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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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Zimmern. In einem schliefen Hassan und seine Frau, im zweiten die zwei Kinder und im dritten wurde gegessen, gearbeitet, gekocht und gefeiert. Hassans Frau war sicher noch viel jünger als er, vielleicht neunzehn und sehr schüchtern. Sie sprach kein Englisch. Nach ein paar Anweisungen von ihrem Mann machte sie für Anton eine Liege im Kinderzimmer zurecht und bedeutete ihm mit ein paar Gesten, er solle sich in dem Zimmer wie zu Hause fühlen. Die Kinder, die gerade in der Schule waren und von ihrem Glück noch nichts wussten, wurden kurzerhand zu den Nachbarn umquartiert. Anton ließ auch bei dem Schulleiter seine Journalisten-Mär vom Stapel, die sich bereits bewährt hatte. Hassan machte Glock klar, dass er als Ausländer mit seinem Aufenthalt auf dieser Einheimischeninsel gegen maledivisches Recht verstieß und eine hohe Strafe riskierte. Er, Hassan, würde das jedoch noch heute mit den Dorfautoritäten regeln. Sie saßen im Schatten der Veranda in den eigenartigen Sitzmöbeln, die wie selbst gebastelt wirkten und tranken eine Dose Coca Cola, die seine Frau hervorgezaubert hatte. Hassan wollte wissen, wie er weiterhelfen könne:
    »Wen willst du sprechen? Sag mir, wen du für dein Interview brauchst, und ich werde dich hinbringen !«
    »Es handelt sich um einen ehemaligen Tauchguide von der Touristeninsel Furanafushi Island. Ahmed heißt er. Er soll hierher zu seiner Familie zurückgekehrt sein .« Hassans Gesichtszüge verdüsterten sich und er stellte die Cola-Dose abrupt ab.
    »Keine sehr gute Idee …«
    »Warum? Ist Ahmed nicht hier auf der Insel ?« Der junge Schulleiter stierte eine Weile auf die Gasse vor seiner Hütte, dann gab er sich einen Ruck.
    »Doch, ist er. Der Zeitpunkt ist nur nicht besonders glücklich .«
    »Wenn du mir helfen willst, musst du mir schon ein wenig mehr erzählen !«
    »Schau, die Malediven wirken auf euch Europäer wie das Paradies. Immer warm, keine Umweltverschmutzung, Palmen, Sandstrände. Es ist aber nicht das Paradies. Wir haben dieselben Probleme, die es bei euch auch gibt, verstehst du? !«
    »Nein. Was hat das mit Ahmed zu tun ?«
    »Nun, obwohl bei uns Drogen und Alkohol strikt verboten sind, haben wir eine von Jahr zu Jahr ansteigende Zahl Drogensüchtiger … Und der von dir gesuchte Ahmed ist einer davon .« Der letzte Satz war sehr leise gekommen. In den nächsten Minuten erfuhr Glock, dass Ahmed mit viel Geld zurück nach Noonufinolhu gekommen war und sich ein schönes, neues Fischerdhoni, ein größeres Haus für seine Familie und einen neuen Fernseher angeschafft hatte. Aber er wirkte rastlos, unzufrieden. Mit dem Boot fuhr er selten zum Fischen, und er verbrachte nur äußerst wenig Zeit im schmucken, neuen Haus mit seiner Frau und den Kindern. Er drückte sich lieber mit ein paar dorfbekannten Taugenichtsen herum, für die er ob seines vielen Geldes der Inselkönig gewesen war. Vor ein paar Wochen war seine Frau dann darauf gekommen, dass ihr Mann drogensüchtig geworden war. Drogen schienen nach den Schilderungen von Hassan ein immer größeres Problem auf den Malediven zu werden. Sie kamen per Schiff von überallher. Es gab mittlerweile sogar schon zwei Entziehungskliniken in der Republik: eine staatliche – mit einem ob ihrer Methoden zweifelhaftem Ruf – sowie eine Privatanstalt, in die wohlhabende Familien ihre abgestürzten Sprösslinge schickten. Aber das erzählte man den Touristen nicht, die weiterhin glauben wollten, ins Paradies zu kommen. Glock hörte aufmerksam zu und glaubte genau zu wissen, warum Ahmed Zuflucht zu Drogen nahm. Er versuchte seinen Erinnerungen an die Green Caves zu entfliehen. Vielleicht würde Antons Mission im Noonu-Atoll doch nicht ganz so schwierig werden, wie ursprünglich gedacht. Er würde dem ehemaligen Tauchguide neben viel Geld noch etwas anderes bieten können: Gewissenserleichterung, Wiedergutmachung. Absolution.

     
    Zum Frühstück am nächsten Tag gab es ein Thunfischcurry. Dasselbe wie am Vorabend, nur etwas weniger scharf. Hassan hatte sich in der Schule einen Tag frei genommen und brachte Glock zu Ahmeds Haus. Dieser hatte in seiner Aktentasche alle wesentlichen Utensilien dabei, um seinen Besuch hier einem erfolgreichen Abschluss zuzuführen: Die Fotos verschiedener Schuegraf-Mitarbeiter, die ihm Alois Rauch aus dem Firmen-Intranet ausgedruckt hatte, sein Diktiergerät und sehr viel Bargeld. In den Zeitungsberichten zu Beckendorfs Tauchtod waren Fotos von Ahmed abgebildet gewesen. Der Mann, der auf dem

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