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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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in der Öffentlichkeit gerade hochkocht.«
    »Jetzt warten wir das erst mal ab.« Sie wusste, dass diese Bemerkung so ziemlich das Schwächste war, was ihr in diesem Moment einfiel. Abwarten war genau das, was ihren Mann zermürbte.
    »Du weißt schon, was auf das, was man mir vorwirft, steht?«, sagte er leise und kämmte sein graues Haar. »Die kennen keinen Spaß. Ist dir das klar? Gefängnis. Drei, vier, fünf Jahre und Entlassung aus dem Kirchendienst ohne Pensionsansprüche.«
    Er sah über Franziskas Wange eine Träne rinnen. Und auch er konnte sich nicht mehr zurückhalten. Seine Welt war zusammengebrochen. Eine so schöne Welt.

    ›Die Staatsanwaltschaft Ulm und die Polizeidirektion Göppingen geben bekannt‹ – wenn der Geislinger Lokaljournalist Georg Sander diese Überschrift las, dann wusste er, dass ein größeres Verbrechen geschehen sein musste. Als er an diesem Oktobervormittag in der Redaktion der Geislinger Zeitung seine E-Mails las, schoss ihm beim Überfliegen des Textes der Blutdruck in die Höhe. Von einem ›nicht natürlichen Todesfall‹ war die Rede – und davon, dass ›ein gewisser Verdacht‹ naheliege, dass ›ein Dritter‹ an der Sache beteiligt sein konnte. Was zunächst wie die Selbsttötung eines Jägers ausgesehen habe, sei angesichts der Spurenlage ›nicht mehr ganz eindeutig‹. Sander war es gewohnt, dass Pressemitteilungen nur in dürren Worten verfasst wurden. Allerdings war wenigstens der Tatort oberflächlich genannt: am Waldrand zwischen den Gemeinden Böhmenkirch und Rimmelbach. Und für elf Uhr war sogar eine Pressekonferenz in den Räumen der Geislinger Kriminalpolizei anberaumt. Man suche nämlich dringend Zeugen, hieß es.
    Sander, der sich seit nunmehr über 40 Jahren als Journalist beruflich mit den Tiefen der menschlichen Seele auseinandersetzen musste, tippte die Nummer des zuständigen Polizeipressesprechers in Göppingen ins Telefon ein. Doch der Anschluss war belegt – wie immer, wenn Berichte solchen Inhalts verbreitet worden waren. Dann meldeten sich auch überörtliche Medien, vor allem aber ein Heer von freien Journalisten, oder besser gesagt: von solchen, die sich dafür hielten und deren großes Mundwerk meist im umgekehrten Verhältnis zur Zahl ihrer erfolgreich publizierten Geschichten stand. Wenn er darüber nachdachte, wunderte sich Sander jedes Mal, wie man in der Provinz, wo die Zeilenhonorare nicht gerade üppig waren, damit finanziell überleben konnte. Das waren die Momente, in denen ihn der Verdacht beschlich, etwas falsch zu machen. Immerhin war seinem Jahrgang staatlicherseits bereits eine dreimonatige Verlängerung der Arbeitszeit verordnet worden – und dies, obwohl er treu und brav, ohne Unterbrechung, nun schon seit über 43 Jahren in diese ›Betrugsversicherung‹ einzahlte, wie er inzwischen die staatliche Rentenkasse bezeichnete.
    Sander wischte solche Gedanken jetzt fort und versuchte noch einmal, den Pressesprecher zu erreichen. Diesmal mit Erfolg. Nach kurzem Gefrotzel, dass endlich wieder einmal ein größerer Fall in der Provinz geschehen sei, wollte Sander den genauen Standort des Hochsitzes geschildert bekommen, um den Tatort fotografieren zu können. Wie immer zierte sich der Pressesprecher, ließ sich dann aber erweichen, »ausnahmsweise einem Lokaljournalisten« die Stelle zu benennen. Sander bedankte sich, rief seinen Fotografen Markus Homsheimer und ließ sich von ihm im blau-weiß beklebten Twingo auf die Albhochfläche chauffieren. Wie immer holte Homsheimer aus dem PS-schwachen Maschinchen alles heraus, was es hergab. Mit quietschenden Reifen bog er im dünnen Herbstnebel, der sich auf der Alb breitgemacht hatte, in den beschriebenen Feldweg ab, wo nach 500 Metern ein rot-weißes Polizeiabsperrband das Weiterfahren untersagte.
    Homsheimer parkte den Twingo auf einer Wiese, schnappte sich seine schwere Fototasche, hüpfte über das Absperrband, das Sander bereits hinter sich gebracht hatte, und folgte dem Journalisten. Zwischen den dünnen Nebelschwaden zeichnete sich in etwa 100 Metern Entfernung der Hochsitz ab. Mehrere Einsatzwagen der Polizei parkten entlang des asphaltierten Weges.
    Sander war froh, dass sich der Tatort nicht in einer Ortschaft des Alb-Donau-Kreises befand, denn dann wäre die Polizei aus Ulm zuständig gewesen, die sich schon oft gegenüber der Geislinger Presse wenig kooperativ gezeigt hatte. Für einen kurzen Moment musste er daran denken, wie es wohl sein würde, wenn er’s nach der

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