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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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Nacht, die sich kein Mann seines
Alters, egal aus welchem Grund auch immer, zumuten sollte, konnte einem schon
das Herz brechen. Sie vermutete, daß Max Bittersohn genauso fühlte, doch er
machte einfach stoisch weiter, untersuchte das feuchte Hemd, die zerknitterte
Unterwäsche und schließlich Nicks fette Hände. Dann war er Gott sei Dank
endlich zufrieden.
    »In Ordnung, Nick.«
    »Danke, lieber Freund«, sagte der
Impresario mit der gleichen Art von Freundlichkeit, die Rigoletto vor den
spottenden Höflingen zur Schau stellen mußte, nachdem sie seine Tochter
gekidnappt hatten, »auch wenn ich keine Ahnung habe, was in Ordnung ist, bin
ich doch froh, daß es in Ordnung ist.«
    »Als du heute abend in Lydias Atelier
warst, ist dir da ein unfertiges Bild aufgefallen?«
    »In einem Atelier gibt es immer ein
Bild, das noch nicht ganz fertig ist. Hätte ich es sehen müssen?«
    »Es stand auf dem Boden in der Nähe der
Stufen, gegen einen kleinen Tisch gelehnt.«
    »In Lydias Atelier gibt es überall
kleine Tische. Nein, mein Freund, ich habe es nicht gesehen.«
    »Nick, am besten erzählst du mir
endlich, was du weißt.«
    »Was sollte ich denn wissen?«
    »Jetzt reicht es, Nick. Zwei Wächter
von Madam sind ermordet worden. Lydia ist das nächste Opfer, falls sie nicht
durchkommt. Du weißt verdammt gut, daß das ganze Gift, das sie je zu sich
genommen hat, billiger Fusel und schlechtes Essen war. Irgend jemand versucht,
es so aussehen zu lassen, als ob sie die Malerin ist, die etwa 97 Prozent der
Gemälde im Wilkins-Museum gefälscht und die Originale aus dem Land geschafft
hat. Ich glaube, das könntest sehr wohl du gewesen sein.«
    »Ich?« Fieringers gelbes Gesicht nahm
den Farbton von schmutzigem Elfenbein an.
    »Du warst genau zu den richtigen Zeiten
an den richtigen Orten. Du kennst das Museum und die Routine dort wie deine
eigene Westentasche. Du hast Witherspoon und Brown gekannt. Du bist ein
ehemaliger Geliebter von Lydia.«
    »Wer ist das nicht?« schrie der
Impresario. »Max, ich schwöre dir bei der geheiligten Erinnerung an meine
Mutter, ich habe mit den Bilddiebstählen nichts zu tun. Ich habe auch mit den
Morden nichts zu tun. Das mit Lydia stimmt. Ich helfe ihr, ihre schönen Ikonen
zu verkaufen. Ist es denn so schlimm, wenn man eine alte Freundin davor
bewahrt, in der Gosse zu enden?«
    »Wo hilfst du ihr denn, die Bilder zu
verkaufen?«
    »Ich habe sie mit Jack Hayre in der
Charles Street zusammengebracht.« Der Schweiß rann von Nicks schlaffen
Hängebacken. »Das ist alles, was ich getan habe. Sonst nichts. Sie ist die
einzige schöne Frau, die jemals mit mir ins Bett gegangen ist.«
    »Ist C. Edwald Palmerston auch mit dir
ins Bett gegangen? Du hast doch diese Ruy-Lopez-Geschichte arrangiert.«
    »Max, was hätte ich denn sonst tun
sollen? Palmerston kommt angeschlichen und geht wie die Katze um den heißen
Brei. Schließlich rückt er damit heraus, daß er die Diebstähle unter den
Teppich kehren will, damit er sein Gesicht nicht verliert. Er will nicht, daß
aus Palmerston dem großen Wohltäter Bostons plötzlich Palmerston der große Esel
wird, der es zuläßt, daß man ihm ein Museum unter der Nase wegklaut. Es ist
feige, es ist nicht besonders fein, nicht gentlemanlike, aber — «, er zuckte
die Achseln, »es ist menschlich. Palmerston will einen falschen Kunstexperten,
damit Bittersohn als Dummkopf dasteht und nicht er. Ein Jude, der noch nicht
einmal die Harvard-Universität besucht hat, der ist entbehrlich. Ich habe also
an Lupe gedacht, weil — «, er zuckte wieder die Achseln, »weil man bei krummen Sachen
eben an Lupe denkt.«
    »Ich verstehe. Ich bin also für dich
genauso wie für Palmerston entbehrlich.«
    »Max, ich bin doch genauso entbehrlich.
Ich streue vielleicht anderen ein bißchen Sand in die Augen. Aber doch nicht
mir selbst. Bin ich etwa Sol Hurok? Bin ich Boris Goldovsky? Nein, bin ich
nicht. Ich bin nur der alte Nick, der gut genug ist, alle möglichen
Gelegenheitsjobs zu übernehmen, der hier ein Bröckchen und da ein Bröckchen
zugeworfen bekommt. Wer sind denn schon meine großen Künstler? Ein Säufer wie
Bernie, eine mittelmäßige Schülerin mit Eltern, die genug Geld haben, um ihr
den Sprung in eine tolle Karriere einfach zu kaufen — wenn man alt genug wird,
sie noch zu erleben. Ich habe den Job im Wilkins-Museum all die Jahre nur
deshalb behalten, weil Palmerston ein Geizkragen ist und der alte Nick für
wenig Geld arbeitet. Wenn ich nicht mache, was er

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