Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
eine ganz andere Frage. Möglicherweise hat der knallharte Preisdrücker für diese Positionen schon einen anderen Kandidaten an der Angel, der kurzfristig einspringen kann.
Gefahren
Es ist immer riskant, erst einmal in Vorleistung zu gehen und darauf zu hoffen, später auf seine Kosten zu kommen, zumal durch Nachverhandlungen, bei denen die Karten neu gemischt werden. Unter Umständen stellt sich die Situation nun gar nicht besser, sondern sogar schlechter dar als in Phase eins. Die Gegenseite hat vorgesorgt und stellt Sie nun vor die Alternative: zu den alten Konditionen weiterzumachen oder das Feld zu räumen. Oder Sie werden sofort abserviert, sobald Sie anfangen, Nachforderungen zu stellen. Eben gegen diesen Fall müssen Sie sich absichern.
Zweitens belasten Nachverhandlungen immer die Beziehung zu Ihrem Verhandlungspartner – wenn er diese Verhandlungen nicht schon einkalkuliert hat. Aber wenn er sie einkalkuliert hat, dann steigt auch die Gefahr, dass er sich gegen sie wappnet. Ansonsten ist der psychologische Effekt von Nachverhandlungen, dass sich die schwächere Seite geprellt und machtlos fühlt. Solche Situationen wird sie in Zukunft vermeiden wollen, auch wenn sie unter dem Strich gar nicht so schlecht abgeschnitten hat.
Gegenstrategien
Natürlich können Sie versuchen, Ihre Vereinbarung so zu gestalten, dass Sie gar nicht erst nachverhandeln müssen. Denn Sie haben alles Wesentliche festgeklopft. Doch noch besser ist es, wenn Sie auf Nachverhandlungen vorbereitet sind. Dennimmerhin kann es sich Ihr Gegenüber ja immer überlegen nachzuverhandeln, wenn er sich davon Vorteile verspricht, gleichgültig, was Sie vorher vereinbart haben. Es geht also darum, dass Sie Ihre Position für mögliche Nachverhandlungen stärken und sich nicht auf Gedeih und Verderb dem anderen ausliefern. Wenn Sie gar nicht so abhängig sind, wie Ihr Gegenüber glaubt, dann kann er eine böse Überraschung erleben. Vielleicht stellt sich heraus, dass er viel mehr zu verlieren hat als Sie. Dann wird er seine Nachforderungen kräftig nach unten korrigieren müssen. Kurzum, Sie dürfen nach Ihrer Einigung von dem anderen nicht zu stark abhängig werden, und er wiederum darf von Ihnen nicht zu unabhängig werden. Darüber hinaus können Sie immer noch davor warnen, die bislang so ausgezeichnete Geschäftsbeziehung aufs Spiel zu setzen. Und natürlich hilft es immer, wenn Sie sich menschlich enttäuscht zeigen, wenn jemand seine Machtposition ausnutzen will (siehe nächstes Spiel).
"Verdammt, ich brauch Sie, ich brauch Sie nicht!"
Bei Verhandlungen sind Sie im Vorteil, wenn Sie nicht so sehr auf die andere Seite angewiesen sind, wird allgemein behauptet. Und das ist ja auch nicht falsch. Wer unabhängig ist, kann Forderungen stellen und die andere Seite muss eine Kröte nach der anderen schlucken, oder die ganze Sache findet einfach nicht statt. Denken wir an eine Expertin, die über einzigartiges Fachwissen verfügt, das die Firma dringend braucht – oder einen Schauspieler, der unbedingt die Hauptrolle in einem bestimmten Film übernehmen soll. Die Gefragten diktieren die Bedingungen. In der Verhandlung haben sie nahezu unumschränkte Macht, solange es weit und breit niemanden gibt, der sie ersetzen könnte.
Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Denn auch derjenige, der den anderen braucht, übt mitunter sehr starken Einfluss aus. Er spielt nur auf einem völlig anderen Register. Er appelliert an dessen Hilfsbereitschaft, seine Fairness, seine Mitmenschlichkeit – an all die hochanständigen Dinge, die im Spiel um die Macht angeblich nicht zahlen. Doch das stimmt nicht so ganz, wie wir noch sehen werden. Mit diesen hochanständigen Dingen können Sie Ihren Gegenspieler unter bestimmten Voraussetzungen nämlich sehr stark unter Druck setzen. Oder Sie selbst geraten mit einem Mal aus einer vermeintlich starken Position in die Defensive, weil Ihr Gegenüber Sie braucht und Sie ihn einfach hängen lassen.
Im Spiel "Verdammt, ich brauch Sie, ich brauch Sie nicht" spielen Sie wechselweise auf beiden Registern. Je nachdem, wie es gerade passt, setzen Sie Ihren Gegenspieler unter Druck oder lassen ihn mit seinen Forderungen auflaufen. Dabei kann das Spiel erheblich an Fahrt gewinnen, wenn Sie Vorder- und Hinterbühne (vgl. Seite 26) für sich nutzen.
Wer gebraucht wird, ist nicht frei
Das Verhältnis von Macht und Abhängigkeit ist verwickelter, als es auf den ersten Blick zu sein scheint. Zunächst ist es ein menschlicher
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