macht Urlaub
die wundervolle islamische Kultur und vor
allem in arabische Literatur einführen könne. Falls es Ihnen
nichts ausmacht, auf Ihre Nachspeise zu verzichten... Wir
müssen reden. Da ist etwas, das ich Ihnen sagen wollte - und mir
selbst auch.«
Das klang geheimnisvoll. »Gehen wir gleich.« Sie wickelte
die gefüllten Weinblätter in ihre Serviette und steckte sie in ihre
Handtasche. »Ich esse oben weiter.« Sie fuhren schweigend mit
dem Fahrstuhl nach oben und gingen in ihr Zimmer. »Also,
worum geht es?« fragte sie. Er setzte sich auf die Bettkante. »Etwas, das Carstairs mir bei meinem Besuch sagte und das
ich gar nicht richtig registrierte, weil er so gleichmütig dabei
war. Er erwähnte es ganz nebenbei, als ich sein Büro verließ. Er
sagte, daß möglicherweise auch andere hinter Dib Assens
Manuskript her sein könnten.«
»Andere? Warum?«
»Weil es vielleicht nicht nur ein Roman ist. Weil, verdammt
noch mal, Carstairs sagte, daß Dib Assen etwas für ihn getan
hätte. Für Carstairs... für die CIA.«
Da setzte auch Mrs. Pollifax sich auf die Bettkante und starrte
ihn an. »Großer Gott, Farrell, warum haben Sie mir das nicht
schon früher gesagt?«
»Weil ich es nicht glaubte - oder einfach nicht glauben
wollte«, antwortete er bitter, »und möge ich auch dafür
verdammt sein.«
»Aber - warum?« fragte sie stockend. »Warum wollten Sie
Carstairs nicht glauben?«
»Pure Eitelkeit«, erwiderte er heftig. »Dib Assen wußte, daß
ich für Carstairs arbeitete - so nahe standen wir uns. Wir waren
seit Jahren befreundet, trotzdem sagte er mir nie, daß er
Carstairs kannte. Offenbar hat er mir nie genug vertraut. Und
das tat weh.«
Sie blickte in sein gequältes Gesicht und sagte sanft: »Farrell,
Sie haben nie im Irak gelebt.«
»Ich weiß.« Er schlug die Hände vors Gesicht. »Ich weiß, ich
weiß. Dieser Kerl im Speisesaal hat wenigstens eines für mich
getan: Er hat mich daran erinnert, was Carstairs zu mir sagte und
was ich verdrängte. Er hat mich in Alarmbereitschaft versetzt.
Aber das alles erklärt weder ihn noch den Überfall auf Sie in
Petra.«
»Und auch nicht die rote Limousine, die uns verfolgt«, fügte
sie hinzu.
»Stimmt.« Er hob den Kopf. »Aber lassen Sie uns um
Himmels willen diesen Schlüssel mit der Schnitzerei zur Polizei
bringen, dann sollen die sich darum kümmern!«
»Einverstanden.« Mrs. Pollifax lächelte. »Farrell, Sie sind
müde. Ich rate Ihnen, nehmen Sie eine heiße Dusche, essen Sie
noch eine Kleinigkeit, und dann nichts wie ins Bett. Wir fahren
ja morgen früh wieder nach Karak.«
Er seufzte. »Ja, zum dritten Mal, verdammt, und immer noch
kein Ibrahim.«
Zur selben Zeit, in einem anderen Stadtteil, wandte Josef sich besorgt an seinen Bruder. »Ich brauche deinen Rat, Mifleh.«
Sie saßen auf dem Balkon ihres Hauses. Die Straße unter ihnen war dunkel, nur an einem Obststand gegenüber brannte noch gedämpftes Licht. Alle anderen Läden waren geschlossen und die stählernen Rolläden heruntergelassen. Es war still, bis auf das Stimmengemurmel von unten, wo ihre Familie - Vater, Mutter, Schwester - sich die Nachrichten im Fernsehen ansah.
»Shu hada?« fragte sein Bruder.
Josef wußte kaum, wo er anfangen sollte. Mrs. Pollifax und Mr. Farrell waren Amerikaner und sehr nett, und sie interessierten sich auch persönlich für ihn. Er und Hanan verdankten ihnen einen wundervollen Abend im Hotel, und er war überzeugt, daß sie gute und anständige Menschen waren. Aber er mußte auch an seinen Ruf und seine Zukunft denken, und es war ihm durchaus bewußt, daß ihnen auch heute der rostrote Wagen nachgefahren war. Er hatte ihn in seinem Rückspiegel gesehen, und auch die zwei Männer, die darin saßen. Josef war ehrgeizig. Sein Traum war ein eigener, richtiger Reisebus und Hochglanzbroschüren von Jidoor Tours, die er in die Hotelfoyers legen und bei den Reisebüros verteilen konnte. Mrs. Pollifax und Mrs. Farrell würden Jordanien in wenigen Tagen wieder verlassen, aber dies war seine Heimat, sein Zuhause, und wenn es Schwierigkeiten gab, was würde dann aus ihm?
Nach einem Blick auf sein Gesicht stand Mifleh auf, ging und kam mit zwei Dosen warmem Bier zurück - Importbier noch dazu. Das konnte sein Bruder sich leisten, weil er der Public Security Force angehörte. Er hatte eine einjährige militärische Ausbildung absolviert und danach die Royal Police Academy in Amman besucht. Nun war er bei der Kriminalpolizei. Er war dort zwar noch neu und ohne Erfahrung, aber immerhin
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