Macht Musik schlau?
Effekten führt.
â    Die Schweizer Schulstudie konnte keine klaren Effekte des Musikunterrichts im kognitiven Bereich belegen. Allerdings ist durchausbemerkenswert, dass die Kinder den «anderen» Unterricht offenbar nicht schlechter, sondern gelegentlich auch als angenehmer empfanden. Damit könnten die besseren Werte im emotionalen und motivationalen Bereich erklärt werden. Im Hinblick auf die kognitiven Leistungskennwerte konnten keine konsistenten Verbesserungen festgestellt werden. Es konnten allerdings auch keine konsistenten Verschlechterungen festgestellt werden.
â    Die Bastian-Studie ist trotz erheblicher Popularität im deutschsprachigen Raum im Grunde unbrauchbar. Die methodischen Probleme machen die wenigen schwachen Befunde kaum interpretierbar. Zudem sind die Befunde bezüglich der sich verändernden Intelligenzleistungen widersprüchlich.
â    Keine der besprochenen Studien thematisiert die Frage, ob sich Aufwand und eventuelle Leistungssteigerung rechtfertigen. Vielleicht würde man ja mit einem gezielten und direkten Training von Intelligenz- und Gedächtnisfunktionen mehr in weniger Zeit erreichen, als durch ein aufwändiges Musiktraining. Es wäre auch zu überlegen, ob gezieltes Sozial- und Emotionstraining nicht auch schneller und effizienter zu einer Verbesserung sozialer und emotionaler Fertigkeiten führt. Man sollte deshalb schon an dieser Stelle thematisieren, welchen Zweck Musiktraining oder Musikerziehung eigentlich haben sollte. Ist es eher zur Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit geeignet, oder ist es vielmehr eine wunderschöne Kulturtätigkeit, die Freude und Befriedigung unabhängig von schulischen Leistungsaspekten schenken kann?
â    Kaum eine Studie thematisiert derzeit die Dauerhaftigkeit möglicher günstiger Effekte des Musikunterrichts. Als einzige Arbeit geht derzeit die Studie der
Hong Kong University
auf dieses Thema ein. Allerdings sind noch keine sinnvollen Schlussfolgerungen diesbezüglich zu ziehen.
â    Letztlich wird in diesen Studien auch nicht klar, mit welchen theoretischen Grundlagen mögliche günstige Effekte zu erklären sind. Sind es grundsätzlich veränderte Einstellungen zum Lernen im Besonderen oder zur Schule und den Lehrern im Allgemeinen, die durch das Musiktraining verändert werden können? Oder sind es unspezifische Lernstrategien, die von den Kindern während des Musiktrainings erworben werden und die sie für das Lernen anderer Aspekteanwenden können (
unspezifischer
und
generalisierter Transfer
)? Unklar ist auch, ob nicht auch spezifische Lernaspekte eine Rolle spielen (
spezifischer Transfer
). Dies wird allerdings in späteren Kapiteln dieses Buches näher erläutert. Ein Beispiel für einen spezifischen Lerneffekt wäre die verbesserte Hörfähigkeit, die sich günstig auf das Lernen von Fremdsprachen auswirken könnte.
4 Querschnittuntersuchungen
In der empirischen Forschung spricht man von einer Querschnittstudie oder einem Querschnittdesign, wenn eine empirische Untersuchung (z.B. Befragung, Inhaltsanalyse, oder Messung eines bestimmten Aspektes) einmalig durchgeführt wird. So entstehen gesellschaftliche «Momentaufnahmen» von derzeit gültigen Fakten, Meinungen oder Verhaltensweisen. Beim Querschnittdesign verwendet man groÃe Stichproben, um die Repräsentativität zu gewährleisten. Im Zusammenhang mit Untersuchungen zur Wirksamkeit von Musikunterricht bzw. Musikleistungen auf andere kognitive Aspekte bedeutet dies, dass man Musiker oder Versuchspersonen mit Musikerfahrungen und Versuchspersonen ohne Musikerfahrungen im Hinblick auf bestimmte kognitive Leistungen miteinander vergleicht. Ein typischer Versuchsansatz ist z.B., die Gedächtnisleistung von Musikern und Nichtmusikern miteinander zu vergleichen. Dieser Versuchsansatz ist zumindest im Vergleich mit den in Kapitel 3 dargestellten Längsschnittstudien erheblich weniger aufwändig, leidet aber unter einer geringeren Aussagekraft. So kann mittels solcher Untersuchungsansätze nicht zweifelsfrei geklärt werden, wodurch mögliche Gruppenunterschiede bedingt werden. Allerdings können solche Untersuchungen wertvolle Hinweise für mögliche Einwirkungen von Musik auf andere Kognitionen liefern. Voraussetzung ist allerdings, dass die zu vergleichenden Versuchsgruppen so perfekt wie
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