Machtspiele: Die Kunst, sich durchzusetzen (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
nicht (mehr) brauche, können Sie nur noch schwer Forderungen stellen. Entweder Sie akzeptieren meine Bedingungen oder wir trennen uns. Damit ziehe ich Ihnen den Boden unter den Füßen weg, Ihre Machtbasis bröckelt. Doch gleichzeitig kann ich nun nicht mehr erwarten, dass Sie sich noch über Ihre Verpflichtungen hinaus für mich und mein Projekt engagieren. Ich habe Sie für verzichtbar erklärt und Sie damit indirekt aufgefordert, sich ein anderes Betätigungsfeld zu suchen – wenn Sie denn etwas finden, wo Sie gebraucht werden.
Im Spiel um die Macht kann mir das natürlich auch nicht recht sein. Daher werde ich, nachdem ich Ihre Forderungen mit dem Hinweis "Ich brauche Sie nicht" zurückgewiesen habe, wieder umschwenken und Ihnen bei nächster Gelegenheit versichern, wie sehr ich wieder auf Sie angewiesen bin. Unter diesem Hin- und Herpendeln mag meine Glaubwürdigkeit leiden, aber nur wenn ich allzu abrupt zwischen den Extrempositionen schwanke. Ein sanftes Hin- und Hergleiten zwischen beiden Positionen ist hingegen durchaus nichts Ungewöhnliches, sondern gehört zu den üblichen Macht- und Verhandlungsspielen. Mal brauche ich Sie ein bisschen mehr, mal brauche ich Sie ein bisschen weniger. Je nachdem, ob ich Sie ködern, bei der Stange halten oder mit Ihren Ansprüchen auf Abstand halten will.
Das Spiel auf Vorder- und Hinterbühne
Nun haben Sie natürlich auch Ihre Vermutungen, wie stark ich wirklich auf Sie angewiesen bin. Vielleicht halten Sie sich für unentbehrlich. Wenn ich so tue, als könnte ich auf Sie verzichten, dann bluffe ich nur, um Ihre Forderungen klein zu halten. Doch womöglich überschätzen Sie sich und ich warte nur darauf, dass Sie mit Ihren Forderungen an mich herantreten. Vielleicht spielen Sie ja richtig hart und stellen mir ein Ultimatum – das ich freudig begrüße und an dessen Ende ich Sie wegen "unüberbrückbarer Differenzen" vor die Tür setze.
Vielleicht sind Sie aber auch argwöhnisch und glauben meinen Beteuerungen nicht, dass ich auf Sie angewiesen bin und mich weiterhin von Ihnen abhängig machen möchte. Sie vermuten, dass ich hinter Ihrem Rücken schon nach einem Ersatz suche.
Tatsächlich kann mein Verhalten auf der Vorder- und der Hinterbühne (vgl. Seite 26) sehr unterschiedlich ausfallen. Während wir auf der Vorderbühne unsere gute Zusammenarbeit feiern, kann ich auf der Hinterbühne mit jemandem Verhandlungen führen, der Ihre Leistung günstiger oder besser erbringt. Ich wiege Sie in trügerischer Sicherheit und kündige unsere Zusammenarbeit auf, sobald ich mit dem anderen handelseinig geworden bin. Noch abgefeimter wird das Spiel, wenn ich Sie einen Blick auf die Hinterbühne erhäschen lasse – wie unabsichtlich, versteht sich. Und anschließend verhandeln wir die Bedingungen unserer künftigen Zusammenarbeit.
Die Gegenseite macht es auch so
Noch verwickelter wird das Spiel dadurch, dass auch Sie mir signalisieren, wie stark Sie auf mich und meine Aufträge/Projekte/Pläne angewiesen sind. Geben Sie mir zu erkennen, dass Sie mir demnächst nicht mehr zur Verfügung stehen könnten, muss ich Sie wieder ködern und vielleicht sogar auf Ihre Forderungen eingehen. Oder ich schreibe Sie ab und sehe mich nach einem Ersatz um. Oder ich unterstelle Ihnen, dass Sie genauso bluffen wie ich. Auch Sie können sich hinter meinem Rücken nach Alternativen umsehen, während Sie mir erzählen, wie sehr Sie auf meine Aufträge angewiesen sind. Und während ich Sie für künftige Aufgaben einplane, teilen Sie mir lapidar mit, dass unsere Zusammenarbeit beendet ist. Auch Sie können Vorder- und Hinterbühne bespielen und mir weismachen, dass ich Sie frühzeitig buchen muss, um noch einen Termin zu bekommen – während Sie alle Termine umwerfen würden, wenn ich Sie denn buche.
Warum Sie Ihre Machtposition nicht ganz ausnutzen sollten
Angenommen, Sie brauchen die Gegenseite nun nicht mehr so stark, aber die ist immer noch auf Sie angewiesen. Dann haben Sie zwar eine ausgezeichnete Verhandlungsposition und könnten Ihre Macht ausreizen, bis es der Gegenseite richtig wehtut. Doch häufig ist das keine gute Taktik. Einmal, weil Sie Ihren Verhandlungspartner in seiner ganzen Machtlosigkeit vorführen. Diese Demütigung wird er kein zweites Mal erleben wollen. Auch wenn er sich jetzt auf Ihre Bedingungen einlässt, weil er gar nicht anders kann, wird er alles daransetzen, sich das in Zukunft zu ersparen. Wo immer sich Alternativen auftun, wird er sie nutzen. Oder er wird sie
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