahmen einer neueren EEG-Studie (Jausovec und Habe, 2003) wurden einige methodische Weiterentwicklungen eingeführt, um die oben skizzierten Befunde zu erweitern bzw. zu überprüfen. Als wesentliche Neuerung kamen kurze fragmentartige Präsentationen unterschiedlicher Musikstücke zur Anwendung. Das heißt es wurden nicht längere Passagen präsentiert, sondern immer nur kurze Ausschnitte. Dadurch wird eine konzentriertere Hirnaktivierung hervorgerufen, die im Wesentlichen durch das Hören der Musikstücke verursacht wird. Bei längeren Musikpassagen nimmt die Wahrscheinlichkeit für Ablenkungen zu, so dass nicht immer sicher ist, ob die gemessenen Hirnaktivierungen immer auf die dargebotene Musik zurückzuführen sind. Die Auswahl der Musikstücke orientierte sich einerseits an den älteren Untersuchungen aber auch daran, dass sie sich im Hinblick auf ihre Komplexität, das musikalische Tempo und die induzierte Stimmung unterschieden. Ausgewählt wurden die bereits bekannte Mozart-Sonate KV 448, Johannes Brahms’ «Ungarischer Tanz» Nr. 5 und eine vereinfachte Version eines Themas aus Haydns Sinfonie Nr. 94. Es zeigte sich, dass während der Präsentationdieser Musikstücke in bestimmten Hirngebieten identische aber in anderen Hirngebieten auch unterschiedliche Aktivierungen zu messen waren. Auffällig und für die weitere Betrachtung interessant war der Befund, dass während des Hörens der Mozart-Sonate (aber nicht bei anderen Musikstücken) in einem ganz bestimmten EEG-Frequenzbereich ein stärkerer Aktivitätsabfall zu messen war (s. Abb. 7 ). Der Frequenzbereich,für den dieser Aktivitätsabfall gemessen werden konnte, ist das so genannte untere Alphaband (untere Alpha-Frequenz von 8–10 Hz). Ein solcher Aktivitätsabfall ist insbesondere dann zu messen, wenn das Gehirn besonders stark in Aufmerksamkeitsprozesse eingebunden ist. Insofern

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