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Madam Baeurin

Madam Baeurin

Titel: Madam Baeurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Christ
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sie das Leiden mit Gewalt. Und so bleibt ihr nichts anderes übrig, als gebieterisch zu sagen: »Geht. Ich will allein sein!« und darnach wieder weiter zu weinen.
    Also verlassen die beiden das Zimmer, Adele vergnügt und selbstzufrieden, Rosalie gedrückt und elend.
    Denn sie weiß selber am besten, wie es um sie steht.

    Was die Schiermoserin einmal im Kopf hat, das muß sie auch ausführen.
    Und da sie einen großmächtigen Zorn auf ihre Sommerfrischler, einen tiefen Groll über die Rätin und ihre Tochter im Herzen hat, so muß sie demselben Luft machen. Gleich auf der Stelle.
    Es nützt gar nichts, daß Franz und der Bauer ebenfalls durch den Stall ins Haus gegangen sind und nun der »narrischen Alten« die Leviten lesen; sie macht die alte Rätin nun einmal verantwortlich für allen Ärger; ist davon überzeugt, daß sie ihre Tochter bloß zu dem Zweck nach Berganger gebracht hat, um sie zur Schiermoserin zu machen, und sie muß derselben sagen, was sie sich über sie denkt.
    Also rennt sie geraden Wegs hinauf zur Rätin und steht unversehens mitten in deren Stube.
    Die alte Dame liegt immer noch leise weinend auf dem Sofa.
    »I hab epps z' reden mit enk!« sagt da die Schiermoserin.
    Die Rätin fährt in die Höhe: »Frau Schiermoser?!«
    Die Bäuerin schluckt ihr wildes Herzklopfen hinunter.
    »I frag enk, obs ös koan andern Hochzeiter nimmer gfunden habts für enka Deandl als wia mein Buam?«
    »Waas? Was sagen Sie?«
    »Obs ös koan andern nimmer gfunden habts zum Heiratn für enka Rosl als wia mein Buam, hab i gfragt!«
    Sie steht da, die Bäuerin, wie ein Posaunenengel des Letzten Gerichts.
    »Was sagen Sie da? Meine Tochter und Ihr Sohn sollten ...? Ja, aber das ist ja gerade die Ursache ...«
    »Was für a Ursach is dös?« fährt ihr die Schiermoserin wild dazwischen. »Dees is überhaupts koa Ursach net! Habts mi verstanden? Überhaupts koane! Indem daß i dees ganz oafach net geduld! Indem daß dees a Niedertracht is! Dees is der Dank dafür, daß ma enk herfuattert den ganzen Sommer über; daß 's oan 's Haus ausschnuffelts und den eigna Buam seine Leut abspensti machts! Eingfadlt habts'n, und enka hoamtuckischs Madl, enka Rosl, wollts eahm ohänga als Bäuerin! Aber oha! I bin scho aa no da! I schiab enk an Riegel für die Tür! Dees glaab i! Dees war freili a gmaahte Wiesen für enk! A reicher Bauernbua und a scheena Hof! Naa, mei Liabe! Da werd nix draus. Da schaugts enk nur wo anderscht um. A anderna Muatta hat aa a liabs Kind. Aber mir zwee ham ausdischbetiert mitanand. Es ist mir liaber, ös schaugts enk wo anderscht um zwegn der Sommerfrischn. Bei mir is koa Platz nimmer für enk, daß ihrs wißts.«
    Sie setzt nicht ein einziges Mal ab in ihrer Rede; sie sieht nicht das Entsetzen, die starre Verwunderung der Rätin; sie läßt sie auch nicht zu Wort kommen, da die alte Dame ihr versichern will, sie sei unschuldig an dem Verbrechen, dessen man sie hier zeihe!
    »Aber, liebe Frau, ich bin doch selbst ganz der Ansicht, daß es ausgeschlossen ist, daß meine Rosalie ...«
    »Dees is mir ganz wurscht, was daß ös für a Ansicht habts. I sag enk grad so viel und net mehra: Solang i a offens Aug hab, kriagt mir der Hof koa anderne Bäuerin als wia dee, dee wo mir paßt. Und es is mir liaber, ös verschwindts bald wieder. Soo. Gredt hab i.«
    Und damit ist sie auch wieder draußen. Die Rätin ist so entsetzt und vor den Kopf geschlagen, daß sie sich überhaupt erst besinnen muß, wo sie ist und was eben war.
    Erst allmählich formt sich in ihr das Chaos zu einem Ganzen.
    Also, diese verrückte Person, diese Schiermoserin, glaubt tatsächlich, daß sie, die Rechtsrätin Scheuflein, ihre Tochter an diesen Sohn, diesen Klotz, diesen Bauern verschachern wollte!
    Sie muß trotz Gicht und Ärger lächeln.
    »So was kann nur einem Bauerngehirn einfallen! Aber ...«
    Sie wird wieder ernst.
    »Das kommt davon, weil dies leichtfertige Mädel Tag für Tag bei dem Burschen steckt! Ihm am Ende gar den Kopf verdreht! Schauderhaft! Wenn das der Assessor wüßte ...!«
    Sie beginnt, trotz ihrer Schmerzen, in der Stube auf und ab zu humpeln.
    »Das hat man nun davon. Am besten ist es, wir reisen so rasch als nur möglich ab. Dann wird gleich Ruhe sein.«
    Bei diesem Gedanken wird auch sie selber wieder ruhiger, erinnert sich ihrer Gicht und legt sich seufzend wieder aufs Sofa.
    Indes die Schiermoserin drunten in der Kuchel werkt wie ein Gockel, der eben seinen Gegner flügellahm gemacht hat.

10

    Andern Tags.

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