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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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Fähigkeit des absoluten Gehörs besitzen bzw. angeben, siezu besitzen. Dies sind Musiker, die einen Ton ohne Bezug zu einem anderen Ton erkennen und benennen können. Immer wenn ich öffentliche Ausschreibungen mache und damit auf die Suche nach absolut hörenden Musikern gehe, melden sich sehr viele, die von sich glauben, das absolute Gehör zu besitzen. Bei der Untersuchung stelle ich immer wieder fest, dass die meisten Musiker sehr gut, manchmal sogar perfekt den Kammerton /a’/ ihres eigenen Instrumentes erkennen und erinnern. Wenn ich ihnen allerdings künstliche Töne wie einen Sinuston oder einen Sägezahnton 25 vorspiele, versagen sie sofort und verhalten sich wie nicht absolut hörende Musiker. Offenbar haben Musiker eine besondere Expertise für das Erkennen der Klänge entwickelt, die sie mit ihrem eigenen Instrument erzeugen. Wenn ich das Verb «entwickelt» verwende, betone ich, dass hier ein Lernprozess stattgefunden haben muss, der zu dieser spezifischen Expertise geführt hat. Dies wird auch durch neurophysiologische Untersuchungen der Arbeitsgruppe des Münsteraner Neurophysiologen Christo Pantev gestützt. Diese Kollegen haben mit einem komplizierten Verfahren (der Magnetenzephalographie: MEG) die magnetischen Felder an der Kopfoberfläche von verschiedenen Musikern während des Hörens verschiedener Klänge registriert. Anhand dieser Magnetfelder kann man auf die im Gehirn (hier im auditorischen Kortex) verborgenen Quellen zurückschließen. Mit dieser Methode konnten Christo Pantev und Kollegen zeigen, dass bei Musikern die Darbietung der Klänge des eigenen Instrumentes stärkere neuronale Erregungen im auditorischen Kortex hervorrufen als die Klänge eines anderen Musikinstrumentes (Pantev, Roberts, Schulz, Engelien und Ross, 2001). Wenn man beispielsweise einem Trompeter einen Trompetenton präsentiert, «feuern» die Nervenzellen im auditorischen Kortex stärker, als wenn er einen Geigenton hört. Umgekehrt «feuern» die Neurone im auditorischen Kortex bei Geigern stärker, wenn sie Geigentöne hören, im Vergleich zur Versuchsbedingung, in der sie Trompetentöne hören (s. Abb. 34 ). Interessant ist ferner, das die Intensität der neurophysiologischen Aktivität im auditorischen Kortex auf Musikklänge auch noch davon abhängt, wann sie mit dem musikalischen Training begonnen haben. Hier gilt: Je früher sie begannen, mitihrem Instrument zu trainieren, desto stärker «feuern» die Nervenzellen im auditorischen Kortex auf die Musikklänge ihres eigenen Instrumentes (Pantev et al., 2003). Diese Befunde werden im Allgemeinen als Hinweis auf die Plastizität (Formbarkeit) des auditorischen Kortex gewertet. Je häufiger man also eine bestimmte Klangfarbe hört, desto wahrscheinlicher ist es offenbar, dass das auditorische System für diese spezifische Klangfarbe ein besonderes Netzwerk aufbaut, um diese Klänge (mit ihren typischen Klangfarben) effizienter zu verarbeiten. Wahrscheinlich können die Musiker dann auch die Klänge über dieses Netzwerk besser kodieren und im Gedächtnis behalten.

    Abbildung 33: Darstellung der akustischen Eigenschaften des eingestrichenen B (466,1 Hz) gespielt mit unterschiedlichen Instrumenten. Man erkennt, dass der Grundton (466,1 Hz) zwar bei allen Instrumenten gleich ist, sich jedoch die Obertonzusammensetzung je nach Instrument, mit dem der Ton gespielt wird, ändert.

    Abbildung 34: Dargestellt ist die geschätzte Aktivität im Hörkortex bei Geigern und Trompetern wenn sie entweder einen Geigen- oder Trompetenton hören. Man erkennt, dass die Nervenzellaktivität im Hörkortex der Geiger stärker ist, wenn sie einen Geigenton hören. Umgekehrt ist die Aktivität im Hörkortex bei Trompetern größer, wenn sie einen Trompetenton hören. Die Grafik wurde anhand der Befunde von Pantev und Kollegen (2001) nachempfunden.
    Neben diesen spektakulären neurowissenschaftlichen Befunden existiert auch eine Reihe von Verhaltensbefunden. Es konnte gezeigtwerden, dass die Klangfarbe bei Musikern in der Regel anders verarbeitet wird als bei Nichtmusikern. Wenn man z. B. Musikklänge vorbereitet, die sich hinsichtlich ihrer Grundtöne nicht unterscheiden, aber hinsichtlich ihrer Klangfarbe, und dann die Versuchspersonen bittet, diese Töne im Hinblick auf Ähnlichkeit zu vergleichen, so stellt man fest, dass

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