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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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Aktivität auf die präsentierten Töne reagierten. Interessant war auch, dass diese neurophysiologischen «Reaktionen» (wir nennen dies die evozierten Potenziale) analog zum anatomischen Befund eine charakteristische Linksasymmetrie (links stärker als rechts) bei Grundtönern aufwiesen, während die Obertöner ein umgekehrtes Muster zeigten. Zusammengefasst bedeutet dies, dass Grundtöner eine anatomische Linksasymmetrie im Hörkortex aufweisen und die neurophysiologische Aktivität als Reaktion auf Töne und Klänge in diesem besonders großen Hörkortex auch besonders starkausgeprägt sind. Bei Obertonhörern ist der rechtsseitige Hörkortex größer, ebenso wie die Nervenzellaktivität im rechtsseitigen Hörkortex bei Darbietung von Tönen und Klängen.
    Diese Muster von Wahrnehmungsleistungen, anatomischen Besonderheiten im Hörkortex und neurophysiologischen Erregungsmustern waren sowohl bei Musikern als auch bei Nichtmusikern erkennbar. Musiker fielen allerdings durch mehr graue Substanz (mehr Nervenzellen oder größere Oberfläche der Nervenzellen) in den Heschl’schen Querwindungen auf. Das Volumen der grauen Substanz war im Hörkortex bei Musikern ca. doppelt so groß wie bei Nichtmusikern. Die Stärke der Nervenzellaktivität während der Präsentation von Tönen und Klängen war bei Musikern bis viermal größer als bei Nichtmusikern. Interessant ist auch, dass bei langjährigen Profimusikern die Stärke der Nervenzellaktivität nochmals um etwa den Faktor Zwei größer ausfällt als im Vergleich zu Musikstudenten. Insofern besteht eine bemerkenswerte Korrespondenz zwischen den Befunden der Heidelberger Arbeitsgruppe und den Befunden der Münsteraner Arbeitsgruppe um Christo Pantev. Die Heidelberger Forscher erkennen zudem einen Zusammenhang zwischen den Leistungen in einem Musiktest, der vorgibt, so etwas wie die Musikbegabung zu messen, und den oben beschriebenen Befunden. Kurz: Je besser die Ergebnisse in diesem Test, desto ausgeprägter sind die oben dargestellten Befunde. Der genutzte Musiktest ist ein von dem amerikanischen Musikpsychologen Edwin E. Gordon entwickelter Test (Advanced Measure of Music Audiation) (Gordon, 1998). Nach Gordon spiegelt das Ergebnis dieses Testes das latent vorhandene Potenzial an musikalischer Leistungsfähigkeit wieder, und soll mit einer stark ausgebildeten Klangvorstellung («Audiation») verknüpft sein. Im Prinzip besteht dieser Test aus Melodie-Paaren, welche dem Probanden vorgespielt werden; die Probanden sollen rhythmische oder tonale Änderungen wahrnehmen. Ob dieser Test wirklich Musikbegabung misst, ist umstritten, insbesondere, weil die darin verwendeten Aufgaben relativ gut trainiert werden können.
    Außerdem soll noch auf ein weiteres sehr bemerkenswertes Ergebnis der Heidelberger Studie Bezug genommen werden. «Grundtöner» bevorzugten oft Musikinstrumente, die kurze, scharfe oder impulsive Töne erzeugen (Schlagzeug, Gitarre, Klavier, Trompete, Querflöte oder andere hohe Soloinstrumente). Ferner wird angegeben, dass sie zu virtuoser und impulsiver Spielweise neigen. Diese Präferenz könnte darauf zurückzuführen sein, dass der rechte Heschl’sche Gyrus eher auf zeitlichschnelle Verarbeitungsprozesse spezialisiert ist, so dass eben die kurzen, scharfen und impulsiven Töne eher bevorzugt werden. Die Obertöner mit dem besonders großen rechtsseitigen Heschl’schen Gyrus scheinen eher Instrumente zu bevorzugen, die längere Töne und charakteristische Klangfarben erzeugen (Streich-, Blech oder Holzblasinstrumente in tieferen Lagen, Orgel oder Gesang). Dies könnte damit zusammenhängen, dass der rechte Heschl’sche Gyrus eben für die Analyse spektraler und melodischer Informationen zuständig ist. Die Heidelberger Kollegen haben einen verblüffenden Zusammenhang zwischen den Höreigenschaften von Musikern und der Sitzordnung im Sinfonie- oder Opernorchester festgestellt. Die Musiker der hohen Instrumente (erste Geige, Querflöte, Piccolo, Trompete) sowie das Schlagzeug sind eher linker Hand vom Dirigenten (aus dessen Sicht) platziert, während die Spieler der tieferen Instrumente (Bratsche, Kontrabass, Fagott, Tuba) in der Regel rechts vom Dirigenten zu finden sind (s. Abb. 35 ).
    Ãœberdies geben die Heidelberger Kollegen an, dass «Musiker, die das gleiche Hauptinstrument

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