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Macht Musik schlau?

Macht Musik schlau?

Titel: Macht Musik schlau? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Jäncke
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müssen. So sind sie deutlich schlechter, wenn sie frei transponieren müssen. Gelegentlich fällt es ihnen sogar schwer, in einer anderen Tonart zu spielen oder zu singen. Sehr schwerwiegend ist auch die emotionale Problematik, über die viele «Absoluthörer» klagen,wenn sie im Konzert verstimmte Instrumente oder Musikstücke in einer anderen als der erwarteten Tonart hören. Häufig konzentrieren sie sich auch zu stark auf die Höhe der einzelnen Töne und lenken sich damit von der Melodie und vom Rhythmus ab.
    Die Wurzeln des absoluten Gehörs sind bislang noch weitgehend unbekannt. Ob es durch genetische Ursachen vorbestimmt ist oder durch intensives, vielleicht sehr frühes Lernen entstanden ist, ist bislang völlig ungeklärt.
    Genetische Studien über das absolute Gehör sind infolge der geringen Anzahl von Absoluthörern nicht in der eigentlich notwendigen Qualität durchgeführt worden. Eigentlich müsste man umfangreiche Studien mit eineiigen und zweieiigen Zwillingen durchführen, die über das absolute Gehör verfügen. Allerdings ist dies bislang noch nicht in befriedigender Art und Weise realisiert worden. Einige Arbeiten berichten von Zwillingspaaren, die angeben, dass sie über das absolute Gehör verfügen würden, ohne dass das Vorliegen des absoluten Gehörs wirklich getestet wurde. Insofern sind diese Berichte mit Vorsicht zu genießen. Vor kurzem wurde eine interessante Studie in der angesehenen Wissenschaftszeitschrift
Proceedings of the National Academy of Sciences
über das absolute Gehör publiziert, die für das Verständnis des absoluten Gehörs von besonderer Bedeutung ist (Athos et al., 2007). Die Autoren haben eine recht aufwändige Internetstudie durchgeführt, an der insgesamt 2213 Versuchspersonen teilgenommen haben. Von diesen Versuchspersonen verfügten 981 über das absolute Gehör. Die teilnehmenden Personen konnten sich von ihrem Privat-PC zu Hause auf einen Laborrechner der Wissenschaftler einloggen und an einem Hörexperiment teilnehmen. Im Rahmen dieses Experimentes mussten sie Sinus- und Pianotöne auf einer Notenskala identifizieren, indem sie jeweils den entsprechenden Notennamen eingaben. Hierbei ergab sich eine klare bimodale Verteilung der Benennungsleistungen. Das bedeutet, es gab eine eindeutige Zweiteilung aller Versuchspersonen, nämlich in die Gruppe der absoluthörenden (mit einer Benennensgenauigkeit von 70 bis 100 %) und den nicht absoluthörenden Personen. Es gibt also keinen kontinuierlichen Übergang vom nicht Absoluthören zum Absoluthören. Man ist entweder Absoluthörer oder nicht. Dies veranlasste die Autoren dazu zu spekulieren, dass genetische Einflüsse wirksam gewesen sein könnten. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich infolge bestimmter Lernerfahrungen sich die Fähigkeit diskontinuierlich einstellt. Diskontinuierliche Lernprozesse findet man unter anderem auchbeim Erwerb mathematischen Verständnisses. Erst nach längerer Auseinandersetzung mit dem Stoff, beginnt man, diesen auch zu verstehen. Wie auch immer, es wird abzuwarten bleiben, welche Erklärungen für das Entstehen des absoluten Gehörs demnächst angeboten werden.
    Als einer der wichtigsten Hinweise für das Wirksamwerden von genetischen Einflüssen wird derzeit die Arbeit von Gregersen und Kollegen gewertet (Gregersen, Kowalsky, Kohn und Marvin, 1999). Diese Autoren glauben herausgefunden zu haben, dass das absolute Gehör bei Asiaten im Vergleich zu Menschen weißer Hautfarbe häufiger vorkommt. Deshalb vermuten sie, dass das absolute Gehör genetisch mit der ethnischen Zugehörigkeit gekoppelt sei. Eine Reanalyse des gleichen Datenmaterials von Trevor Henthorn und Diana Deutsch ergab jedoch, dass nicht die ethnische Zugehörigkeit, sondern das Land, in dem die untersuchten Personen aufgewachsen sind, das Vorkommen des absoluten Gehörs besser erklären könnte (Henthorn und Deutsch, 2007). Henthorn und Deutsch haben das Vorkommen des absoluten Gehörs in Abhängigkeit davon, in welchem Land die Testpersonen aufgewachsen sind, ausgewertet. Dabei stellte sich heraus, dass kein Unterschied hinsichtlich der Prävalenz des absoluten Gehörs zwischen Asiaten und Weißen mehr vorliegt, wenn die Angehörigen beider ethnischen Gruppen in Nordamerika aufgewachsen sind. Bei Asiaten, die einige Jahre ihrer Kindheit in Asien

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