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Madam Wilkin's Palazzo

Madam Wilkin's Palazzo

Titel: Madam Wilkin's Palazzo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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auf
Fußsohlen hinter Brooks die Kellertreppe hoch, durchquerten den
Donatello-Flügel und gingen geradewegs zum großen Treppenhaus. »Wir müssen es
riskieren«, hauchte Brooks, »einen anderen Weg gibt es nicht.«
    »Wohin gehen wir überhaupt?« flüsterte
Bittersohn.
    »Zweiter Stock. Pst!«
    Er schob sie in die schützende
Sicherheit eines Chorgestühls, das angeblich aus einer Kathedrale stammte, als
sie auch schon laute Schritte auf dem Kachelboden näherkommen hörten. Der Wächter
ging in einer Entfernung von knapp zwei Metern an ihnen vorbei und verschwand
durch die Tür zum Kellergeschoß, das sie gerade verlassen hatten.
    »Perfektes Timing!« Brooks kicherte
leise. »Jetzt nichts wie los. Bleibt ganz nah am Geländer.«
    Er raste die Treppe hoch wie einst
Großonkel Nathan Kelling den San-Juan-Hügel gestürmt hatte, Max und Sarah
direkt hinter sich.
    Sie erreichten den Tizian-Saal ohne
Zwischenfall. »Und jetzt«, sagte Brooks mit leiser, aber fester Stimme, »essen
wir die Sandwiches. Wir sind für genau 16 Minuten und 32 Sekunden sicher. Ah,
du hast ja sogar an den Flaschenöffner gedacht. Will sonst noch jemand
Rootbeer?«
    »Ich hätte lieber gewußt, was überhaupt
los ist«, sagte Bittersohn.
    »Ich auch«, erwiderte Brooks, den Mund
voll Schinken. »Ich kann nur sagen, daß Dr. Aguinaldo Ruy Lopez heute
nachmittag wieder hier war, und zwar in einer anderen Verkleidung.
Auskundschaften, ob die Luft rein ist, nennt man das wohl, glaube ich. Er hatte
einen merkwürdig aussehenden Kerl bei sich, und aus einer unüberlegten
Äußerung, die dieser Typ von sich gab und die ich zufällig mithörte, habe ich
dann geschlossen, daß sie planen, heute nacht im Museum einzubrechen. Ich weiß
nicht, was sie vorhaben, aber was es auch ist, es wird auf jeden Fall hier im
Tizian-Saal stattfinden.«
    Brooks erfrischte sich mit einem
kräftigen Schluck Rootbeer und verteilte seine Streitkräfte. »Sarah, du gehst
wieder in die Sänfte im Großen Salon. Bleib auf dem Posten, und paß genau auf.
Sobald du irgend etwas im Treppenhaus bemerkst, halte deine Hand an das hintere
Fenster und schwenke mein Taschentuch hier. Es hat ein Monogramm aus
Leuchtbuchstaben. Bittersohn, Sie legen sich hinter dieser nachgemachten
Ritterrüstung in der Ecke neben der Tür auf die Lauer.«
    »Oui, mon capitaine. Und wo werden Sie
sein?«
    »Da oben.« Brooks zeigte auf den
riesigen Rauchabzug über dem offenen italienischen Kamin aus dem 15.
Jahrhundert.
    »Das ist ja lebensgefährlich!«
protestierte Sarah.
    »Nein, ist es nicht. Ich habe heute
mittag schon geprobt.« Er kletterte flink wie ein Rhesusaffe mittleren Alters
an den Schnitzereien hoch. »Könnt ihr mich noch sehen?«
    »Du paßt perfekt zum übrigen Dekor.«
    »Gut. Also, wißt ihr jetzt, was ihr zu
tun habt?«
    »Nein. Was sollen wir denn machen, wenn
sie kommen?«
    »Wir verlassen uns ganz auf unsere
spontane Inspiration. Würdet ihr mir bitte noch ein Sandwich hochreichen?«
    »Ich hoffe, sie können uns nicht am
Geruch der Lebensmittel aufspüren«, murmelte Sarah.
    »Ich glaube, bei Schinken ist das kein
Problem. Pastrami allerdings wäre wohl ein echtes Risiko. Könnte ich vielleicht
auch noch das restliche Rootbeer haben? Braves Mädchen! Nimm die Tüte mit in
die Sänfte, und paß auf, daß du nicht mit dem Papier raschelst. So, und jetzt
alles auf die Plätze!«
    Sarah begab sich hastig in die Sänfte,
setzte sich genauso hin wie an dem Tag, als sie hier ihren Sari wieder
festgesteckt hatte, und betete, daß der Staub in den Kissen sie nicht dazu
bringen würde, im falschen Moment zu niesen. Als sich die Minuten allerdings
endlos hinzogen, stellte sie fest, daß sie nach Herzenslust hätte niesen
können, ohne daß es irgend etwas ausgemacht hätte. Nach einer Ewigkeit oder
auch zweien stapfte der Wächter auf seiner Runde vorbei, ohne auch nur einen
Blick auf die Sänfte zu werfen. Sarah griff verstohlen in ihre Tasche, zog das
letzte Schinkensandwich heraus und aß es.
    Wenigstens war es in der Sänfte relativ
warm, und der Sitz war auch nicht allzu hart. Bei der stickigen Luft und weil
sie sich wegen der Ereignisse der vorigen Nacht erschöpft fühlte, fiel es ihr
schwer, die Augen offenzuhalten. Sie lehnte sich nur einen Moment entspannt
gegen die muffigen Kissen, spürte, wie sie nach unten rutschte, und fuhr mit
einem Ruck wieder in die Höhe. War sie etwa eingeschlafen? Der arme Max war
inzwischen vor Nervosität wahrscheinlich beinahe geplatzt.
    Doch

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