macht Urlaub
kaum darauf achtete, wohin sie ging, als plötzlich ein Mann aus dem Raum vor ihr stürzte. Sein Gesicht war von einem Kaffiiyeh, das sich gelockert hatte, halb verborgen, aber er hatte den Mund unverkennbar zu einem lautlosen Schrei aufgerissen. Er bemerkte sie kaum, als sie sich an die Brüstungswand drückte, um ihn vorbeizulassen. Während er vorbeiraste, sah sie, daß der Ärmel seines grauen Gewandes mit frischem Blut beschmiert war. Ohne Zögern wandte sich Mrs. Pollifax der Kammer zu, aus der er herausgestürmt war, um festzustellen, weshalb sein halb verborgenes Gesicht so schreckverzerrt gewesen war. Der Raum war stockdunkel. Mrs. Pollifax leuchtete mit ihrer winzigen Taschenlampe hinein und schnappte nach Luft, als der Schein auf einen Mann fiel, der seltsam verrenkt an der hinteren Wand lag und mit glasigen Augen zur Decke starrte. »Farrell! Josef!« schrie sie entsetzt.
Die Panik in ihrer Stimme brachte Farrell umgehend an ihre Seite. »Herzogin, was...« Er trat in die Kammer. »Großer Gott!«
»Ich - ich glaube, er ist tot, Farrell«, brachte sie zitternd hervor. »Ein Mann raste vor etwa einer Minute heraus, haben Sie ihn gesehen? Er hatte Blut an seinem Gewand.«
Josef war ihnen mit seiner weit stärkeren Stablampe in die Kammer gefolgt. »Bismallah!« keuchte er. »Haben Sie den Mann gesehen, der aus diesem Raum hinausgerast ist?«
Farrell griff nach Josefs Stablampe und sagte abwesend: »Jemand ist an uns vorbeigekommen - wir unterhielten uns gerade.«
Mrs. Pollifax deutete auf den Toten und fragte stockend: »Kann das Ibrahim sein?«
»Halten Sie die Lampe für mich«, bat Farrell Josef. »Wir müssen nachsehen, ob er tatsächlich tot ist.« Er beugte sich über den Mann und versuchte, Puls und Herzschlag festzustellen. »Nichts«, murmelte er. »Er ist leider tot.«
»Ibrahim?« wiederholte Mrs. Pollifax.
»Ich weiß es nicht - ich muß ihn durchsuchen.« Farrells Stimme klang grimmig. »Jemand, der ein Manuskript schmuggelt und damit reist, würde es gut verpackt um seine Taille gegurtet tragen. So würde ich es jedenfalls tun.«
»Aber er trägt westliche Kle idung«, sagte Mrs. Pollifax zweifelnd. »Und er ist dünn, er sieht gar nicht so aus, als trüge er etwas unter seiner Kleidung versteckt.«
»Wie ist er gestorben?« fragte Josef. »Sehen Sie, er hält noch einen Dolch in der Hand, aber ich sehe kein Blut an ihm.«
Farrell tastete unter dem Hemd des Mannes herum. »Kein Manuskript!« Er kauerte sich auf seine Fersen und starrte die Leiche an.
»Wenn er nicht der Mann ist, auf den Sie gewartet haben, wer ist er dann?« fragte Josef.
Seufzend steckte Farrell das Hemd des Mannes zurück in die Hose, begann die Jacke des Toten zu durchsuchen und zog eine Brieftasche aus der inneren Brusttasche. »Das ist arabische Schrift«, wandte er sich an Josef. »Daraus müßte hervorgehen, wer er ist.«
Josef trat, gefolgt von Farrell, ins Freie. Mrs. Pollifax betrachtete den Toten eingehender. Sie studierte den Winkel seines Sturzes und neigte wagemutig seinen an der Wand lehnenden Kopf nach vorn. »Farrell!« rief sie. »Das Blut ist am Hinterkopf, er muß damit gegen die Wand gekracht sein. - Josef, bitte geben Sie mir Ihre Stablampe. Ich sehe Blut an seinem Dolch, noch nasses Blut.«
Niemand hörte ihr zu. Sie stand auf und trat zu den beiden anderen ins Freie. Ein Blick auf Josefs bestürztes Gesicht ließ sie verstummen.
»Was?« fragte Farrell he ftig.
»Er ist Iraker!« sagte Josef bestürzt. »Und seine Adresse First Circle, Jebel Amman - das ist die irakische Botschaft - und...« Er wurde kreidebleich. »Bismallah!« flüsterte er, »er ist - er ist Mukhabarat!«
» Was ist das?«
»Die Geheimpolizei der Ba'th-Partei im Irak. Mr. Farrell, das ist furchtbar! Worauf sind wir hier nur gestoßen? Wir müssen sofort die Polizei verständigen!«
»Ich fürchte, es bleibt uns nichts anderes übrig«, entgegnete Farrell widerstrebend. »Aber wie? Von Karak aus?«
»Vielleicht hat der Reisebus ein Autotelefon. Manche haben eines. Falls sie unterwegs eine Panne haben.«
»Nein!« warf Mrs. Pollifax ein. »Wir müssen zuerst diesen anderen Mann finden. Er hatte frisches Blut am Ärmel und er... er...«
»Er könnte Ibrahim sein«, beendete Farrell den Satz für sie. »Ibrahim?« stammelte Josef benommen.
»Jetzt ist keine Zeit für langes Reden, Josef«, sagte Mrs.
Pollifax ungeduldig. »Sie kennen die Burg, versuchen Sie, den Mann zu finden; er hat sich entweder versteckt oder ist auf dem
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