Machtkampf
Häberle«, echauffierte sich Benninger, »ich bin hier Bürgermeister und könnte es mir nicht erlauben, so etwas gutzuheißen.«
»Davon gehe ich aus«, murmelte Häberle. »Was mich aber doch interessieren würde: Warum war nicht auch Hartmann, der doch ebenfalls zu Ihrer – na, sagen wir mal – Männerfreundschaft gehört hat, am Lago Maggiore dabei?«
»Ach, daher weht der Wind. Aber dafür gibt es eine ganz simple Erklärung. Mompach und ich waren vor zig Jahren Tanzschüler bei Brühl. Hartmann aber nicht. Warum hätte er also dabei sein sollen?«
Häberle entschied, nun doch auf direkten Konfrontationskurs zu gehen. »Was sagen Sie dazu, dass Brühls Handy just an besagtem Wochenende, als Sie und Mompach dort unten waren, verschwunden ist – und dass dieses Handy dazu benutzt wurde, von Moskau aus eine ferngezündete Explosion in Rimmelbach auszulösen?«
»Was sagen Sie da?« Jetzt schien Benninger tatsächlich perplex zu sein. Häberle erläuterte ihm deshalb kurz die Details, ohne zu erwähnen, dass die Spur des ursprünglichen Anrufers nach Dubai führte.
»Klingt das nicht ein bisschen zu sehr nach einer abenteuerlichen Räuberpistole?«, fragte Benninger vorsichtig nach.
»Nein, keinesfalls«, erwiderte Häberle. »Ich sag Ihnen das nur, um Ihnen mögliche Unannehmlichkeiten zu ersparen, die Ihnen ein allzu freundschaftlicher Kontakt zu Mompach einbringen könnte.«
»Was wollen Sie damit sagen?«, kam es forsch zurück.
»Sie befinden sich mit Ihrem Job zwar nur auf der untersten politischen Ebene, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten. Aber es gibt ja Beispiele bis hinauf zu den höchsten politischen Würdenträgern, denen die Nähe zu zweifelhaften Gestalten schon zum Verhängnis geworden ist.«
»Sie wollen damit Mompach in die Nähe von zweifelhaften Gestalten rücken?«
»Es war nur eine Mutmaßung«, blieb Häberle gelassen und stellte sich vor, wie aufgeregt Benninger mittlerweile war. »Manchmal hat die Kriminalpolizei auch die Aufgabe, jemandem großes Ungemach zu ersparen.« Häberle wartete kurz und ergänzte: »Vergessen Sie nicht, dass ich Sie gestern schon vor Tretminen gewarnt habe. Rimmelbach ist derzeit ein gefährliches Pflaster.«
Nachdem es jetzt Benninger offenbar die Sprache verschlagen hatte, wünschte ihm Häberle einen »schönen Tag« und beendete das Gespräch.
24
Der Copilot im Polizeihubschrauber sah angestrengt nach unten, nahm immer wieder das Fernglas an die Augen und suchte Böschungen, Steilhänge und Felsenvorsprünge ab. Soeben hatten sie das mächtige Ostlandkreuz umflogen, das hoch über Geislingen direkt an der Albkante an die vertriebenen Südmährer erinnerte. Zwei einsame Spaziergänger auf der dortigen Heidelandschaft sahen erschrocken nach oben.
»Ich flieg jetzt die Hangkante entlang bis zum Geiselstein«, meldete sich der Pilot über Kopfhörer, während links unterhalb des Helikopters die Altstadt von Geislingen vorbeizog und auf der gegenüberliegenden Hangseite der mittelalterliche Ödenturm in sanfte Nebelschwaden gehüllt war.
Der Pilot folgte dem Talverlauf, in dem sich die B 10 zur Albhochfläche schlängelte und die berühmte Geislinger Eisenbahnsteige auf halber Hanghöhe das Mittelgebirge erklomm.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich der Pfarrer hier nicht mehr aufhält«, krächzte es im Kopfhörer des Copiloten. »Der ist spurlos vom Erdboden verschwunden.«
Der Copilot sah zu seinem Kollegen hinüber und meinte: »Vielleicht hat er als Pfarrer eine direkte Himmelfahrt gebucht.«
Der Pilot legte den Helikopter in eine scharfe Rechtskurve, als wolle er abrupt umdrehen, doch war dieses Manöver notwendig, damit der links sitzende Kollege die Steilwand des Geiselsteins ins Blickfeld bekam. Der senkrecht abstürzende Fels war einer von vielen, die im Großraum Geislingen an den Hängen klebten. »Wenn da einer runtergesprungen ist«, konstatierte der Copilot, »dann kannst du ihn von hier aus ohnehin nicht sehen.«
Der Helikopter drehte eine neuerliche 180-Grad-Kurve und folgte weiter dem Talverlauf. Sie überflogen den versteckten Weiherwiesensee und hüpften schließlich über eine Überlandleitung, die dieses Tal überspannte. Gleich zog unter ihnen der Gebäude- und Parkplatzkomplex der Schimmelmühle vorbei, wo sich auch ein Café samt Vesperstube angesiedelt hatte.
»Da oben hat die Landeswasserversorgung einen Scheitelbehälter gebaut«, deutete der Pilot nach vorne rechts, wo direkt an der Hangkante ein flaches
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