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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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will, verliere ich die
Konzerte. Dann kann ich meine Künstler nirgendwo mehr auftreten lassen. Ich bin
ein Nichts.«
    Er sackte auf seine zerknitterte Hose
und ließ seine Hände zwischen den Knien baumeln.
    »Nick«, sagte Bittersohn leise, »ich
hatte dich gebeten, mir zu sagen, was du weißt.«
    »Max, ich habe es mir zur Gewohnheit
gemacht, nichts zu wissen. Seit Jahren habe ich gedacht, daß irgend etwas nicht
stimmt, und nicht hingesehen. Früher in der Schule in meiner Heimat hat uns der
Lehrer immer drei idiotische Affen gezeigt. Nichts Schlechtes hören, nichts
Schlechtes sehen, nichts Schlechtes sagen. Ha! Tolle Idee, Kindern das
beizubringen! Bevor wir zwei und zwei zusammenzählen können, wissen wir doch,
daß man nur am Leben bleibt, wenn man stiehlt, lügt und betrügt. Sicher, ich
lüge auch. Aber jetzt lüge ich nicht, mein Freund. Ich weiß nichts, weil ich
nämlich beschlossen habe, nichts zu wissen.«
    »Und was vermutest du?«
    »Vermuten?« Fieringer rollte das Wort
auf der Zunge, als hörte er es zum ersten Mal. »Ich glaube, jemand hat seit
Jahren wie die Made im Speck von Madams Schätzen gelebt. Sehe ich etwa so aus,
als ob ich es wäre?«
    »Sie hätten Ihr Geld ja auch
verschenken können«, sagte Sarah leise. »An Ihre Freunde.«
    »Hätte ich. Ich habe immer viel an
andere gegeben. Aber am Ende war ich immer doch nur der häßliche, alte, fette
Nick. Also habe ich damit aufgehört. Wenn ich nur den richtigen Weg wüßte, aber
irgendwie finde ich ihn nie. Max, ich kann dir nicht helfen. Ich weiß nichts.
Ich verdächtige niemanden. Ich bin ein alter Mann. Ich muß schlafen. Laßt mich
jetzt bitte allein.« Ihm versagte die Stimme. »Bitte.«
    Bittersohn wandte sich ab. »Komm,
Sarah«, seufzte er, »wir gehen nach Hause.«

Kapitel
21
     
     
     
     
     
     
     
    A m nächsten Tag erkundigte sich Sarah
ungefähr sechsmal telefonisch im Krankenhaus nach dem Zustand der Gräfin. Um
fünf Uhr nachmittags rief sie während des Plätzchenbackens von der Küche aus
an. Lydia Ouspenska war zwar immer noch nicht bei Bewußtsein, aber sie lebte.
Die Stationsschwester schien etwas anderes erwartet zu haben.
    Sarah hatte gerade aufgelegt und
knetete wieder ihren Plätzchenteig, als Brooks anrief. »Sarah«, zischte er,
»bestell deinem jungen Herrn, daß sich in Madams Palazzo irgend etwas
zusammenbraut. Ich liege hier auf der Lauer und versuche herauszufinden, was es
ist.«
    »Brooks«, keuchte Sarah, »das kannst du
nicht machen!«
    »Natürlich kann ich das. Ich
beabsichtige, mich als Wasserspeier aus dem 15. Jahrhundert zu tarnen.«
    »Du weißt gar nicht, was für ein Risiko
du damit womöglich eingehst.«
    »Vernünftige Männer gehen kein Risiko
ein.«
    »Vernünftige Männer tarnen sich auch
nicht als Wasserspeier aus dem 15. Jahrhundert.«
    »Sarah, ich habe keine Zeit zum Streiten.
Sei so lieb und erklär Theonia, daß ich mit ihr heute abend nicht ins Museum of
Science gehen kann.«
    »Du kannst doch nicht so mit den
Gefühlen einer ehrbaren Frau spielen.«
    »Theonia wird das schon verstehen.«
    »Das glaubst du! Einen Moment, ich sehe
gerade Mr. Bittersohn durch den Hintereingang kommen.« Sie klopfte gegen die
Fensterscheibe, winkte ihm zu, er solle nach oben kommen, und reichte ihm das
Telefon. »Hier, und jetzt rede ihm die Sache um Himmels willen bloß wieder
aus!«
    »Wer ist es denn überhaupt?«
    »Cousin Brooks. Er sagt, daß sich bei
Madam irgend etwas tut und er sich als Wasserspeier aus dem 15. Jahrhundert
tarnen will.«
    »Bestimmt die einzig vernünftige
Strategie.« Grinsend nahm Bittersohn den Hörer. »Hallo, X-9? Hier 007. Wie kann
ich in das Gebäude kommen, ohne erwischt zu werden? Die Kohlenrutsche? In
Ordnung. Klar! Natürlich, darauf können Sie wetten. Punkt neun Uhr. Roger, over
und out.«
    Er knallte den Hörer auf die Gabel.
»Madam, sind Sie in der Lage, eine Expedition auszurüsten? Brooks wünscht
Schinkenbrote und Rootbeer. Von einer Laterne im Glockenturm hat er zwar nichts
gesagt, aber ich denke, schaden wird es auf keinen Fall.«
    »Haltet einen Moment ein, edler
Hairbreadth Harry! Warum neun Uhr?«
    »Weil dort heute irgendeine
Tanzveranstaltung stattfindet, die um acht Uhr vorbei sein soll, aber
wahrscheinlich bis halb neun dauern wird, und Brooks annimmt, daß der ganze
Zauber erst losgeht, wenn die Luft rein ist. Das gibt mir genug Zeit, zu Abend
zu essen wie ein zivilisierter Mensch, bevor ich die Kohlenrutsche
hinunterrausche.«
    »In deinem guten

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