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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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Mordes mit der Schuegraf AG anbelangte. Nur eigentlich war kaum ein anderes Motiv denkbar. Und wer hätte sonst Zugang zu Röckls Büro gehabt, wenn nicht Leute aus der Firma? Auch der Drohbrief an ihn war mit der firmeninternen Hauspost gekommen. Man hatte sich gar nicht erst bemüht, den Eindruck eines externen Absenders zu erwecken. Ein klares Zeichen. Wenn das jedoch stimmte – und was bitte war das Motiv dahinter –, war auch er jetzt gefährdet? Der abgeschnittene Finger von letzter Woche war der makabre Vorbote weiterer Gewalt gewesen. Ging es den Mördern beispielsweise um Informationen, die Röckl besessen hatte und nicht hätte haben dürfen, dann hatte er jetzt ebenfalls ein Problem, da er gerade erst an jenem Morgen ein Vieraugengespräch hinter verschlossener Tür mit seinem Chef gehabt hatte. Wenn man Röckl wirklich abgehört hatte, und mittlerweile war er sich da sicher, war dieses Gespräch nicht geheim geblieben. Die Mörder mussten also befürchten, er könnte bereits teilweise eingeweiht sein (nur in was?).

     
    Er fuhr mit seinem Dienstwagen, einem Saab-Kombi, den er als begeisterter U-Bahn-Fahrer kaum je benutzte, zum Polizeipräsidium in der Ettstraße und warf den Umschlag persönlich in den Briefkasten. Auf dem Heimweg fiel der Entschluss, diesen Abend Barbara die gesamte Geschichte zu erzählen. Er brauchte jemanden, dem er vertrauen konnte und der die Geschehnisse aus einer anderen Richtung betrachten würde. Jetzt galt es, ein überlebenswichtiges Gesetz zu beachten: Für eine wichtige Schlacht braucht man Verbündete. Er musste jetzt damit anfangen, die seinen um sich zu scharen.

     
    »Du kleiner, gieriger Karpfen bist mitten in ein Haifischbecken geraten !« , war der erste Kommentar von Barbara. »Ich kann nicht verstehen, wie du auch nur mit dem Gedanken spielen kannst, morgen wieder treudoof wie ein braver Soldat auf dieses gefährliche und blutige Schlachtfeld zu ziehen !« Sie war weniger erstaunt oder ängstlich, sie war wütend.
    »Schau Barbara, ich arbeite seit vielen Jahren für Schuegraf. Das ist ein stocksolides, konservatives Traditionsunternehmen. Vergiss nicht, du hast Schuegraf damals sogar selbst mit ausgesucht! Wir sollten jetzt nichts überdramatisieren … «
    Schlechtere Worte, das merkte Glock noch während er sie aussprach, hätte er kaum finden können. Jetzt brach es wütend aus seiner Frau heraus, die auf dem Sofa deutlich von ihm abgerückt war und mit ihren Fingern ein Sofakissen durchwalkte, als wäre es an allem schuld:
    »Nein, lass uns nichts überdramatisieren! Dein Chef hält jahrelang vor dir geheim, dass er quasi als Hobby noch eine Art Firmengeheimdienst leitet! Man will unbedingt, dass du seinen Job möglichst schnell kriegst, und um die Sache zu verdeutlichen, schneidet man meiner besten Freundin brutal den Finger ab und schickt dir ein Erinnerungsfoto! Dann hört man offensichtlich das Büro deines Chefs ab, man legt Dossiers über das Privatleben der Schuegraf-Mitarbeiter an und, um der Tradition Genüge zu tun, schmeißt man auf die konservative Art deinen Chef aus dem Fenster. Habe ich was vergessen? Ach ja, noch die Kleinigkeit, dass du in einer Firma arbeitest, in der die aktuellen Vorstände ohne jegliche Skrupel Tausende von Arbeitern und Angestellten in ganz Deutschland rausschmeißen und damit die Existenz ihrer Familien zerstören. Einer Firma, in der, rein zur weiteren Gewinnsteigerung – es geht ja schließlich nicht darum, ein Konkursunternehmen zu sanieren! –, ein Werk nach dem anderen am Traditionsstandort Deutschland geschlossen wird. Und als Eintrittskarte in diesen feinen Club bittet man dich, deinen eigenen Kollegen und Zimmernachbarn eiskalt auf die Straße zu setzen! Ich glaub das alles einfach nicht !« Wütend warf sie das zerknautschte Kissen gegen die Wand.
    Keine Antwort von ihrem Mann, der stumm vor sich hinstarrte. Er wusste, dass sie noch nicht fertig war:
    »Weißt du was? Der Mord und Babettes Verstümmelung sind nur klitzekleine, für uns sichtbar gewordene Auswüchse eines Dauerkrieges, den deine bewunderten Idole in den Chefetagen weltweit führen. Unternehmen gegen Unternehmen auf dem Schlachtfeld der Märkte. Überall harte Konkurrenz und der Druck der Kapitalgeber, noch höhere Gewinne auszuschütten! Da muss dann natürlich jeder Kosten sparen, noch billigere Arbeitstiere beschaffen und seine Lieferanten knebeln – die dann wiederum auch sparen müssen und in Konsequenz überraschenderweise ihre

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