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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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im zweiten Studienjahr über einen IQ von rund 107 Punkten verfügen, der dann um 2 Punkte auf einen Wert von 105 abfällt.
    Die Autoren haben sich die IQ-Entwicklung – gemessen mit dem CFT – auch noch getrennt für Kinder mit niedrigem und hohem IQ angeschaut. Hier zeigt sich, dass Kinder mit Musikunterricht ihre IQ-Leistungen im Verlauf der vier Jahre kontinuierlich verbessern konnten (von 83 auf 99). Bei Kindern ohne Musikunterricht ist ein grundsätzlich anderer Verlauf der IQ-Entwicklung feststellbar. In den ersten zwei Jahren ist die IQ-Verbesserung sogar noch besser als bei Kindern mit Musikunterricht (von 84 auf 99). Es offenbarte sich allerdings in den letzten zwei Jahren eine leichte IQ-Abnahme von 99 auf 94. Bei Kindern mit grundsätzlich hoher Intelligenz (IQ-Werte am Beginn der Messung 110 und höher) zeigt sich etwas Erstaunliches: Die IQ-Testleitungen bei Kindern ohne Musikunterricht nehmen kontinuierlich ab (von 118 auf 109). Für Kinder mit Musikunterricht zeigt sich in den ersten zwei Jahren das gleiche Bild. Der IQ nimmt von 118 auf 112 ab. Dann nimmt der IQ in den letzten zwei Jahren von 112 auf 118 zu.
    Wenden wir uns den Befunden bezüglich des anderen Intelligenztests (AID) zu. Während der CFT eher kulturfreie Aspekte der Intelligenz messen soll, misst der AID umfassender die Intelligenz (
fluide
und
kristallisierte
Intelligenz). Die Ergebnisse dieses IQ-Testes ergeben ein völlig anderes, ja sogar gegensätzliches Bild. Kinder mit Musikunterricht verbessern in den ersten zwei Jahren ihren IQ um rund 2 IQ-Punkte von 110 auf 112. Dann verschlechtern (!) sich die Kinder mit zusätzlichem Musikunterricht in den folgenden zwei Jahren von einem IQ von 112 auf einen IQ von 109 Punkte. Bei den Kindern in den Kontrollgruppen ohne Musikunterricht ergibt sich eine kontinuierliche Abnahme der IQ-Werte von anfänglich 112 auf rund 108 Punkte. Die statistische Analyse ergab weder für den Schultyp (mit und ohne Musikunterricht), noch für die Zeit (IQ-Werte über den Zeitraum von vier Jahren) noch für die Wechselwirkung zwischen Schultyp und Zeit ein statistisch bedeutsames Ergebnis. Die Autoren berichten des Weiteren noch die Ergebnisse verschiedener Untertests aus dem AID (Allgemeinwissen, Rechnen und Funktionen abstrahieren), die allerdings keine nennenswerten Befunde erbrachten, so dass ich an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen werde.
    Wenn man sich diese Befunde genauer anschaut, ohne sich auf detaillierte Diskussionen einzulassen, ist man (wie man so schön sagt) «bass» erstaunt, wie dieser Befund in der Presse dieses Echo hervorrufen konnte. Ohne die Diskussion der unterschiedlichen Befunde zu kompliziertzu machen, kann man schlicht und einfach festhalten, dass mit dem AID keine Verbesserung, sondern sogar eher eine Verschlechterung des IQs von Kindern mit zusätzlichem Musikunterricht eintritt. Vielleicht haben die ja zu viel Musik gemacht und nicht mehr für die Schule gelernt? Die leichte Verbesserung im «kulturfreien» Intelligenztest CFT von rund sechs Punkten innerhalb von zwei Jahren ist wegen der ungleichen Stichprobengröße statistisch schwer zu interpretieren. Selbst wenn er Bestand hätte, ist der IQ-Zuwachs recht gering, und damit ist es fraglich, ob er praktisch bedeutsam ist. Problematisch ist außerdem, dass die Messungen der IQ-Werte mit den beiden Tests CFT und AID entgegengesetzte Befunde erbrachten. Was bedeutet dies? Ist alles nur Zufall und ohne spezifische Substanz? Wenn der IQ durch zusätzlichen Musikunterricht gesteigert werden soll, dann sollte das doch in beiden IQ-Kennwerten zu erkennen sein, denn beide IQ-Tests korrelieren ja nicht unerheblich miteinander.
    Schwerwiegender ist allerdings der Einwand, dass keine vernünftige Kontrollgruppe vorhanden ist. Es wäre dringend nötig, eine Kontrollgruppe von Kindern zu untersuchen, die irgendetwas anderes zusätzlich in den vier bis sechs Jahren gelernt hätten. Die in der Bastian-Studie verwendete Kontrollgruppe hat ja praktisch gar nichts Zusätzliches gemacht. Also kann der kleine, wenn auch signifikante IQ-Zuwachs nicht alleine auf den Musikunterricht zurückgeführt werden. Es kann auch sein, dass die Kinder ein wenig motivierter waren oder dass sie gemerkt haben, dass sie eine Gruppe mit besonderer Beachtung sind, so dass sie sich in der Untersuchungszeit mehr angestrengt haben. Es gibt viele

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