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Machtkampf

Machtkampf

Titel: Machtkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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nachweisen möchte, dass ich einen Zentner Kartoffeln nicht verbucht habe.«
    Vanessa warf Linkohr einen vielsagenden Blick zu. Aber der konnte sich auch nicht durchringen, ihm die konkrete Frage nach dem Ordner mit den Unterlagen für sein Kind zu stellen. Allein schon an der Tatsache, dass er das Verschwinden dieses Ordners verschwieg, war schließlich auch eine wichtige Erkenntnis.
    »Sonst wurde nichts gestohlen?«, vergewisserte sich Vanessa noch einmal. »Keine Wertgegenstände, kein Geld – auch sonst keine besonders wichtigen Unterlagen?«
    Kowick holte wieder tief Luft. »Ganz wichtige Unterlagen«, wiederholte er eher verächtlich, »was kann schon bei all dem Bürokratismus und Papierkram ganz wichtig sein. Nein, Frau Kommissarin, da muss ich Sie enttäuschen. Wenn es was Wichtiges gewesen wäre – das dürfen Sie mir glauben –, dann wäre ich zur Polizei gegangen.«

22
    Kerstin Wecker, die Radioredakteurin aus Ulm, war am frühen Nachmittag eigens nach Geislingen gefahren, um sich mit ihrem Kollegen von der Zeitung, Georg Sander, zu treffen. Sie hatte am Telefon erklärt, dass es ihr wichtig sei, das journalistische Vorgehen in Rimmelbach zu besprechen. Sander machte darüber in der Redaktion kein großes Aufsehen, zumal Neth seit Tagen darauf drängte, an den Inhalt des Glaubwürdigkeitsgutachtens von Manuel zu kommen. »Das muss doch längst vorliegen«, hatte er in der letzten Redaktionskonferenz selbstbewusst vorgebracht, worauf ihn Lokalchef Kauz dazu verdonnerte, sich darum zu kümmern. Doch bei der Staatsanwaltschaft war Neth auf Granit gestoßen und auf die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Ulm verwiesen worden. Der Redakteur deutete dies als Zeichen dafür, dass nun endlich Anklage erhoben wurde.
    Sander traf sich mit Kerstin in dem Café einer Bäckereifiliale, die sich gegenüber dem Verlagsgebäude in einem Shoppingcenter befand. Dort ließen sie sich an einem der hinteren Tische nieder, direkt vor dem hell beleuchteten großformatigen Foto des historischen Ödenturms. Sander holte zwei Tassen Cappuccino und zwei Butterbrezeln und setzte sich der Ulmer Kollegin gegenüber.
    »Ich war gerade in Rimmelbach«, begann Kerstin, »die Leute dort sind hell entsetzt über den Tod des kleinen Jungen. Kein Einziger, mit dem ich gesprochen habe, glaubt daran, dass der Manuel selbst das Feuer verursacht hat.«
    »Ich weiß«, entgegnete Sander, »ich war heute auch oben. Es gibt die wildesten Gerüchte. Die einen glauben, der Pfarrer sei’s gewesen, andere meinen, die Mutter habe ihren Sohn selbst umgebracht. Sie sei doch sonst nie abends weggegangen und habe ihn allein daheimgelassen.«
    »Das ist in der Tat merkwürdig, Georg. Sie lässt den Kleinen allein, obwohl der – wie man so hört – schwierig und unberechenbar gewesen sein soll. Und ausgerechnet in dieser Nacht brennt das Haus ab. Das ist dubios, findest du nicht auch?«
    »Ich hab versucht, an die Lehrerin ranzukommen«, berichtete Sander und nippte an der heißen Tasse. »Aber die ist überhaupt nicht zugänglich. Ich bin selten so mürrisch abgefertigt worden wie von der.«
    »Ich auch«, grinste Kerstin. »Ich bin einfach in die Schule gegangen, aber sie hat mich richtiggehend rausgeworfen. Und auch der Bürgermeister, dieser Benninger, will mit den Medien, wie er sich ausgedrückt hat, nichts mehr zu tun haben.«
    »Auch der Häberle gibt sich zugeknöpft«, bedauerte Sander, dessen Kontakte zur Polizei ihm bislang nicht allzu viele Informationen eingebracht hatten. »Ich glaub, die haben alle Schiss vor der Polizeireform.«
    »Was, dein Häberle womöglich auch?«
    »Kann ich mir nicht vorstellen, aber verunsichert sind sie alle.« Er lächelte. »Ich im Übrigen auch, denn wenn erst die Ulmer hier das Sagen haben, sind wir in Geislingen, jenseits des ›großen Berges‹, doch nur ein provinzielles Anhängsel für den Pressesprecher.«
    »Oh, ihr armen Provinzler«, tröstete Kerstin ironisch und tätschelte ihm die Hand. »Vielleicht solltet ihr mal über den Rand eurer fünf Täler hinausschauen.« Sie spielte auf die fünf Seitentäler an, in deren Schnittpunkt die Stadt Geislingen lag, eingebettet in die nördlichen Ausläufer der Schwäbischen Alb. »Was macht ihr eigentlich für morgen?«
    »Eine Reportage über die Stimmung im Ort«, erwiderte Sander. »Wir werden auch darstellen, wie zerstritten das Dorf ist.«
    »So werden wir’s auch machen. Wir werden auch versuchen, den Pfarrer noch an die Strippe zu kriegen.

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