Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Machtlos

Machtlos

Titel: Machtlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
Vom Netzwerk:
einen Arm um sie und führte sie den Berg hinunter. Er sprach nicht. Aber er war da. Dicht bei ihr. Und diese Nähe war beruhigend.
    Als sie die Stelle erreichten, wo Mayer den Wagen versteckt hatte, war sie so erschöpft, dass sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte. Während ihres Abstiegs hatten sie weder eine Spur von Burroughs noch von Lucas verletztem Gehilfen gefunden. Als Valerie Mayer darauf ansprach, beruhigte er sie. »Die Wälder hier sind groß. Sie können einen anderen Weg eingeschlagen haben, und der Schneefall hat meine Spuren vom Aufstieg bereits verwischt.«
    Die Fahrt hinunter ins Tal erlebte sie nur bruchstückhaft. Sie schreckte hoch, als Mayer schließlich ihren Arm berührte. »Valerie, wir sind da. Wachen Sie auf.«
    Sie sah Häuser, und eine ungute Vorahnung stieg in ihr auf. »Was machen wir hier?«
    »Ich muss etwas zurückbringen und meine Sachen holen. Sie können im Wagen warten, wenn Ihnen das lieber ist.«
    Valerie schüttelte den Kopf, atmete tief durch. »Ich möchte nicht allein sein.«
    Mayer verstand, was es sie kostete, diesen Satz auszusprechen. Ihre Angst einzugestehen. Er lächelte versichernd und nahm das Gewehr von der Rückbank. Bevor er ausstieg, sah er sich prüfend um. Weit und breit war niemand zu sehen.
    Niemand öffnete auf ihr Klopfen. Mayer griff tastend unter einen losen Stein auf dem Fensterbrett neben der Tür und zog einen Schlüssel heraus. Valerie folgte ihm zögerlich.
    Es war still im Haus. Totenstill. Und dann roch sie es. Sie griff nach Mayers Arm, schüttelte hektisch den Kopf und wies zurück zum Ausgang. Aber es war zu spät. Ein lautes Krachen durchbrach die Stille, als die Küchentür aufflog. Ein Mann tauchte im Türrahmen auf und richtete die Mündung eines Revolvers auf sie. Mit einer einzigen Bewegung schob Mayer Valerie hinter sich. Der Mann schoss, und Mayer brach in sich zusammen.
    »Nein!, schrie Valerie. »Eric, nein!«
    Eine Hand griff nach ihr und zog sie über den reglosen Körper hinweg in die Küche. Ein weiterer Mann saß dort am Tisch, nach hinten gelehnt auf einem Stuhl. Er starrte sie aus weit geöffneten Augen an. Sein grauer Bart war blutverschmiert, und in seiner Stirn prangte ein kleines rundes Loch, dunkel verkrustet an den Rändern. Die Wand hinter ihm war voll mit roten Blutspritzern.
    Valerie wehrte sich mit Händen und Füßen, doch sie war machtlos.
    »Du machst es mir nicht leicht,
dammed bitch
«, stieß Burroughs zwischen zusammengepressten Lippen hervor und zwang sie auf einen Stuhl – dem Toten gegenüber. Burroughs’ Gesicht war unnatürlich blass, und unter seiner Kleidung zeichnete sich auf Schulterhöhe ein dunkler Fleck ab. Sein linker Arm hing schlaff herunter, aber in seiner rechten Hand lag der Revolver, der genau auf sie zielte. Sein Atem ging stoßweise, als er sich zu ihr herabbeugte und ihr die Waffe unter das Kinn drückte, so dass sie ihm in die Augen sehen musste, ob sie wollte oder nicht. »
End of the show, bitch.
«
    Er war dicht, zu dicht. Sie roch seinen Atem, sein Rasierwasser, und die Lehne des Stuhls drückte in ihren Rücken. Es ist vorbei, war das Einzige, was sie denken konnte. Vorbei. Doch der Schuss kam nicht. Stattdessen hörte sie einen dumpfen Schlag, und Burroughs’ eiskalte Augen wurden plötzlich glasig, sein Griff schlaff. Er ließ sie los und fiel. Valerie schnappte nach Luft.
    »Eric!«, stieß sie hervor, als sie Mayer erblickte. Er war entsetzlich blass und schwankte bedenklich.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er.
    Sie nickte hastig. »Sind Sie verletzt?«
    Der Schuss hatte ihn getroffen, gefällt wie einen Baum …
    Er schluckte, rang nach Atem. »Alles in Ordnung«, versicherte er und stützte sich schwer auf dem Tisch ab. Schließlich richtete er sich wieder auf und öffnete seine Jacke. Darunter kam eine kugelsichere Weste zum Vorschein. »Können Sie mir beim Ausziehen helfen?«
    Die Kugel steckte auf Herzhöhe in dem schwarzen Material. Valerie berührte seine Schulter, strich mit den Fingern über seine Wange »Ich … ich bin so froh, dass Ihnen nichts passiert ist.«
    Er lächelte matt. »Ich auch.«
    Burroughs lag zwischen ihnen und der Tür. Valerie sah, wie sich sein Brustkorb hob und senkte. Er war nicht tot, und ihr Blick fiel auf seinen Revolver auf dem Tisch. Mayer beugte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Burroughs herab und fühlte seinen Puls. »Er wird bald wieder zu sich kommen.«
    »Nein«, sagte Valerie. Mit beiden Händen hielt sie die

Weitere Kostenlose Bücher