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Machtrausch

Machtrausch

Titel: Machtrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer C. Koppitz
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und mit einem Mal sah er die Lösung gestochen scharf vor sich. Konnte das sein? Aber plötzlich passte alles zusammen. Richtig gut zusammen. Das Puzzle war komplett, er kannte den Verräter. Die unerwartete Erkenntnis hatte ihn ein paar Sekunden von der panischen Angst um seine Frau abgelenkt, die jetzt wieder mit voller Wucht zuschlug.

     
    Unten an der Rezeption teilte man ihm mit, er habe zwischenzeitlich Besuch bekommen. Von zweien seiner Geschäftspartner (war man hier allgemein so gutgläubig?), die kurz zu seinem Zimmer hinaufgegangen waren, um angeblich einen Brief unter der Tür durchzuschieben. Er wusste, dass es keinen Sinn machte, die netten, hilfsbereiten Rezeptionisten zur Sau zu machen. Ja, und seine Frau sei leider noch nicht zurückgekommen. Einer der Männer händigte Anton seine für Barbara hinterlassene Nachricht wieder aus. Auf diese hatte Glock geschrieben: › Warte im Zimmer auf mich. Bin im Yasmin Restaurant. Ich liebe dich! Anton‹ Er zerknüllte den Zettel und steckte ihn in die Hosentasche. Langsam stieg er die Treppe zu seinem Zimmer nach oben. Es gab Tage, an denen die Schwerkraft besonders stark war. Er schloss das Zimmer auf und bemerkte sofort: Das gesamte Zimmer war ein unbeschreibliches Chaos. Man hatte sogar die Matratzen aufgeschlitzt. Für jegliche Anstrengung, das Zimmer aufzuräumen, wenigstens oberflächlich, fehlte Anton die Kraft. Er ließ sich auf die zerfetzte Matratze fallen und vergrub das Gesicht in den Überresten des Kopfkissens. So blieb er reglos liegen. Es gab jetzt exakt zwei Möglichkeiten, wie die Geschichte weiterging. Binnen der nächsten Stunde tauchte Barbara auf, weil man sie freiließ, sobald man sich überzeugt hatte, dass sich alle Originaldokumente, wie Ahmeds Aussage, in der Tasche befanden. Oder, und bei diesem Gedanken vergrub er das Gesicht noch tiefer im Kissen, man ließ Barbara verschwinden und würde dasselbe gleich noch mit ihm versuchen. Man brauchte sie ja nicht länger, jetzt, wo man die Unterlagen hatte. Dachte zu haben, da man nichts von den Münchner Kopien oder zumindest seinen Sendungen an Volker wusste. Logischer wäre es allerdings, sie beide zu beseitigen, gab Anton sich selbst verzweifelt zu. Er setzte sich abrupt auf und blickte auf das Zifferblatt seiner Uhr. Genau weitere fünfundvierzig Minuten würde er warten. Bei abgeschlossener Tür und auf dem Balkon, der immerhin eine Feuerleiter als mögliche Fluchtmöglichkeit bot. Sollte sich bis dahin seine geliebte Barbara nicht gemeldet haben, musste er von der schlimmsten Variante ausgehen (er vermied den Gedanken daran) und würde über das Zimmertelefon die deutsche Botschaft anrufen, die es hier in Male hoffentlich irgendwo gab. Eine Minute nach der anderen raste vorbei, der Sekundenzeiger rotierte gleichsam mit Zentrifugalgeschwindigkeit um das Zifferblatt und der Minutenzeiger tobte voran. Schon spielte er mit dem Gedanken, die Frist auf sechzig Minuten zu verlängern, da schrillte hässlich das Zimmertelefon. Er riss den Hörer ans Ohr:
    »Ja. Wer ist da ?«
    »Rezeption, Mr. Glock. Ihre Frau ist unten, können Sie sie abholen? Sie ist ein wenig …« Er knallte auf und stürzte die Treppe zur Lobby hinunter. Barbara saß auf einem Stuhl und sprang auf, als Anton auf sie zurannte. Seine Frau sah aus, als ob sie gerade mit eigenen Händen einen Slum saniert hätte: Unendlich müde und erschöpft. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und die Glocks umarmten sich lange, wie zwei Menschen, die gerade aus Seenot gerettet worden waren.
    »Wie geht es dir, Babs? Ich habe mir entsetzliche Sorgen um dich gemacht !«
    »Zu Recht, Anton. Man hat mich den ganzen Tag in einer kleinen Kajüte auf irgendeiner vergammelten Yacht eingesperrt. Kein Wort hat man mit mir geredet. Vor einer halben Stunde haben sie mich dann mit verbundenen Augen am Rande des Hafens abgesetzt. Ich soll dir etwas ausrichten .«
    »Lass uns erst einmal hochgehen, Babs .« Er brachte sie eng umarmt in ihr verwüstetes Zimmer, aber Barbara zuckte bei dem Anblick nicht einmal mit der Wimper.
    »Und was sollst du mir ausrichten ?«
    »Wenn du jemals auch nur ein Wort über den Tauchunfall von Beckendorf verlautbaren lässt, dann … dann werden sie mich, egal wo auf der Welt, finden und eine weitere Schiffsreise mit mir unternehmen. Eine, von der ich nicht zurückkommen würde …«
    »Zu spät, Barbara«, sagte Glock leise, während er seine Frau weiter in den Armen hielt. Dann berichtete er von seinen

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