Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
Vom Netzwerk:
als Streber betrachten und ihnen gegenüber negativ eingestellt sind? Dies könnten dann die «Musikschüler» merken und in ihre Bewertungen einfließen lassen. Wie auch immer: Wir wissen es nicht, aber spekulieren kann man anhand dieser Daten in alle Richtungen. Auch weitergehende Analysen belegen keine überzeugenden Verbesserungen des Sozialverhaltens bei Kindern mit zusätzlichem Musikunterricht. Zum Beispiel im Hinblick auf die Anzahl der empfangenen Negativnennungen (z.B.: «
Den Schüler mag ich nicht so gerne.»
). Die Autoren haben zu sechs Zeitpunkten die Anzahl der empfangenen Negativnennungen zwischen den beiden Gruppen verglichen. Zum Zeitpunkt 2, 4 und 5 (von 6 Messzeitpunkten) erhalten die Kinder mit Musikunterricht signifikant seltener Negativnennungen. Das bedeutet, dass die Kinder mit Musikunterricht von allen Klassenkameraden offenbar weniger abgelehnt wurden. Weitergehende Analysen unter statistischer Kontrolle des Sozialstatus lässt eine schwache Tendenz für eine Wechselwirkung zwischen Schultyp und Zeit zutage treten. Beide Gruppen empfangen über die verschiedenen Messzeitpunkte immer weniger negative Nennungen. Bei den Schülernohne Musikunterricht konnte lediglich am vierten Messzeitpunkt eine leichte Zunahme negativer Nennungen festgestellt werden, die dann an den letzten beiden Messzeitpunkten wieder abnehmen. Im Hinblick auf diese soziometrischen Maße kann man zunächst festhalten, dass Kinder mit Musikunterricht etwas seltener als «nicht gerne gemocht» von ihren Klassenkameraden eingeschätzt werden, als Kinder ohne Musikunterricht. Die Unterschiede zwischen den Schulklassen sind recht schwach und repräsentieren bei der großen Anzahl von Versuchspersonen (n = 97) einen eher schwachen Effekt.
    Die Autoren haben die Soziogrammdaten in einer zusammenfassenden statistischen Analyse ausgewertet (multivariate Varianzanalyse). Im Rahmen dieser Analyse wurden die positiven und negativen Nennungen statistisch kombiniert. Diese Analyse ergab eine schwach signifikante Interaktion zwischen dem Schultyp und dem Messzeitpunkt. Bei der Besprechung dieser Befunde kommen Bastian und Kollegen zu folgender interessanter Schlussfolgerung:
    Â«Schul- und bildungspolitisches Fazit: Erweiterte Musikerziehung ist eine sichere Garantie in der Pro- und Metaphylaxe von Gewalt und Aggression unter Kindern und Jugendlichen. Die vorliegenden Forschungsergebnisse verlangen als Konsequenz, dass das Fach Musik in vollem oder besser noch in erhöhtem Stundendeputat im Fächerkanon repräsentiert ist.»
Und weiter führen die Autoren in Bezug auf die Anzahl der negativen Nennungen aus: «
Die verantwortlichen Ministerien und Schulbehörden, die dieses fundamentale Forschungsergebnis politisch und pädagogisch nicht umsetzen, machen sich unglaubwürdig in der Absicht der Gewaltprävention und mitschuldig an den dramatisch-traumatischen Folgen expandierender Gewalt.»
    Ich sehe schon das Auditorium klatschen und die armen Minister verschämt in der Ecke stehen. Und das alles weil in einem schwer kontrollierbaren Feldexperiment mit vielen Störfaktoren ein schwacher Effekt in einem Soziogramm gefunden wurde, der andeutet, dass Kinder mit erweitertem Musikunterricht etwas weniger schlecht in der Klasse «angesehen» werden als Kinder ohne Musikunterricht. Ich halte die Schlussfolgerung für völlig übertrieben, obwohl sie zugegebenermaßen wissenschaftlich nicht uninteressant ist. Man müsste jetzt einmal überprüfen, was die Gründe für diesen schwachen Effekt sind? Vielleicht könnte man darauf aufbauend zu einem wirklich guten Befund kommen. Wichtig wäre vor allem, im Rahmen einer unabhängigen Untersuchung zu überprüfen, ob der schwache Befund dann noch «überlebt».
    Hinsichtlich der weiteren Ergebnisse aus dem Bereich der sozialen Kompetenz kann man folgende Befunde zusammenfassend festhalten:
    1.   An zwei von drei Messzeitpunkten offenbarten Kinder mit Musikunterricht etwas mehr subjektive Anzeichen von sozialer Reflexion (am 2. Messzeitpunkt 1996 sogar deutlich mehr).
    2.   An einigen Messzeitpunkten empfinden sich Kinder mit Musikunterricht als etwas mehr sozialer integriert (allerdings nur ein schwacher Effekt).
    3.   Die Schüler der Musikgruppe zeigen einen Trend zu einem etwas geringeren unangepassten Sozialverhalten im Urteil der Eltern.
    4.   Die

Weitere Kostenlose Bücher