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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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breiten Doppelbett lag und mit stierem Blick die Decke betrachtete, hatte mit dem drahtigen Tauchguide auf den Fotos nichts mehr tun. Dieser Ahmed hier war ausgemergelt und hatte eingefallene Gesichtszüge. Er war sofort bereit gewesen, mit Anton zu reden, vielleicht war ihm aber ohnehin alles gleichgültig. Auf den Vorschlag, für seine Gesprächsbereitschaft zwanzigtausend Euro zu erhalten, ging Ahmed gar nicht ein. Glock würde das Geld hinterher Ahmeds Frau geben, die im Nebenzimmer mit Hassan wartete und ihrem Mann von dem Geld einen Platz in der von dem Schulleiter erwähnten, privaten Entziehungsklinik kaufen konnte. Über etwaige Folgen seiner Aussage schien sich Ahmed keinerlei Gedanken zu machen, aber Glock versicherte trotzdem mehrmals, die Informationen diskret zu behandeln und seinen Namen heraushalten zu wollen. Er schaltete das Diktiergerät ein und stellte dem vor ihm liegenden Wrack knappe Fragen. Die Antworten kamen leicht verzögert, aber klar verständlich. Über das Unfassbare reden zu können, schien eine therapeutische Wirkung auf den Malediver auszuüben.
    »Dieser Mann aus Deutschland ist ein paar Tage vor dem … dem Unfall persönlich nach Furanafushi Island gekommen und hat mir Geld geboten. Viel Geld. Ich wollte um jeden Preis weg von dort, zurück ins Noonu-Atoll zu meiner Familie, und darum … Es war ein Kinderspiel für mich. Der Bootsführer bekam fürs Wegsehen ein Viertel des Geldes. Ich weiß nicht, warum ich …« Der Rest des Satzes ging in einem tierischen Schluchzen unter. Bis ins Detail berichtete Ahmed anschließend über den von ihm begangenen Mord. Glock zog schließlich die Mappe mit den Mitarbeiter-Fotos aus dem Firmen-Intranet hervor, die Rauch mit viel Mühe nach seinen Anweisungen zusammengestellt hatte und griff zunächst nach dem Bild des Mannes, dessen Name er bereits im Gästebuch von Furanafushi gefunden hatte. Er hielt Ahmed den Ausdruck vor die Augen. Der spuckte auf das Foto und drehte sich mit einem lauten Stöhnen zur Wand um. Treffer.

     
    Zehn Minuten später hatte Glock das Haus des ehemaligen Tauchguides wieder verlassen. Ahmeds Frau hatte mit dem vielen Geld in der Hand neue Hoffnung geschöpft. Anton hingegen glaubte nicht, dass Ahmed die bösen Geister des von ihm verübten Mordes jemals wieder loswerden würde. Die nächsten zwei Stunden schrieb er im Wohnzimmer von Hassan fieberhaft die Aussage Ahmeds auf dem Diktiergerät Wort für Wort ab. Noch am selben Abend ließ er die Seiten von Ahmed, der jetzt sichtlich unter Drogeneinfluss stand, unterschreiben und anschließend von dem Schulleiter beglaubigen. Ahmed sagte bei seinem zweiten Besuch kein Wort, und es war keinerlei menschliche Regung auf dem schweißnassen Gesicht zu erkennen, als er hölzern jede der vier Seiten, wie von Anton gewünscht, einzeln abzeichnete. Ahmed war ein gebrochener Mann, der die Achtung vor sich selbst verloren hatte.

     
    Drei Tage später kam Anton zurück in die Hauptstadt – sein Geldkoffer war deutlich leichter geworden –, und er hatte einige eng beschriebene Seiten Papier dabei, die er noch besser hütete als seine restlichen Bargeldbestände. Die Mailbox seines nur wenigen bekannten Zweit-Mobiltelefons enthielt drei neue Nachrichten: Alois Rauch teilte ihm mit, er habe die Liste mit allen ehemaligen St. Servatius-Beratern, die jetzt bei Schuegraf arbeiteten, beisammen und warte auf Nachricht. Beiläufig teilte er noch mit, dass man Kroupa, den smarten Österreichchef, zum Vertriebsvorstand des Konzerns berufen habe. Alois hatte Recht behalten. Kroupa habe als ersten Akt seiner Tätigkeit das von Anton ins Leben gerufene Vertriebseffizienzprogramm ersatzlos gestrichen. Begründung: Über Vertrieb spreche man nicht, Vertrieb mache man. Glock konnte sich vorstellen, wie sich jetzt all die lahm gewordenen Spesenritter in der weltweiten Vertriebsorganisation ins Fäustchen lachten. In ihrer kompetent knappen Art berichtete ihm Frau Nockele noch einmal in anderen Worten von der Beförderung Kroupas in den Vorstand. Glock fragte sich, wie es dazu hatte kommen können. Dann war da noch eine kurze Nachricht von Barbara, die ihm mitteilte, im Male Harbour Hotel ein Doppelzimmer gemietet zu haben und dort auf ihn zu warten. Er schickte eine kurze SMS zurück: › Bin gleich bei dir !‹ Anton freute sich auf seine Frau und ging die Hafenpromenade entlang, an der Fischhalle vorbei in Richtung des modernen, dreistöckigen Hotelbaus. Unten war eine Tauchbasis integriert.

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