Machtkampf
beieinander halten. Mehr als das, was die Minibar hergab, stand ihm ohnehin nicht zur Verfügung, denn er konnte das Zimmer nicht verlassen, solange der Geldkoffer unterm Bett versteckt war. Sein Plan aber stand fest: Er würde auf die Forderungen des Erpressers eingehen – aber nur zum Schein. Vielleicht konnte er ihn überlisten, zur Rede stellen und ihm notfalls ein paar Hiebe mit einem Bambusrohr verpassen, das er gestern in der Hotelanlage gesehen und als geeignet erachtet hatte.
Aber dann – was dann, wenn er ihn niedergeschlagen hatte? Wie würde es weitergehen? Seine Gedanken drehten sich erneut im Kreis. Er konnte den Mann – oder war es womöglich eine Frau? – nicht einfach der Polizei ausliefern. Natürlich würde dann die Frage auftauchen, wo die halbe Million Dollar herkam. Und der Unbekannte – falls er überhaupt für ihn unbekannt war – würde auspacken. Er musste ihn also ausschalten, ganz, für immer. Sofort verwarf er diesen entsetzlichen Gedanken wieder.
Natürlich war der Erpresser in der weitaus besseren Situation – aber, so meldete sich Mompachs innere Stimme wieder: Ich kann mich doch nicht einfach wehrlos diesem Erpresser aussetzen. Nein, das konnte und wollte er nicht.
Hatte er denn überhaupt noch etwas zu verlieren? War nicht ohnehin schon alles weg, daheim, in Rimmelbach? Er hatte heute keine Chance gehabt, die Onlineausgabe der Zeitung zu lesen. Womöglich suchten sie ihn sogar schon. Und er würde bei der Einreise am Münchner Flughafen sofort festgenommen.
War es also nicht besser, den Geldkoffer zu behalten und einfach unterzutauchen? Hier in Thailand oder vielleicht in Hongkong, das nur ein paar Flugstunden entfernt war? Was aber, wenn die Polizei dann seine Konten aufspürte und er nicht mehr an den Rest seines Geldes kam? Hatte er sich nicht selbst eine Falle gestellt, als er die Nummern der Scheine registrieren ließ? Die Bank würde vermutlich die Liste gespeichert haben. Und wie weit ging überhaupt die Diskretion der Banker, wenn Geldwäsche und noch Schlimmeres im Raum standen?
Mompach fühlte sich plötzlich furchtbar schlecht. Und er musste an etwas denken, das er gestern bei der Suche nach einem handlichen, aber effektiven Schlagwerkzeug entdeckt hatte – auf dem Weg zu seinem Liegeplatz, wo die Gärtner einen kleinen, mit Hecken umgebenen Abstellplatz hergerichtet hatten.
»Sie haben die Herkunft der Schweine falsch deklariert, aus Rumänien Pferdefleisch importiert und wohl in ganz großem Stil beim Viehhandel über EU-Grenzen hinweg mit der Mehrwertsteuer getrickst«, stellte ein Kriminalist des Betrugsdezernats fest, der sich seit einem Tag mit den Daten aus den Computern von Igor und Hartmann auseinandergesetzt hatte. »Und das ist nur ganz oberflächlich gesprochen«, fügte er vor den Kollegen der Sonderkommission an. »Es wird wahrscheinlich monatelang dauern, bis wir jede Verbindung durchgecheckt haben. Wahrscheinlich ist vieles von dem, was auf den Papieren steht, nie gehandelt, sondern nur fiktiv abgerechnet worden, um sich beim angeblichen Handel über Grenzen hinweg die Mehrwertsteuer erstatten zu lassen.« Er blätterte in seinen Unterlagen. »Ihr kennt das alle – das ist nichts Neues. Das wird im großen Stil überall gemacht.« Er sah in die Runde. »Zumindest aber genauso lukrativ dürfte das Geschäft im Rotlichtmilieu gewesen sein, das der Igor vermutlich mit einer ganzen Bande in Sankt Petersburg betrieben hat.«
»Gibt es denn auch Hinweise, dass ein gewisser Heiko Mompach in irgendetwas verwickelt gewesen ist?«, fragte Häberle dazwischen.
»Bisher ist mir der Name nicht aufgefallen, aber du musst bedenken, dass in diesen Kreisen natürlich nirgendwo Namen abgespeichert sind.« Er hob einen Speicherstick in Form eines kleinen Löwen in die Höhe. »Das Ding ist von dem Russen. Da hat er wohl seine Anabolikageschäfte gespeichert, einschließlich der Kundschaft. Überwiegend Fitness-Clubs, in denen die Türsteherszene verkehrt.«
»Aber damit ist doch zumindest der Beweis erbracht, dass der Hartmann keinesfalls der feine Geschäftsmann war, für den ihn alle gehalten haben.«
»So kann man das sagen«, meinte der Beamte. »Und euer Igor, der smarte Russe, wie ihr ihn bezeichnet, erst recht nicht.«
»Dann wird es doch höchste Zeit, dass wir uns seine Marina vorknöpfen«, meinte Häberle.
»Das übernehme ich«, rückte sich wieder einmal Vanessa in den Vordergrund. Immerhin fügte sie an: »Ich nehm den Kollegen
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